Ein jegliches hat seine Zeit, und alles Vorhaben unter dem Himmel hat seine Stunde, so steht es im Buch Kohelet geschrieben. Wann die richtige Zeit wofür ist, da legen sich die Weisen des Alten Testaments allerdings nicht fest. Markus Söder, ihr würdiger Erbe, hat dieses Versäumnis nun nachgeholt. Im Stufenplan nach Markus heißt es: Tennisspielen hat seine Zeit, Zoobesuche haben ihre Zeit (seit Montag). Biergartenöffnung hat seine Zeit (ab 18.), Camping hat seine Zeit (ab 30.). Nur für eines gibt es immer noch kein Datum: für das Reisen.
Wer sich nach der Begegnung mit anderen Kulturen sehnt, nach fremden Gerüchen und Klängen, der muss sie weiter vor der eigenen Haustür suchen. Am vielversprechendsten ist dafür ein Spaziergang durch das südliche Bahnhofsviertel. Bei Nawa in der Landwehrstraße rinnt der Zuckersirup von den Pyramiden aus Baklava und die Kunafa zieht die schönsten Fäden. Sein Geschäft laufe gut, sagt der Verkäufer; wegen Corona musste er zwar die Bistrotische zur Seite räumen, Kaffeemaschine und Teekocher bleiben kalt. Aber die Kunden holen sich sein Gebäck zum Ramadan in großen Pappschachteln nach Hause.
SZ-Serie: Bauch, Beine, Kopf:Hummus mal anders
Rezepte, Übungen und Rätsel für den Corona-Alltag daheim. Heute: ein Frühlingssalat mit Spinat und Karotten von Küchenchef Ali Güngörmüs.
Auf der Straße trägt fast jeder eine Maske. Nirgendwo sonst im öffentlichen Raum der Stadt haben Männer und Frauen so konsequent Nase und Mund bedeckt. Dafür fällt ihnen soziale Distanz schwerer als zum Beispiel Bogenhausener Villenbewohnern beim Käfer. Nachdem sich Muslime Jahrzehntelang vorwerfen lassen mussten, Gesichtsverschleierung passe nicht nach Deutschland, ist sie plötzlich Pflicht. Dabei sieht man jetzt kaum religiöse Schleier - waren das etwa doch mehrheitlich die Touristen aus den Emiraten?
Seit einer Woche schon bilden sich lange Schlangen vor den Friseurgeschäften. Die kunstvoll ausrasierten Undercutfrisuren, auf die sich die Barbiere hier spezialisiert haben, verderben schnell. Und für neun Euro kann man schon alle zehn Tage zum Nachjustieren kommen. Diese Frist ist jetzt gleich mehrfach abgelaufen und der Nachholbedarf offenbar hoch.
Bärte dürfen noch nicht getrimmt werden, denn das fällt unter "gesichtsnahe Dienstleistungen", wie es die Staatsregierung formuliert hat. Sollte diese Regel dauerhaft Bestand haben, dürfen wir uns auf ein neues Phänomen in der Herrenmode freuen: Unter sauber gescheiteltem Haupthaar wuchern wirre Bärte, nur dürftig von Masken bedeckt.