Süddeutsche Zeitung

Müncher Sommernachtstraum:33 Minuten voller Leuchten, Knallen, Staunen

Das Feuerwerk ist der Höhepunkt des Sommernachtstraums: Monatelang wird es vorbereitet - denn die 10 000 Zündungen müssen exakt auf die Musik abgestimmt werden.

Von Linus Freymark

Ruhig liegt der Olympiasee in der Mittagssonne. Kleine Wellen plätschern ans Ufer, ansonsten hat sich Stille ausgebreitet. Nicht einmal ein Boot schippert über das Wasser. Am Samstag wird es mit der Ruhe auf dem See vorbei sein. Schon nachmittags werden Musikfetzen aus dem Olympiastadion herüberhallen, kurz nach 22 Uhr wird es dann laut: Mehr als 10 000 Feuerwerkskörper werden in einer ausgeklügelten Choreografie vom Wasser aus in die Luft gefeuert und über dem See explodieren - das Feuerwerk ist jedes Jahr der Höhepunkt des Münchner Sommernachtstraums.

Im ganzen Olympiapark sind Bühnen verteilt, auf denen ab 16 Uhr Bands und Künstler auftreten, gegen 22.15 Uhr steigt dann das Großfeuerwerk auf dem Olympiasee. 33 Minuten dauert die Feuershow in diesem Jahr - dafür sind sechs bis sieben Monate Vorbereitung notwendig.

"Vor dem Feuerwerk ist nach dem Feuerwerk", sagt Cheforganisator Thomas Jorhann, der für den reibungslosen Ablauf der Show zuständig ist. Gemeinsam mit Spezialisten aus Malta entwerfen Jorhann und sein Team aus 20 Leuten zunächst auf dem Papier mögliche Choreografien. Anschließend simulieren sie diese am Computer, in einem nächsten Schritt besorgen sie die Feuerwerkskörper, die teils aus Malta, teils aus Italien zum Olympiasee verfrachtet und in einigen Fällen extra für den Sommernachtstraum angefertigt werden.

Dort stecken Jorhann und sein Team sie zu den zuvor entworfenen Figuren zusammen und fahren sie in kleinen Booten auf die Halterungen im Wasser, von denen die Zündkörper am Samstag abgeschossen werden. Weil das Feuerwerk haarklein auf die ebenfalls von Jorhann und seinen Kollegen ausgewählte Musik abgestimmt ist, ist exaktes Timing notwendig. Deshalb werden die Raketen nicht von den Feuerwerksspezialisten selbst, sondern von einem Computer abgefeuert. Jeder Feuerwerkskörper ist ein sogenannter Singleshot, in 33 Minuten müssen also mehr als 10 000 Zündungen vorgenommen werden.

Bevor die Raketen und Kugelbomben hinaus auf den See gebracht werden, bewahren Jorhann und sein Team sie im eigens für das Feuerwerk errichteten Basislager am Ufer auf. Vor dem Eingang stehen zwei Sicherheitsleute, drinnen stapeln sich die Feuerwerkskörper. Manche sind bereits zu Formationen zusammengefasst, andere liegen noch in der Verpackung und wieder andere treffen erst am Mittwochnachmittag aus Italien ein - die letzten Vorbereitungen laufen bis in den Samstag hinein. Bei der Sortierung der Zündkörper passieren manchmal auch Fehler - etwa, wenn in einer Gruppe roter Feuerwerkskörper plötzlich ein grüner aufleuchtet. "Dem Laien fällt das vielleicht gar nicht auf", meint Jorhann, "aber uns ärgert das dann schon."

Über die Kosten des halbstündigen Feuerwerks hält sich der Veranstalter, die Olympiapark München GmbH, einigermaßen bedeckt. Geschäftsführerin Marion Schöne erklärt lediglich man investiere "einen niedrigen sechsstelligen Betrag". Angesichts der monatelangen Vorbereitungen seien die Kosten nicht sonderlich hoch, so Schöne. Bei der Herstellung der Feuerwerkskörper habe man außerdem auch Aspekte des Umweltschutzes berücksichtigt, erklärt Jorhann: "Die verglühen alle rückstandsfrei." Es wäre ja auch schade, wenn sich nach dem Feuerwerk wieder die Stille über den See legt - und die Idylle dann von Raketenmüllbergen getrübt werden würde.

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SZ vom 18.07.2019/kaal
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