Süddeutsche Zeitung

München:Stadtrat frustriert über schleppenden Ausbau der Photovoltaik

Das Gremium fordert von den Stadtwerken, den Bau von Solaranlagen deutlich zu beschleunigen. Die bisherigen Ergebnisse seien "katastrophal".

Von Heiner Effern

Der Stadtrat ist schwer frustriert vom schleppenden Ausbau der Photovoltaik in München. In ganz Bayern vermehrten sich Solaranlagen geradezu explosionsartig, so die parteiübergreifende Analyse im Wirtschaftsausschuss. Ausgerechnet München aber, die selbsternannte kommunale Vorreiterin bei den erneuerbaren Energien, hinke gewaltig hinterher. Ganz besonders gilt das in den Augen des Stadtrats für die Gebäude und Flächen der städtischen Tochterfirmen. "Die Politik muss ihnen Vorgaben machen, auch wenn diese weh tun", forderte CSU-Fraktionschef Manuel Pretzl.

Entzündet hatte sich die Debatte am Antrag seiner Fraktion, die großen Dachflächen des Tramdepots an der Einsteinstraße und das benachbarte Gebäude des städtischen Abfallwirtschaftsbetriebs (AWM) mit Solaranlagen zu bestücken. Geht nicht, hieß es in der Stadtratsvorlage von den Stadtwerken als Eigentümer, wegen der Statik, der Dachkonstruktion und der neuen Blitzschutzanlage. Bei der nächsten Sanierung des Dachs könne man aber nochmals überlegen. Geht nicht, hieß es auch beim Gebäude des AWM, wegen der Statik. Beim geplanten mittelfristigen Umbau könne man aber nochmals überlegen.

Mal stehe ein Baum im Weg, mal sei es der Denkmalschutz, mal die Statik, ärgerte sich CSU-Fraktionschef Manuel Pretzl. "Es gibt immer einen Grund, warum es nicht geht." ÖDP-Fraktionschef Tobias Ruff, einer der härtesten Kritiker des hinkenden Solarausbaus, nannte den Fortschritt "katastrophal", auch in den zwei Jahren unter der grün-roten Stadtregierung. München belege bei den Großstädten Platz 47 von 48 Kommunen. Dabei seien Investitionen in Solaranlagen gerade hoch lukrativ. Die Stadt reagiere aber schwerfällig wie ein Tanker.

In den vergangenen beiden Jahren habe sich die Zahl der Solaranlagen in München verdoppelt, sagte Grünen-Fraktionschef Dominik Krause. "Es geht uns aber auch zu langsam." Deutliche Kritik übte er an den Stadtwerken. "Richtig kraftvoll wirkt das nicht, was Sie da schildern", sagte er in Richtung Thomas Luers, der bei den Stadtwerken mit dem Ausbau der Photovoltaik beschäftigt ist. Da sei "ein klares Nachsteuern" von Seiten der Politik nötig. Luers hatte zuvor in der Sitzung erklärt, dass die Solarenergie bei den Stadtwerken "hohe Priorität" genieße. Bei jedem Neubau und jeder Dachsanierung werde eine errichtet, falls möglich. Für den Zeitraum von 2023 bis 2025 hätten die Stadtwerke 15 Projekte geplant, das Tramdepot gehöre nicht dazu. Neue Solaranlagen zu errichten, "das dauert leider manchmal etwas länger", sagte Luers.

Mit dieser Aussicht erzürnte er den Stadtrat noch mehr. "Europaweit bauen sie aus, in München schaffen sie es nicht. Das akzeptiere ich nicht", sagte stellvertretend für alle ÖDP-Stadtrat Ruff. Auf Antrag der SPD beschloss der Wirtschaftsausschuss, dass die Stadtwerke nun möglichst schnell eine Solaranlage auf ihre Zentrale bauen müssen. Und für das Tramdepot erwarte der Stadtrat auch, dass "endlich etwas passiert", sagte SPD-Stadträtin Simone Burger.

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