München:So soll das neue Volkstheater am Schlachthof aussehen

Lesezeit: 3 Min.

  • In einer Ausstellung im Volkstheater können Besucher bis zum 15. Februar den Siegerentwurf sowie die drei Mitbewerberentwürfe begutachten.
  • 131 Millionen Euro soll der Neubau kosten, in dem auch Probebühnen, eine Kita und eine eigene Gastronomie entstehen sollen.

Von Christiane Lutz

Den eigenen Arbeitsplatz mit entwerfen zu dürfen, ist eine feine Sache. In den Genuss kommt gerade Christian Stückl, Intendant des Volkstheaters, der in der Jury für den Neubau seines Hauses saß.

Seit Dezember ist klar: Das neue Volkstheater baut die Planungsbürogemeinschaft um die Firma Georg Reisch aus dem schwäbischen Bad Saulgau. Die Baufeldübergabe findet im Juni statt, die Eröffnung des neuen Volkstheaters im Viehhof ist schon für Herbst 2021 angepeilt. Am Donnerstag hat im Volkstheater eine Ausstellung eröffnet, in der Besucher bis 15. Februar den Siegerentwurf sowie die drei Mitbewerberentwürfe begutachten können.

Neubau, Spazieren Sie virtuell durch das neue Volkstheater (Video: LRO-Architekten)

Baureferentin Rosemarie Hingerl spricht ein paar warme Worte Richtung Christian Stückl und erzählt, dass sie den Vertrag für den Neubau am 24. Dezember eine Minute nach Mitternacht an die Firma Reisch geschickt habe und der nur acht Minuten später unterzeichnet zurückgekommen sei. Oberbürgermeister Dieter Reiter sieht es als gutes Zeichen, dass der zuständige Bauherr aus Schwaben kommt, wo man bekanntlich wirtschaften kann, da würden die errechneten Kosten von knapp 131 Millionen nicht überzogen.

Wenn doch, könnte das der Stadt aber ohnehin egal sein, weil das wirtschaftliche Risiko in diesem Fall beim Bauträger liegt. Theater werden in Deutschland äußerst selten noch neu gebaut, meist müssen die Künstler irgendwie mit dem arbeiten, was eben da ist. Bestenfalls gibt es mal eine Sanierung, wie gerade am Gärtnerplatztheater. Als letzten Theaterneubau in München könnte man den moderneren Wiederaufbau des Residenztheaters 1951 bezeichnen, nachdem das Haus im Zweiten Weltkrieg zerstört worden war. Das Volkstheater spielt seit 1982 in einer umgebauten Sporthalle, was man dem Gebäude inzwischen deutlich anmerkt.

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Eine Glasfassade, ein Treffpunkt für das ganze Viertel oder eine Öffnung zum Zenettiplatz: Diese Entwürfe haben die Jury nicht überzeugt.

Um den Planungsteams vor Erstellung ihrer Entwürfe eine Vorstellung davon zu vermitteln, wie das neue Volkstheater denn sein soll, veranschaulichten Christian Stückl und sein Team erst einmal, was sie alles nicht wollten. Ausladende weiße Foyers, die nach Krankenhaus aussehen, zum Beispiel. Stückl: "Das produziert doch nur Schwellenängste." Mit Schnörkeln, Kronleuchtern und Balkonen verzierte Zuschauerräume: "Das lenkt nur vom Bühnengeschehen ab." Stückl sagt, für ihn dürfe man einem Theater ruhig ansehen, dass dort gearbeitet würde. Lieber Industrie-Charme als Bildungsbürgertum.

Was er sich wünschte, wusste Stückl aber auch genau. Das hielt er mit seinem technischen Leiter Carsten Lück in einem 1000 Seiten umfassenden Dokument fest. Ihm war wichtig, dass es am Theater wieder Gastronomie geben soll. Der Zuschauerraum soll um die 600 Plätze bieten, wie das jetzige Volkstheater. "Knapp 1000 Plätze kriegst du nicht voll." Eine Kindertagesstätte will Stückl unbedingt haben, die möglichst theaterfreundliche Öffnungszeiten hat - also morgens eher später und abends auch mal länger.

So ein Neubau ist auch eine Riesenchance, sich besser auf das Leben, wie es heute ist, einzustellen. Im neuen Theater mit der roten Backsteinfassade wird es neben einer großen Bühne eine kleinere mit Platz für etwa 200 Menschen geben und eine Art Black Box. Es gibt genug Platz für Montageräume, Werkstätten, Garderoben und Maske. Auf den zweiten, dritten und vierten Stock verteilen sich die Büros. Stückl wäre zwar gern näher an der Bühne dran gesessen - "wie in einem Bienenstock die Königin" - aber in dem Fall siegte Pragmatismus über Vision. Auch bei einem Neubau geht eben nicht alles, auch nicht mit einem gesprächsoffenen Bauherren.

Das Gebäude an der Brienner Straße zu renovieren, war keine Option

Als große Erleichterung sieht Stückl die Integration von Probebühnen ins neue Haus. Bisher müssen die Künstler zwischen Probebühnen am Nordbad und dem Theater pendeln. Alles in allem sind die Volkstheaterleute also zufrieden mit dem Siegerentwurf. Über die konkurrierenden Entwürfe mag der Intendant auch gar nichts sagen. Komplett daneben sei aber keiner gelegen.

Den Neubau-Auftrag hat das städtische Baureferat im Generalübernehmerverfahren vergeben, das heißt, an einen Investor, der mit seinem Team aus Architekten und Ingenieuren übernimmt und das Haus schlüsselfertig übergibt. Neben der Georg Reisch GmbH ist der Stuttgarter Architekt Arno Lederer vom Büro Lederer Ragnarsdóttir Oei beteiligt, er war schon für die Grundinstandsetzung des riesigen Darmstädter Staatstheaters zuständig.

Das Gebäude an der Brienner Straße zu renovieren, war keine Option. Das Haus gehört dem Bayerischen Fußballverband, der Mietvertrag läuft 2020 aus. OB Reiter sagt, er halte es für sinnvoller, das Geld in einen Neubau zu stecken. Von dessen Notwendigkeit für die Stadt ist er absolut überzeugt und geht davon aus, dass es Stückl gelingen werde, die Atmosphäre des Hauses mit hinüber in den Viehhof zu nehmen.

Stückls Vertrag als Intendant läuft offiziell 2020 aus, aber nicht einmal Reiter scheint daran zu zweifeln, dass er länger bleiben wird. Stückl selbst sagt, er wolle zur Eröffnung 2021 "mit Prozession und Schauwagen" Richtung Viehhof ziehen. "Da ich mehrfach aufgefordert wurde, hier weiterzumachen, gehe ich fest davon aus, dass ich das neue Theater auch mit eröffne."

© SZ vom 26.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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