Spendengala für Hospizverein "Dasein":Ein fröhlicher Abend für besseres Sterben

Spendengala für Hospizverein "Dasein": Eine Spendengala moderieren? Für den guten Zweck war Günther Jauch zu haben - und hat die Menschen aus ernstem Anlass bestens unterhalten.

Eine Spendengala moderieren? Für den guten Zweck war Günther Jauch zu haben - und hat die Menschen aus ernstem Anlass bestens unterhalten.

(Foto: Robert Haas)

Eine Spendengala über den Tod moderieren? Für den guten Zweck ist Günther Jauch zu haben. Zusammen mit anderen Prominenten sammelt er Geld für den Münchner Hospizverein "Dasein".

Von Thomas Becker

Als Moderator einer Spendengala den Leuten zwischen Kalbsrücken im Heublumenmantel und Minze Cheesecake das Geld aus der Tasche zu ziehen, das ist schon die Champions League der gepflegten Abendunterhaltung, und man muss kein ausgewiesener Fan von Günther Jauch sein, um ihm da absolute Finalreife zu attestieren. Ex-Kollege Marcel Reif, mit dem er 1998 der deutschen Fernsehgeschichte bei einem schon vor dem Anpfiff torlosen Königsklassen-Match ein paar große Stunden bescherte (Reif: "Noch nie hätte ein Tor einem Spiel so gut getan", Jauch: "Für alle, die nicht rechtzeitig eingeschaltet haben: Das erste Tor ist schon gefallen!"), lauscht in Reihe zwei und ist wohl wie die übrigen hundert Gäste sehr begeistert, dass Jauch Top-Form abrufen kann.

Gleich zu Beginn die sechsstellige Spenden-Zusage der Dritten Bürgermeisterin Verena Dietl als "Gruß aus dem Stadtsäckel, finanzielles Amuse-Gueule und Fanal für einen monetären Flächenbrand an diesem Abend" zu bezeichnen: herrlich. Wie er mit Taschenpfändungen droht: großartig. Oder der nächsten Spenderin die Summe entlockt: Anne Rademacher, die Geschäftsführerin der Paula Kubitscheck-Vogel-Stiftung, verspricht allen Ernstes einen siebenstelligen Betrag. Auch ungewöhnliche Bewegungen im Saal entgehen ihm nicht: "Frau Antje-Katrin Kühnemann, Sie haben einen Stift in der Hand - was hat das zu bedeuten?" Na, das Spendenkonto schreibe sie sich auf: "Das mit dem QR-Code ist nichts für mich. Ich überweise." Mission accomplished.

Es ist ein in vielerlei Hinsicht spezieller Abend unter Wilhelm von Kaulbachs raumfüllender "Schlacht bei Salamis" im Senatssaal des Maximilianeums. Es geht ums Sterben, was ja immer nur die Anderen tun, wie man sich gern einredet. Alt werden, gesund bleiben und einschlafen: Das sei ein Sechser im Lotto, sagt Katharina Rizzi, Geschäftsführerin des seit 31 Jahren bestehenden Hospizdienstes "Dasein".

Spendengala für Hospizverein "Dasein": Günther Jauch mit der Geschäftsführerin von "Dasein", Katharina Rizzi, sowie Vorstand Markus Müller.

Günther Jauch mit der Geschäftsführerin von "Dasein", Katharina Rizzi, sowie Vorstand Markus Müller.

(Foto: Robert Haas)

Die Realität sehe anders aus, und die Stadt München ist für diese Fälle nicht gerüstet: Gerade mal 28 feste Hospizplätze gibt es in der 1,5 Millionen-Stadt - 50 Plätze für eine Million Einwohner bräuchte es. Doch nach langen Kämpfen tut sich nun etwas: In der Weinbauernstraße in Giesing soll das "HospizHaus des Lebens" entstehen, ein letztes Zuhause für Sterbende, zugleich ein Ort der Begegnung. 12 bis 16 stationäre Betten sind geplant, Baubeginn 2023, Eröffnung 2025. Kostenpunkt: zwölf Millionen. Deshalb die Spenden-Gala.

Prominente Gäste berichten Selbsterlebtes zum Thema. Kabarettist Christian Springer erzählt, wie er seine Mutter aus drei verschiedenen Heimen zurück nach Hause holte, weil er es nicht aushielt. Wie er die Schwäche, Müdigkeit und Appetitlosigkeit der Mutter daheim nicht gepackt hat, das Hospiz um Hilfe bat: "Das sind keine Duzi-Duzi-Sterbehelfer, die haben Kraft und Optimismus!"

Doris Dörrie erzählt von der Zeit, als ihr Mann vor 26 Jahren schwer erkrankte und sie sich fragte: Was kann ich tun? Die Antwort von Katharina Rizzi weiß sie noch wie heute: "Du musst einfach da sein. Und wenn du das nicht kannst, sind wir da." Dörrie möchte so sterben, "dass jemand da ist, ohne Furcht, zur Last zu fallen, mit Blick auf einen Baum. Und ich möchte bis zum Schluss leben, so autonom, gepflegt und schmerzfrei wie möglich". Im Buddhismus gebe es die Empfehlung nachts auf dem Friedhof zu meditieren oder immer wieder den Satz zu wiederholen 'Dein Körper wird ein Leichnam sein.' "Das klingt schlimm, ist aber wahr", sagt Dörrie.

Die Zeit vor dem Tod könne aber eine sehr reiche und sehr lustige sein, fügt sie an und zitiert Anthony Hopkins: "Keiner von uns kommt lebend hier raus. Also hört auf, euch wie ein Andenken zu behandeln. Esst leckeres Essen. Spaziert in der Sonne. Springt ins Meer. Sagt die Wahrheit und tragt euer Herz auf der Zunge. Seid albern. Seid freundlich. Seid komisch. Für nichts anderes ist Zeit." Oder wie Wolf Haas schrieb: Komm, süßer Tod.

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