Hilfsangebote:Unterkünfte für Obdachlose gesucht

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Rund 1000 Menschen leben derzeit auf der Straße - trotz Kälte und Pandemie

Von Bernd Kastner

Roland Hefter redet Klartext: "Jeder kann in diese Situation kommen, wenn irgendein Mist passiert. Man darf sie nicht verteufeln, man muss einfach Respekt haben." Der SPD-Stadtrat spricht über Menschen, die weit unten sind, Obdachlose. Sie hätten oft Hemmungen, sagt Hefter, sich helfen zu lassen, viele quälten psychische Krankheiten. Hefter wünscht sich, dass die Münchner mehr mit ihnen reden, sie nicht ignorieren.

Seine Fraktion hat kurz vor Weihnachten einen Experten eingeladen, um über die Situation der Ärmsten in Pandemie-Zeiten zu informieren. Anton Auer vom Evangelischen Hilfswerk lobt das differenzierte Hilfsangebot in München und die Polizei: Die sei nachsichtig mit seinen Klienten und mache bisher keinen Ärger wegen der Ausgangssperre. Eigentlich dürfte man nach 21 Uhr nicht mehr draußen sein. Was aber, wenn das Zuhause unter der Brücke ist? Hin und wieder bringe die Polizei Menschen in den Übernachtungsschutz. In der Bayernkaserne gebe es derzeit statt der üblichen 800 Plätze nur etwa halb so viele, um mehr Distanz zu wahren. Man habe dort eine Quarantänestation eingerichtet für Menschen aus Risikogebieten und Kontaktpersonen zu Infizierten. Um Klienten aus der Quarantäne zu bringen, arbeite man mit einer Teststation zusammen.

"Das bisschen Weihnachten, was sie sonst hatten, fällt natürlich flach."

Schnelltests gebe es nicht in der Bayernkaserne, es wäre logistisch nicht machbar, jeden Abend 300 Personen zu testen, sagt SPD-Fraktionschef Christian Müller. Er verspricht, dass die Stadt allen ein Bett anbiete, notfalls in einem Bunker oder einem angemieteten Hotel: "Es muss niemand auf der Straße schlafen." Wie viele es dennoch tun, ist unbekannt, aber Experten schätzen, dass es bis zu 1000 Menschen sind. Eine Studie soll dieses Fragezeichen im kommenden Jahr auflösen.

Weil die Stadt annimmt, dass die Zahl der Menschen, die man unterbringen muss, in Folge der Pandemie bald stark wachse, hat sie diese Woche einen ungewöhnlichen Aufruf gestartet. Institutionen wie die Kirchen und Firmen mit großem Immobilienbesitz hat sie angeschrieben mit der Bitte, Häuser zur Verfügung zu stellen, in denen sich jeweils 50 bis 200 wohnungslose Personen unterbringen lassen. "Die Akquise neuer Unterkünfte wird von Jahr zu Jahr schwieriger", sagt die Dritte Bürgermeisterin Verena Dietl (SPD). Wer der Stadt und damit den Menschen ohne Wohnung helfen will, kann sich aussuchen, ob er solch eine Immobilie einfach nur der Stadt vermietet oder sie womöglich gleich noch selbst betreibt.

Anton Auer berichtet, dass jeden Abend trotz Corona ein Wärmebus unterwegs sei, um Obdachlose in Unterkünfte zu bringen. Von Bürgern bekomme man derzeit viele Sachspenden, das seien dann "Geschenke to go" für die Obdachlosen. Aufs gewohnte Zusammenkommen müssten auch sie heuer verzichten: "Das bisschen Weihnachten, was sie sonst hatten, fällt natürlich flach."

© SZ vom 19.12.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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