Sie wird fehlen. Christine Strobl zieht sich aus privaten Gründen nach der Kommunalwahl im März nächsten Jahres zurück. Der Schritt ist nachvollziehbar und absolut respektabel - die Lücke, die die dritte Bürgermeisterin der Stadt hinterlassen wird, ist groß. In der Stadtpolitik, in sozialen Belangen wird Strobls Stimme fehlen. Zudem tritt mit ihr eine Politikerin ab, die wie wenig andere ein lebendiges Vorbild dafür ist, wie sich beharrlich und erfolgreich für Gleichstellung und Frauenrechte eintreten lässt.
Über Genderfragen wird inzwischen ja täglich, im echten Leben wie in der digitalen Welt, und manchmal höchst aufgeregt gestritten. Strobl ist für die Gleichberechtigung und die Förderung von Frauen schon eingetreten, als noch niemand Kanäle wie Facebook oder Twitter heraufdämmern ahnte - und vor allem, als derlei Themen noch überhaupt keine Konjunktur hatten. Sie ist dabei beharrlich geblieben, und wenn man mit ihr nach jahrzehntelangem Einsatz in ihrem Büro im Münchner Rathaus darüber diskutiert, tut sie das angenehm unaufgeregt und doch nach so langer Zeit immer noch leidenschaftlich.
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Das rät die Münchner Bürgermeisterin, obwohl sie das Wichtigtuerische nicht mag. Christine Strobl hat zwar eine mächtige Position - sie kennt aber auch den Alltag mit politischen Selbstdarstellern.
Ihre Glaubwürdigkeit rührt auch daher, weil sie selbst so viel durchlebt hat von dem, über das Frauen heute auch immer noch zu Recht klagen. Dass die Familienpolitik der Realität hinterherhinkt. "Ich war die erste seit Hildegard Hamm-Brücher, die als Stadträtin Kinder bekommen hat", hat Strobl einmal gesagt. 1994 und 1998 kamen ihre Tochter und der Sohn auf die Welt. 2003 starb dann ihr Mann plötzlich mit nur 42, nach einem Herzinfarkt bei einer Wanderung. Sie war alleinerziehend, überstand später noch dazu eine Krebskrankheit, trotzdem schaffte sie es im Rathaus nach oben.
Strobl füllt einigen Widrigkeiten zum Trotz ihre politischen Ämter mit Lust und Erfolg aus. Meistens wenig öffentlichkeitswirksam, aber effektiv und mit Nachdruck, meistens mit ruhigem Temperament, aber wenn ihr etwas zu sehr gegen den Strich geht, haut sie, im übertragenen Sinne, auch auf den Tisch. Ihr Einsatz gilt den sozial Benachteiligten, der Schul- und Sportpolitik und weiterhin der Gleichstellung. Vermutlich auch, weil sie aus der jahrzehntelangen Tätigkeit die gläserne Decke gut kennt - gäbe es sie nicht, wer weiß, vielleicht wäre Christine Strobl Münchens erste Oberbürgermeisterin geworden.