Konzert zum neuen Album:Mit riesigem Herz

Konzert zum neuen Album: Kein WM-Song diesmal: Peter Brugger und seine Bandkollegen zurück im Circus Krone.

Kein WM-Song diesmal: Peter Brugger und seine Bandkollegen zurück im Circus Krone.

(Foto: Stephan Rumpf)

Der Auftritt der wiedervereinten Sportfreunde Stiller im Circus Krone wird für Band und Fans zum Nostalgie-Trip. Und Münchens Rockstars beweisen wieder mal, dass Partymachen und soziales Engagement gut zusammengehen.

Von Dirk Wagner

Das Münchner Konzert der Sportfreunde Stiller sei für ihn wie ein Nach-Hause-Kommen, sagte deren Sänger und Gitarrist Peter Brugger im ausverkauften Circus Krone. Tatsächlich wurde seine Band auch von zahlreichen Weggefährten aus alten Zeiten im Publikum begrüßt. Etwa von Natascha Augustin, die als Mitarbeiterin der Plattenfirma Warner Chappell Music die ersten professionellen Tonaufnahmen der damals noch Stiller geheißenen Band aus Germering finanziert hatte. Oder von Julia Viechtl, der Leiterin der Fachstelle Pop in München, die vor einigen Jahren noch als Bassistin und Sängerin die damaligen Unplugged-Konzerte der Sportfreunde im Circus Krone verstärkt hatte.

Viele der alten Freunde brachten wie der ehemalige Türsteher des Atomic Cafés, Dirk Lay, ihre Kinder mit ins Konzert. Die durften dann fasziniert beobachten, wie schon die entsprechende Britpop-Zuspielung vor dem Sportfreunde-Auftritt ihre Eltern in eine Zeit zurückversetzte, als das Atomic Café noch kein Exponat des Münchner Stadtmuseums war, sondern eine Zentrale der hiesigen Popkultur, in der auch die Sportfreunde als Mitarbeiter, als Musiker und als Gäste regelmäßig verkehrten. Euphorisiert wurden nämlich jene Britpop-Hymnen mitgesungen, so wie damals, als sie der Sportfreunde-Manager Marc Liebscher als DJ im Atomic Café aufgelegt hatte.

Inmitten solch erfolgreich rekonstruierter Partystimmung starteten die Sportis ihren Münchner Gig nach einer längeren Bandpause, die fast das Ende der Band bedeutet hätte, mit ihrem Rockklassiker "Ich, Roque". Die an der Studioaufnahme des Songs mitwirkende Fußball-Legende Roque Santa Cruz sang live nicht mit. Dafür wurde das Trio auf der Bühne von einem weiteren Gitarristen und Sänger im Hintergrund verstärkt: Mario Radetzky von der Münchner Alternative Rock-Band Blackout Problems. Wenn Peter Brugger sich hin und wieder sogar ganz ohne Gitarre einzig auf seinen Gesang konzentrierte, sorgte Radetzky zum Beispiel in "I'm Alright" vom neuen "Jeder Nur Ein X" für die Reggae betonenden Gitarrenanschläge.

Wie sehr dafür Radetzky selbst von eigenen Fans mit wiederkehrenden "Mario! Mario!"-Rufen gefeiert wurde, irritierte den ebenfalls im Publikum gesessenen Münchner Musikpromoter, Veranstalter und DJ Thomas Bohnet allerdings schon ein wenig, wie er nach dem Konzert im nahegelegenen Restaurant Funkstadl erzählte. Dort kamen die Sportfreunde und die Freunde der Sportfreunde später zusammen, um gemeinsam das Comeback der Band zu feiern. Dafür war sogar ein Fan eigens aus Japan angereist, der die Sportfreunde während ihres Studiums in Deutschland kennengelernt hatte. Im zweistündigen Konzert selbst hatten die Jungs die Japanerin darum auch persönlich begrüßt.

Konzert zum neuen Album: Fans auch in Fernost: Eine Japanerin war extra zum Münchner Konzert der Sportis angereist.

Fans auch in Fernost: Eine Japanerin war extra zum Münchner Konzert der Sportis angereist.

(Foto: Stephan Rumpf)

Auch hatten die Sportfreunde Vertreterinnen von der zivilgesellschaftlichen Initiative "Omas gegen rechts" eingeladen, neben dem Verkaufsstand der Band im Circus Krone an einem eigenen Stand über ihr Projekt "Herz statt Hetze" für einen sozialen Zusammenhalt zu informieren. Denn die Sportfreunde, deren Musik vorrangig für gute Laune sorgt, stehen auch für eine soziale Verantwortung, die sie wahrnehmen, wenn zum Beispiel Schlagzeuger Florian Weber im Konzert unmissverständlich "Fuck the Nazis!" ruft.

Darüber hinaus spendet die Band aktuell auch einen vollausgestatteten Rettungswagen für die Ukraine. Nutznießer der alphabetisch auf zwei Schalter verteilten, langen Gästeliste wurden gebeten, sich an jener Spende finanziell zu beteiligen. Dass man im Übrigen auch mit dem Bewusstsein über so viel aktuelles Leid wie zum Beispiel in der Ukraine trotzdem feiern darf, thematisierten die Sportis am Abend mit einem weiteren Song vom neuen Album: "Ich weiß ganz genau, was sie bedeuten. Doch heut' ist leider so, ich scheiß' auf schlechte Zeiten", sangen sie, und die jubelnden Fans sangen ausgelassen fröhlich mit. Schließlich galt es ja nicht nur, die offensichtliche Frischzellenkur der wiedervereinten Sportfreunde zu feiern. Pandemie, Krieg, Klimakrise und Inflation wollten eine Party lang vergessen sein, ohne den Handlungsbedarf zu leugnen. Und das ist den Sportfreunden Stiller mit ihrem riesigen Herz statt Hetze vorbildlich gelungen.

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