München:Sparen, das sich nicht lohnt

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In den Bezirksausschüssen wie hier in Milbertshofen-Am Hart wird mit Abstand getagt - aber reicht das? (Foto: Robert Haas)

Die gute Nachricht: Die Budgets für die 25 Stadtbezirke bleiben ihnen erhalten. Die schlechte Nachricht aber ist, nicht ausgegebene Beträge können die Gremien nur noch in Ausnahmefällen ins kommende Jahr übertragen

Von Lea Kramer und Birgit Lotze, München

"Wir erstellen für Sie eine Platzfläche mit Tischtennisplatte", das steht am Berg am Laimer Überseeplatz auf einem der gelb-grauen Pfeilaufsteller, mit denen das Baureferat überall in der Stadt künftige Baustelle markiert. Der Aufsteller im Münchner Osten an sich wäre keine Nachricht wert, stünde er nicht für ein größeres Ganzes, dafür, wie politische Teilhabe im Kleinen funktionieren kann - mithilfe des Stadtbezirksbudgets.

Denn dass genau an diesem Ort eine 21 000 Euro teure Tischtennisplatte installiert wird, geht auf die Idee einer Bewohnerin zurück, die sich das Sportgerät aus dem Budget des Bezirksausschuss (BA) Berg am Laim hat finanzieren lassen. Wie gut das vor drei Jahren mit neuem Namen und erhöhtem Volumen eingeführte Budget mittlerweile angenommen worden ist, hat das Direktorium nun für den Stadtrat analysiert. Das Ergebnis: Es kommt sehr gut an, muss aber nachgeschärft werden.

Im Jahr 2018 hat die Stadt den finanziellen Rahmen der Bezirksausschuss-Haushalte erweitert. Seither stehen den 25 Münchner Stadtbezirken jährlich vier Millionen Euro zur Verfügung, viermal mehr Geld als in früheren Jahren. Jedem Bezirk stehen 2,57 Euro pro Einwohner im Stadtteil zu. Damit sollen die Lokalpolitiker stadtteilbezogene Kultur- oder soziale Projekte unkomplizierter fördern können und so die Stadtgesellschaft stärken. Das kann auch durch das Anfordern von sogenannten städtische Leistungen passieren, die etwa für die Gestaltung eines öffentlichen Platzes infrage kommen. Die Antragszahlen jedenfalls bestätigen, dass sich die Münchner Bürgerinnen und Bürger für das Geld aus den Vierteln interessieren. Waren 2017 unter dem "alten" BA-Budget stadtweit 632 Anträge bei den Bezirksausschüssen eingegangen, kamen 2019 mit 1162 deutlich mehr in den lokalen Gremien an. Anträge zu städtischen Leistungen, unter die auch neue Mülleimer fallen, steigerten sich sogar um 750 Prozent von sechs (2017) auf 67 (2019). Zwischen 80 und 85 Prozent der Anträge wurden bewilligt. Das heißt, dass durchschnittlich drei Bürgerprojekte täglich mit Unterstützung der Stadtbezirke ermöglicht wurden.

Mit ihren Mitteln gehen die Münchner Bezirke unterschiedlich sparsam um. So hatten zum Jahresende 2019 acht Bezirke alles ausgegeben, während Milbertshofen-Am Hart noch auf 100 000 Euro saß.

Auch in diesem Jahr zeichnet sich ein Ausreißer ab: Sendling hat jetzt schon kein Geld mehr. Nach den zwei Beschlüssen des Bezirksausschusses, die Tage des offenen Ateliers des Vereins Kunst in Sendling und die Livemusik in der Backstube der Kulturblüten mit insgesamt mehr als 7000 Euro zu unterstützen, ist Ebbe in der Kasse. Zwar liege der aktuelle Kontostand sogar bei minus 5000 Euro, sagte BA-Vorsitzender Markus Lutz (SPD) kürzlich. Doch habe die Stadt bereits die versprochenen 40 000 Euro überwiesen. Diese Summe war im Vorjahr übrig geblieben, die Stadt hat allen Bezirksausschüssen wegen Corona ausnahmsweise die nachträgliche Auszahlung des 2020er Budgets zugestanden. Er hoffe, dass nicht noch förderungswürdige Anträge abgewiesen werden müssten, sagte Lutz. Insgesamt 80 Prozent des gesamten Budgets hat der Sendlinger BA heuer in Kultur gesteckt, ein Ausnahmefall. Allein für den Sendlinger Sommer war ein Sockelbetrag von 20 000 Euro festgelegt worden - später wurde noch aufgestockt.

Obwohl sich das viele BAs wünschen, werden sie auch in Zukunft kein Geld langfristig aufs Konto legen können. Die Kämmerei verweist im Zusammenhang mit der Evaluation des Stadtbezirksbudgets auf die "Jährlichkeit" in der kommunalen Haushaltsführung, nach der nicht verbrauchte Mittel nur in Ausnahmefällen ins nächste Jahr übertragbar sind. An der Höhe des ausgezahlten Geldbetrags will die Finanzverwaltung ebenfalls nicht rütteln. Es habe kein BA zurückgemeldet, dass er "grundsätzlich unzufrieden" mit dem Stadtbezirksbudget sei, heißt es derweil aus dem Direktorium.

Das Budget bleibt also weitgehend wie es ist, der Stadtrat bestätigte das am Mittwoch im Plenum - ebenso kleine Neuerungen. So wird es neun neue städtische Leistungen geben, darunter die Erstellung von Erinnerungszeichen für Opfer des NS-Terrorregimes. Zusätzlich soll die Festbetragsfinanzierung auf bis zu 5000 Euro ausgebaut werden.

© SZ vom 30.09.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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