Seit dem Jahr 1989 saß er fast ununterbrochen hinter den hohen Gefängnismauern von Stadelheim, jetzt verlässt er den Knast, wohl für immer: Michael Stumpf, langjähriger Leiter der Justizvollzugsanstalt (JVA), hat sich in den Ruhestand verabschiedet. Er übergibt seinen Bund mit den vielen Schlüsseln für Bayerns größte JVA an den erst 43 Jahre jungen Clemens Schmid.
Es war wahrscheinlich das letzte Mal, dass Michael Stumpf am Freitag offiziell in „seine“ Haftanstalt zurückkehrte. Justizminister Georg Eisenreich würdigte die Arbeit des seit Juli ausgeschiedenen Anstaltsleiters anlässlich eines kleinen Festakts hinter Gittern: Stumpf habe die Anstalt geprägt „mit einem hohen Maß an Sozial- und Fachkompetenz, einem ausgeprägten Gerechtigkeitssinn und großem Organisationstalent“.
Michael Stumpf wirkte immer besonnen, ruhig, den Menschen zugewandt, aber auch mit der nötigen Distanz ausgestattet. Die benötigte er auch bei seinen wöchentlichen Rundgängen, wie er in einem Interview sagte, wenn er Mördern, Pädophilen oder Betrügern begegnete. Zuweilen waren auch prominente Insassen dabei wie etwa der ehemalige Bankmanager Gerhard Gribkowsky, Bayern-Boss Uli Hoeneß, der einstige Präsident des TSV 1860 München, Karl-Heinz Wildmoser, oder Beate Zschäpe, Mitglied der rechtsextremen Terrorgruppe NSU. Auch diese Menschen, so erzählte Stumpf, habe er kennenlernen wollen, um sich ein Bild zu machen.
Die JVA Stadelheim, landläufig auch „Sankt Adelheim“ genannt, verfügt über rund 1400 Haftplätze, die Männergefängnis und Jugendarrest sowie in der Nachbarschaft die Frauenabteilung und eine offene Vollzugsanstalt an der Leonrodstraße beinhalten. Vor 35 Jahren fing Michael Stumpf hier als juristischer Mitarbeiter an, wurde im Jahr 2000 stellvertretender Anstaltsleiter und nach einem Schlenker ins Justizministerium 2009 schließlich Chef von Bayerns größtem Knast.
Als er 1989 dort ankam, sagte Michael Stumpf am Freitag, habe er nicht damit gerechnet, wie sehr ihm diese Institution und seine Mitarbeiter ans Herz wachsen würden. Stumpf hatte sich aber auch immer mit den dunklen Seiten der JVA beschäftigt und die „Arbeit des Erinnerns“ forciert. So soll eine Gedenkstätte in der Anstalt an die Mitglieder der Weißen Rose erinnern, an Hans und Sophie Scholl sowie Christoph Probst, die von den Nazis in Stadelheim hingerichtet wurden. 2020 wurden außerhalb der Gefängnismauern Gedenktafeln errichtet, die den 1188 Menschen gewidmet sind, die zwischen 1934 und 1945 von den Nazis hier getötet wurden.
Nun ist es an Clemens Schmid, die JVA Stadelheim in die Zukunft zu führen. 2010 begann er seinen Dienst in der JVA Straubing, war stellvertretender Leiter in Bernau und leitete schließlich ein Jahr die JVA Neuburg-Herrenwörth, ehe er im Juli 2024 in München antrat. Er bedankte sich in seiner Antrittsrede unter anderem bei seinen Eltern dafür, dass sie ihm das Schafkopfen beigebracht hatten. Denn beim Karteln mit Freunden habe er von einer freien Stelle in Straubing erfahren und sich beworben. „Wer weiß, was sonst aus mir geworden wäre.“