Was am St. Patrick’s Day in München geboten ist:Love-Parade in Grün

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Bairisch-irish ist die Stimmung beim St. Patrick’s Day in München, dem größten Fest seiner Art auf dem europäischen Festland. (Foto: Robert Haas)

Nirgends auf dem europäischen Festland wird der irische Nationalheilige so groß gefeiert wie in München. Gerade in schwierigen Zeiten wie diesen möchten die Veranstalter ein friedliches Miteinander ankurbeln. Vom Festzug über Pub-Konzerte bis zur Messe – das ist alles geboten.

Von Michael Zirnstein

Es gibt nur wenige Heilige, die so gefeiert werden wie St. Patrick. Dabei ist die irische Vaterfigur ein Schutzheiliger mit etlichen Nachteilen, wie das Münchner St.-Patrick’s-Day-Komitee den britischen Professor Terry Eagleton zitiert: Demnach wisse man nicht, wer dieser Magonus Sucatus Patricius oder Pádraig Mac Calprainn war, noch wo er herkam, es habe andere katholische Missionare vor ihm gegeben, möglicherweise gab es ihn zweimal, und vielleicht hat er gar nicht existiert. „Abgesehen davon ist er ein fabelhafter Schutzheiliger.“

Daran sieht man: Die Iren sind nicht nur musikalisch, sondern auch humorvoll und sympathisch – und das könnte der entscheidende Grund sein, warum sie in aller Welt so beliebt sind. Ganz besonders rund um den St. Patrick’s Day, den Feiertag ihres Nationalhelden, der angeblich schon im fünften Jahrhundert gegen die Sklaverei wetterte. Um jeden 17. März herum feiern die Iren seinen Todestag. Und das nicht nur zu Hause auf der Insel, sondern wo immer ihre Gemeinden in der weiten Welt entstanden sind – früher durch Hungersnöte, heute durch lukrative Jobs oder die Liebe.

Die größten Feierlichkeiten zum St. Patrick’s Day auf dem europäischen Festland gibt es in München. Hier leben immerhin 1800 Iren, viele arbeiten in der IT-Branche. Beim ersten bairisch-irischen Freundschaftsfest 1996 rechnete man mit 200 Gästen – es kamen 3000. Das war der Geburtstag einer Tradition, die sich auswuchs: Zum St.-Patrick’s-Day-Wochenende 2024 kamen bei viel Sonnenschein statt der erwarteten 40 000 Gäste etwa doppelt so viele in die Münchner Innenstadt.

Der Zulauf bereitet den ehrenamtlichen Organisatoren große Freude – aber in diesem Jahr auch Sorgen. Nach dem Anschlag auf einen Verdi-Demonstrationszug im Februar in München hatte die Stadt einige Faschingsstraßenfeste abgesagt. Da bangte auch das „Munich Irish Network“ um seine Parade auf der Leopoldstraße. Aber die vielen freiwilligen Helfer wollten die Vorbereitung „mit voller Power“ durchziehen, sagte Mitorganisator, Musiker und Pub-Besitzer Paul Daly. Bis jetzt hat die Stadt keine Einwände gegen das erweiterte Sicherheitskonzept, an dem auch Experten des Oktoberfestumzugs mitgearbeitet haben, erhoben. Es sieht also so aus, als könnten die Pre-Party am Samstag, 15. März, und der Festzug mit Feier am Sonntag, 16. März, steigen.

Die Botschaft vom friedlichen Miteinander

Ein Herz für Irland hat Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter (Mitte), der Schirmherr der Parade. Auch diesmal spielt er wieder Gitarre in der Band von Paul Daly (links). (Foto: Helmut Swoboda)

Der St. Patrick’s Day soll eben kein bloßes Besäufnis sein, auch wenn Guinness-Bier, Whisky und Cider fließen. Vielmehr soll das Event ein „verbindendes Bekenntnis zu Toleranz und Weltoffenheit, zu Dialog und Austausch der Kulturen“ sein, „und genau das kann man heutzutage nicht oft genug betonen“, sagt Oberbürgermeister Dieter Reiter. Er beweist seine Liebe zur irischen Kultur wieder einmal nicht nur als Schirmherr, sondern auch als Musiker: Zusammen mit der Paul Daly Band spielt der Freizeitrocker am Parade-Sonntag um 13.50 Uhr auf der Bühne am Odeonsplatz Gitarre. Auch die Grand Marshall des Festzuges, Helen Kreuz vom deutsch-irischen Freundeskreis, betont den verbindenden Charakter des St. Patrick’s Days – nicht nur für Münchner und Iren. Es kommen Menschen aus noch viel mehr Kulturen und Ländern zusammen, um zu singen, zu tanzen und zu feiern. Gerade in diesen Zeiten sei es wichtig, den „Austausch und das Verständnis und Miteinander zu fördern“.

Das ist bei der Parade geboten

Ein Fest der Kulturen, nicht nur der irischen und deutschen, soll der St. Patrick’s Day sein. (Foto: Robert Haas)

Was erleben die Besucher am Paradesonntag? Zunächst einmal den traditionellen Umzug. An den mit grünen Hüten, Brillen und Klamotten kostümierten Schaulustigen entlang ziehen 1500 Teilnehmer von der Münchner Freiheit über die Leopold- und Ludwigstraße zum Odeonsplatz. Vorneweg, also gleich nach der Spitze des Zuges mit der Tanz- und Musikgruppe Comhaltas Ballinspittle aus West-Cork, sieht man einige herausgehobene Persönlichkeiten: nämlich den bärtigen St. Patrick, der wieder von Wolfgang Schramm verkörpert wird („nur noch dieses eine Mal“, wie er seit Jahren sagt); einige riesige irische Wolfshunde (die Meute wurde heuer von vier auf elf Exemplare vergrößert); und auch die Parade Princess. Zu der wurde erstmals die 16-jährige Nina Caitriona O’Shea gekürt, nicht nur, weil sie singt und Gitarre spielt und durchs viele Umziehen sehr weltoffen ist. Ihr Vater ist auch der erste Generalkonsul Irlands in München, seine Behörde wurde erst vor sechs Monaten eröffnet zur „Stärkung der Beziehungen zu Deutschland“.

„Einmal noch“ will Wolfgang Schramm den Heiligen Patrick geben – das sagt er jedes Jahr. (Foto: Robert Haas)

Nach den Fahnenträgern folgen auf der zweieinhalb Kilometer langen Strecke zu Fuß und auf Kutschen etwa 70 Gruppen, bei Weitem nicht nur irisch-stämmige: Dudelsack-Spieler wie Claymore Pipes & Drums oder der Pfeifenverein Köstendorf, Mittelalter- und Folklore-Klubs wie die „Highlander“ aus Lechfeld oder der Schwerterbund Reckoning, Spielmannszüge und Blaskapellen, etliche Rugby- und Fußballvereine, Tanzgruppen für Ceili wie für Samba, und am Zugende die „Munich Hash House Harriers“, ein sozialer Laufverein.

Wer macht auf den Straßenfesten Stimmung?

Lords und Ladys of the Dance: eine irische Tanzgruppe bei der Parade 2024 in München. (Foto: Robert Haas)

Und nach der Parade wird groß gefeiert. Das Open-Air-Festival auf dem Odeonsplatz beginnt am Sonntag um 13 Uhr mit Nationalhymnen und Reden. Dann gibt es ein grünes, aber durchaus buntes Kulturprogramm auf zwei Bühnen: Auf der Bühne „Odeonsplatz Nord“ beim Reiterdenkmal treten die Paul Daly Band  (mit OB Reiter), die Band Sequel, der Singer-Songwriter Owen Gerrard aus Dublin, diverse Irish-Dance-Schulen und zum Abschluss bis 17.50 Uhr die Munich Ceili Band auf.  Auf der zweiten Bühne an der Feldherrnhalle sind von 13 bis 17 Uhr die Gruppen Celtic Invasion aus Cork und aus München The Burning Buscuit Band und Cellarfolks zu hören.

Bereits am Samstag, 15. März, steigt hier eine Pre-Party. Auch zu diesem Open-Air-Festival von 11.30 bis 17.30 Uhr werden Tausende Gäste erwartet. Auf der Bühne machen Dempsey & McClenaghan, die Augusta Ceili Band, Owen Gerrard und The Monks Stimmung.

Feiern in Pubs und Clubs

Im Pub von Paul Daly, dem Kilians, ist immer was los. Am St.-Patrick’s-Wochenende ganz besonders. Der Wirt und Musiker selbst ist mit seiner Band im Dauereinsatz. (Foto: Florian Peljak)

Stimmung, das weiß man aus jedem Pub mit Live-Musik, ist eine Parade-Disziplin der Iren. Auch in den urgemütlichen Guinness-Zapfstellen Münchens wird der St. Patrick’s Day vor- und nachgefeiert. Zum Beispiel im Molly Malones (Kellerstraße 21), wo am 17. März der Songwriter Ryan Inglis sehr inniglich spielt. Oder durchgehend von Freitag bis Montag, 14. bis 17. März, im Kilians Irish Pub hinter der Frauenkirche, wo abends zahlreiche Bands der Outdoor-Partys eine grüne, regensichere Heimat finden.

Das Kilian’s organisiert auch einen Ort, dessen Name nach drei Guinness unaussprechlich erscheint: „Paddy’s Pop up Pub“  in der Weinwirtschaft im Ratskeller des Rathauses. Vier Tage und Nächte lang geht es hier rund mit einem Best-of der Musiker vom Straßenfest und Karaoke sowie mit irischen Spezialitäten in fester und flüssiger Form (14. bis 17. März).

Härter gerockt wird im Kulturzentrum Backstage bei „St. Patrick’s Bash“ mit Mr. Irish Bastard (15. März) sowie zum Nachfeiern am Wochenende darauf beim „St. Patrick’s Day Special“ der Partyreihe „Born to Rock“ im Nachtwerk Club (22. März; verbilligter Eintritt in Leuchtend-Grün).

In „diesen schweren Zeiten“ setzt die auch schon traditionelle „Münchner irische Nacht“ im Schlachthof auf ein besonders lustiges Programm: Mark’n’Simon, in München wohlbekannte walisisch-irische Spezialisten für Klamauk und Nonsens, holen alle möglichen Persiflagen, Wortspiele und Accessoires aus der Kiste. Und Paul Daly hat mit seiner Band diesmal einige besonders komische Lieder aus dem unerschöpflichen Irish-Folk-Songbook ausgesucht (15. März, 20 Uhr).

Heilige Messe auf Gälisch

Für ein friedliches Miteinander gehen die Teilnehmer auf die Straße – selbst Schwertkämpfer.  (Foto: Robert Haas)

Wenn Lachen nicht hilft, hilft immer noch Beten. Dafür bietet der Münchner St. Patrick’s Day eine ganz besondere Messe an (15. März, 18 Uhr): Die wird in der Universitätskirche St. Ludwig (Ludwigstraße 22) auf Englisch, Deutsch und Gälisch zelebriert. Der Chor des Pestalozzi-Gymnasiums, Tenor Kevin Connors, die Harfenistin Verena Meurers-Zeiser, der Dudelsack-Spieler Chris Couperwaithe und weitere Musiker spielen die „Mass of St. Patrick“ von Pater Liam Lawton. Das hätte dem Heiligen Patrick gewiss gefallen – ob es ihn gegeben hat oder nicht.

St. Patrick’s Day in München – Höhepunkte

  • Pre-Parade-Party auf dem Odeonsplatz: Samstag, 15. März, 11 bis 17.30 Uhr
  • Paddy’s Pop up Pub, Weinwirtschaft im Ratskeller, 14. bis 17. März, Freitag und Montag 17 bis 2 Uhr, Samstag und Sonntag 12 bis 2 Uhr
  • Mass of St. Patrick, Messe in der Kirche St. Ludwig, Samstag, 15. März, 18 Uhr
  • Irische Nacht im Schlachthof, Samstag, 15. März, 20 Uhr
  • Parade, Münchner Freiheit bis Odeonsplatz, Sonntag, 16. März, 12 Uhr
  • After-Parade-Party, Odeonsplatz, 13 bis 18 Uhr
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