Architektur in München:Was passiert mit der ehemaligen Staatsbauschule?

Lesezeit: 3 Min.

Die eindrucksvolle Halle mit ihrer filigranen Kuppel macht die ehemalige Staatsbauschule in der Karlstraße besonders. Die Zukunft des Gebäudes ist ungeklärt. (Foto: Staatsbauschule)

Der Komplex in der Karlstraße ist Zeugnis beeindruckender Münchner Nachkriegsarchitektur. Doch die Hochschule für Angewandte Wissenschaften braucht mehr Platz - und das Gebäude eine Sanierung. Noch in diesem Jahr könnten wichtige Entscheidungen fallen.

Von Alfred Dürr

Jubiläumstermine und Feierstimmung. An den Eingangstüren zum Gebäude der ehemaligen Staatsbauschule an der Karlstraße, in der Nähe des Lenbachplatzes, verkünden Plakate diese Botschaft: 200 Jahre! 50 Jahre! Eine der ältesten Ausbildungsinstitutionen im deutschsprachigen Raum für die Bereiche Architektur, Bauingenieurwesen und Geoinformation erinnert mit Veranstaltungen und einem Buch an die lange Tradition von Forschung und Lehre. Aber in diesem besonderen Jahr werden wohl auch die Weichen für größere Veränderungen gestellt. Die Debatte um die Zukunft des architektonisch wertvollen Komplexes an der Barer, Karl- und Ottostraße ist wieder aktuell.

Die Geschichte der ehemaligen Staatsbauschule reicht zurück bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts. Aus dem Zusammenschluss dieser Ausbildungsstätte für die Experten vom Bau mit sechs weiteren staatlichen und städtischen Fach- und Ingenieurschulen entsteht 1971, also vor 50 Jahren, die Fachhochschule München, die inzwischen Hochschule für Angewandte Wissenschaften München (HM) heißt.

Seit zehn Jahren ist die Zukunft des Gebäudes ungeklärt

1957 wird auf dem ehemaligen Trümmergrundstück an der Karlstraße ein herausragendes Zeugnis der Nachkriegsarchitektur in München fertiggestellt, nach den Plänen von Adolf Peter Seifert, Rolf ter Haerst und Franz Ruf. Leicht, feingliedrig, lichtdurchflutet, mit einer eindrucksvollen Halle, die von einer filigranen Kuppel überdacht wird, mit einer Fülle von verschiedenen Materialien in teilweise experimenteller Gestaltung - so präsentiert sich das moderne Haus als Gegenstück zur monumentalen Nazi-Architektur in der unmittelbaren Nachbarschaft.

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Mit seinem sachlichen, gar bescheidenen Auftritt zeuge das Haus für die heutigen Baufakultäten von einer spezifisch modernen Entwurfshaltung und markiere nicht nur einen demokratischen und architektonischen Neuanfang im Zentrum Münchens, sondern unterstreiche die aufgeklärte Tradition einer höheren und praxisorientierten Berufsausbildung. So heißt es in dem gerade erschienenen Buch, das mit sorgfältig recherchierten Texten und aussagekräftigen Illustrationen dieses einzigartige Baudenkmal würdigt (Silke Langenberg, Karl R. Kegler, Regine Hess als Hg.; Staatsbauschule München Architektur, Konstruktion und Ausbildungstradition. Detail-Verlag. 217 Seiten. 50 Euro).

Auch das ist eine Art Jubiläum, aber für viele kein uneingeschränkt erfreuliches: Vor zehn Jahren wurde die Zukunft der ehemaligen Staatsbauschule erstmals zum Thema. Das Gebäude war damals schon sanierungsbedürftig, die Hinweise auf einen möglichen Umzug der Baufakultäten in einen Neubau auf dem HM-Campus an der Dachauer Straße/Lothstraße mehrten sich. Der Verkauf des Grundstücks an der Karlstraße wäre wohl eine Konsequenz, schließlich der mögliche Abriss dieses vor allem auf die Architektenausbildung maßgeschneiderten Gebäudes - all das sorgte nicht nur in der Fachwelt für große Aufregung.

Von Abriss ist offenbar nicht mehr die Rede, die Nachnutzung ist gleichwohl ungeklärt

Für die Hochschule München war und ist es ein schwieriger Spagat. Einerseits brauchen vor allem die Fakultäten für Bauingenieurwesen und Geoinformation mehr Platz, also bessere Labore und Werkstätten. Der Campus an der Lothstraße, auf dem sich in den vergangenen Jahren viel entwickelt hat, befindet sich gleich neben dem sogenannten Kreativquartier, das sich zu einem lebendigen und inspirierenden Teil der Stadt entwickeln soll.

Diese Chance müsse genutzt werden - und zwar von allen drei Baufakultäten, so das Argument. Andererseits sehe man auch die besondere Bedeutung der Karlstraße. Von Abriss rede niemand, meinte die damalige Hochschulleitung. Möglicherweise könnten andere Kulturinstitutionen, vor allem aus dem Kunstareal, hier unterkommen.

In den vergangenen Jahren ist es still geworden um das Thema. Zuständige Minister und Politiker, die sich für das Haus an der Karlstraße engagierten, wechselten ebenso wie die Leitung der Hochschule München. Doch das Zeitfenster für eine Entscheidung über die Zukunft der Baufakultäten steht nicht beliebig lange offen. Konkret geht es um den Kauf eines Grundstücks, das den HM-Campus an der Lothstraße ergänzen soll, von den Münchner Stadtwerken. "Ich wünsche mir sehr, dass das Geschäft jetzt unter Dach und Fach kommt und ein Neubau für die drei Fakultäten entstehen kann", sagt Martin Leitner, seit 2016 Präsident der Hochschule München.

Über Sanierung und Nutzung ist noch keine Entscheidung gefallen

Selbstverständlich habe man großes Interesse an zügigen Verhandlungen mit den Stadtwerken, heißt es aus dem bayerischen Wissenschaftsministerium. Über eine Sanierung und mögliche Nachnutzung des Komplexes an der Karlstraße sei aber noch keine Entscheidung gefallen.

Für den konkreten Grundstücksdeal ist das Bauministerium zuständig. Der Freistaat beabsichtige, so die Auskunft, das Grundstücksgeschäft mit den Stadtwerken noch in diesem Jahr auf den Weg zu bringen.

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