Jahreswechsel in München:Randale in Silvesternacht – drei Kinder durch Böller schwer verletzt

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Auch die Polizei war in der Silvesternacht in München im Dauereinsatz. (Foto: Leonhard Simon)

Zahlreiche Menschen attackierten an der Wittelsbacherbrücke Polizisten mit Böllern und Glasflaschen, es gab fünf Verletzte. Notärzte mussten häufiger als im Vorjahr ausrücken. Einem 14-Jährigen wurde ein Großteil der Hand abgerissen.

Von Katharina Haase, Joachim Mölter

Mehr Einsätze, größere Randale, schwerere Verletzungen: Die Münchner Sicherheits- und Rettungskräfte hatten in der Silvesternacht 2024/25 mehr zu tun als vor einem Jahr. Aus dem Rahmen fiel besonders ein Polizeieinsatz an der Wittelsbacherbrücke. Dort hatten nach Angaben der Polizei mehrere Hundert Menschen randaliert und sogar Beamte angegriffen.

Etwa 20 Minuten nach Mitternacht hatten sich demnach bis zu 300 Personen an der Brücke versammelt, welche über die Isar führt und die Isarvorstadt mit dem Stadtteil Au verbindet. Einige Menschen aus dieser Gruppe hätten Gegenstände angezündet und mehrmals gezielt Böller und Glasflaschen auf die Einsatzkräfte geworfen, hieß es im Polizeibericht.

Einzelne Personen seien vermummt gewesen, die treibenden Kräfte werden nach ersten Erkenntnissen dem linken Spektrum zugerechnet. Auf ein Polizeiauto wurde das kommunistische Hammer-und-Sichel-Symbol geschmiert. Man prüfe Zusammenhänge mit dem nahe gelegenen Szene-Cafe Marat, sagte ein Polizeisprecher am Donnerstag.

Bei dem Einsatz sind fünf Polizisten verletzt worden, unter anderem erlitten sie Knalltraumata. In einem Fall seien auch Haare angesengt worden, berichtete eine Polizeisprecherin. Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) bezeichnete die Attacke auf die Polizisten am Mittwochabend „als absolut inakzeptabel“. Die Täter müssten spürbar bestraft werden. „Wir können und werden solche Auswüchse linksradikaler und antisemitischer Gewalt nicht dulden“, so der Minister. „In Bayern wird es keine Berliner Zustände geben“, sagte er mit Blick auf den Neujahrswechsel in der Hauptstadt, wo die Polizei rund 400 Menschen festnahm.

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Bis weit in den Neujahrstag hinein hat sich die dicke Luft gehalten. Dafür gibt es neben den vielen gezündeten Feuerwerken auch noch eine weitere Ursache.

In München wurden bis zum Donnerstag fünf Randalierer festgenommen, zahlreiche Platzverweise ausgesprochen. Es wurden Verfahren wegen schweren Landfriedensbruchs, versuchter gefährlicher Körperverletzung und tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte eingeleitet, die Ermittlungen sind allerdings noch im Gange.

Die Polizei war mit mehreren, 20 bis 25 Beamte umfassenden Einsatzzügen am Ort des Geschehens. Durch die starke Präsenz sowie die gezielte Ansprache der Personen über Lautsprecher sei die Situation schnell unter Kontrolle gebracht worden, teilte die Polizei weiter mit. Dennoch mussten die Wittelsbacherbrücke sowie die Zufahrtsstraßen zeitweise gesperrt werden. Weil die städtische Straßenreinigung anderswo im Einsatz war, hätten Polizeibeamte zum Besen gegriffen und Glasscherben sowie Müll vom Asphalt gekehrt, sagte die Sprecherin. Gegen 2.30 Uhr sei die Brücke wieder befahrbar gewesen.

Zu einem Zwischenfall mit einer Schusswaffe kam es um kurz nach Mitternacht am Odeonsplatz. Dort beobachteten Zivilbeamte einen 19-Jährigen, der mehrere Male eine Schreckschusspistole abfeuerte. Bei seiner Festnahme wehrte sich der Mann und verletzte einen Beamten. Waffe und dazugehörige Munition wurden beschlagnahmt. Der wegen Körperverletzungsdelikten bereits bekannte Auszubildende muss sich nun wegen eines Verstoßes gegen das Waffengesetz sowie Widerstands gegen Polizeibeamte verantworten.

Einen Großeinsatz der Polizei gab es kurz nach Mitternacht auch in Pasing. Dort wurden Beamtinnen und Beamte aus einer Menge heraus mit Feuerwerkskörpern beschossen und mit Flaschen beworfen, als sie versuchten, das Verbrennen von israelischen Flaggen zu verhindern.

Insgesamt fuhren die Einsatzkräfte der Münchner Polizei in der Silvesternacht zwischen 18 Uhr und 7 Uhr zu insgesamt 710 Einsätzen. Vor einem Jahr waren 540 notiert worden, allerdings in einem kürzeren Zeitraum (zwischen 19 und 7 Uhr). Die meisten Einsätze erfolgten auch diesmal wegen Pyrotechnik (110 im Vergleich zu 70 im Vorjahr). Zudem wurde die Polizei mehr als 70 Mal zu Bränden hinzugerufen (Vorjahr: 55) sowie 65 Mal wegen Körperverletzungsdelikten alarmiert (Vorjahr: 30) und 46 Mal wegen Ruhestörung (Vorjahr: 20).

Kaum weniger ereignisreich war die Silvesternacht aus Sicht der Feuerwehr. Bemerkenswert waren dabei drei schwere Verletzungen von Kindern durch Pyrotechnik. In Ramersdorf wurde einem 14-Jährigen ein Großteil der Hand abgerissen, in Milbertshofen erlitt ein Elfjähriger Verbrennungen an Arm, Hals und Gesicht, und in Trudering wurde ein Zweijähriger von einem Feuerwerkskörper getroffen und an der Hand verbrannt.

Insgesamt rückte der Notarzt der Feuerwehr zwischen 12 Uhr an Silvester und 7 Uhr an Neujahr fast 130 Mal aus, deutlich häufiger als im Vorjahr (102 Einsätze). Hingegen gingen die klassischen Brandeinsätze leicht zurück, von 183 auf 163.

Erstmals groß gefordert war die Feuerwehr gegen 22 Uhr in der Messestadt Riem. Dort kam es mutmaßlich durch eine Feuerwerksrakete zu einem Balkonbrand im ersten Obergeschoss eines Hochhauses. Durch die Hitze platzte die Fensterscheibe, das Feuer erfasste die Wohnung und breitete sich zudem auf darüberliegende Stockwerke aus.

Insgesamt waren vier Balkone und Wohnungen betroffen. Die Bewohnerinnen und Bewohner mussten das Gebäude für die rund zwei Stunden dauernden Löscharbeiten verlassen. Den Sachschaden schätzt die Feuerwehr auf mindestens 50 000 Euro. Bei weiteren Balkonbränden waren die Feuerwehrleute so rechtzeitig zur Stelle, dass sie ein Übergreifen der Flammen auf Wohnungen verhinderten.

Zudem standen auch in diesem Jahr wieder zahlreiche Mülltonnen in Flammen, zum Teil ganze Einhausungen mit großen Containern. In der Max-Wönner-Straße in der Lerchenau griff das Feuer von einem angebauten Mülltonnenhäuschen auf das Haus über. Zum Löschen musste das Wärmeverbundsystem der Fassade geöffnet und entfernt werden. Der Schaden in diesem Fall wird ebenfalls auf mehrere Zehntausend Euro geschätzt.

Menschen feiern auf dem Olympiaberg den Jahreswechsel mit Blick über München. (Foto: Leonhard Simon)

Im Bereich des Marienplatzes, wo zwischen 21 Uhr und 2 Uhr ein komplettes Feuerwerksverbot herrschte, versammelten sich gegen Mitternacht rund 6000 Personen, um das neue Jahr zu begrüßen. Die Polizei beschlagnahmte dabei verbotene Pyrotechnik. Am Friedensengel, dem Europaplatz und den angrenzenden Parkanlagen feierten etwa 3000 Personen. Der Bereich war für den Verkehr von 23 Uhr bis 2.30 Uhr gesperrt. Auch auf dem Olympiaberg versammelten sich viele Menschen.

Wie jedes Jahr litten auch diesmal viele Tiere unter der Knallerei. Bereits am Nachmittag und im Laufe des Abends gingen Anrufe bei der Polizei ein, weil Hunde weggelaufen waren. Einige Tiere konnten ihren Besitzern bereits wieder zurückgebracht werden.

Anmerkung der Redaktion: Der Text vom Neujahrstag wurde am 2. Januar aktualisiert und um zusätzliche Informationen der Polizei ergänzt, nämlich dass bis Donnerstag fünf Personen festgenommen wurden, ein Polizeiauto mit kommunistischen Symbolen angeschmiert wurde und es noch einen Großeinsatz in Pasing in der Silvesternacht gab.

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