Süddeutsche Zeitung

Bilanz:Mehr als 250 Einsätze: Arbeitsreiche Silvesternacht für Münchner Polizei

  • Die Einsatzkräfte der Münchner Polizei haben erwartungsgemäß eine stressige Silvesternacht erlebt.
  • Insgesamt berichtete die Polizei von mehr als 250 "silvestertypischen Einsätzen".
  • Mit dem vollständigen neuen Böllerverbot für die Fußgängerzone der Altstadt hatte die Polizei weniger Mühe als erwartet.

Von Martin Bernstein

Zwei Polizisten haben an Silvester kurz vor Mitternacht in den Lauf einer Pistole geblickt. Ein Jugendlicher, der zuvor in der Wasserburger Landstraße aus einer Gruppe heraus in die Luft geschossen hatte, zielte aus gut sechs Metern Entfernung direkt auf die 22 und 24 Jahre alten Beamten, die auf Streife unterwegs waren. Dann drückte der Täter mehrmals ab. Ein Schuss löste sich nicht, deutlich sei aber das mechanische Klicken zu hören gewesen, beschrieb eine Polizeisprecherin am Mittwoch den Zwischenfall. Daraufhin türmte der Täter, die beiden Polizisten holten ihn jedoch schließlich ein. Bei der Waffe handelt es sich um eine Gas- und Signalwaffe. Weil sie aber kein amtliches Prüfzeichen hat und deswegen als Schusswaffe gilt, muss der erst 14 Jahre alte Münchner sich wegen eines Verstoßes gegen das Waffengesetz verantworten - außerdem wegen Bedrohung, versuchter gefährlicher Körperverletzung und Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte.

Schüsse aus einer Schreckschusswaffe fielen etwa zwei Stunden vor Mitternacht auch am Isartor. Aus einem fahrenden Auto wurde bis zu vier Mal gefeuert. Das Fahrzeug konnte wenig später nahe der Praterinsel gestoppt werden. Gegen die zwei Insassen wird nun ermittelt. Auch ihre Waffe hatte kein Prüfzeichen.

Am Odeonsplatz, an dem der städtische Raketen-Bann für die Silvesternacht nicht galt, gerieten Feiernde in den ersten Minuten das neuen Jahres in höchste Gefahr. Drei 19, 22 und 18 Jahre alte Männer zündeten mehrere am Boden liegende Raketen an. Die Feuerwerkskörper flogen in Richtung einer größeren Personengruppe, die vor der Feldherrenhalle stand. Die Raketen explodierten zum Teil direkt über den Köpfen der Menschen. Die Feiernden stoben in Panik auseinander. Verletzt wurde zum Glück niemand. Die drei Männer konnten festgenommen werden. Sie erwartet eine Anzeige wegen des Herbeiführens einer Sprengstoffexplosion und versuchter gefährlicher Körperverletzung.

Rund 1300 Polizisten waren in der Nacht im Einsatz, um bei 250 "silvestertypischen" Einsätzen das Treiben zum Jahreswechsel in geordnete Bahnen zu lenken. Mit dem vollständigen Böllerverbot für die Fußgängerzone der Altstadt hatte die Polizei weniger Mühe als erwartet. Die Neuregelung habe sich "in Verbindung mit dem taktischen Einsatzkonzept der Polizei bewährt", hieß es am Mittwoch in einer ersten Bilanz. Insgesamt ahndeten die Beamten fünf Verstöße mit Ordnungswidrigkeiten-Anzeigen. Mit Lautsprecherwagen und Leuchtschrift-Laufbändern wiesen die Polizisten die rund 20.000 Feiernden in der Innenstadt auf den Pyro-Bann hin. Nur vereinzelt wurden dennoch Feuerwerkskörper gezündet, die Mehrzahl der Besucher auf dem Marienplatz feierten entweder ohne Knall und Rauch oder trollten sich mit ihren Raketen in Regionen, wo das Verbot nicht galt. Manche entsorgten ihre mitgebrachte Pyrotechnik auch in eigens bereit gestellten Mülltonnen.

Die Zahl der silvesterbedingten Einsätze ging gegenüber dem Vorjahr um 27 Prozent zurück. Besonders auffällig war, dass erheblich weniger Menschen als vor einem Jahr im Silvester-Getümmel aneinander gerieten: Hatte es zum Jahreswechsel 2018/2019 noch 178 Fälle von Körperverletzung, Streitereien und Randale gegeben, waren es diesmal nur 65. Ob der Rückgang mit dem Feuerwerksverbot zu tun hat, konnte eine Polizeisprecherin am Mittwoch aber noch nicht sagen.

Aus Pasing wird von einem Fall berichtet, bei dem Pyrotechnik fraglos in unerlaubter Weise zur Anwendung kam - nämlich um einen Spielzeug- und Süßigkeiten-Automaten in der Baumbachstraße zu sprengen. Die fünf zwischen 14 und 18 Jahre alten Tatverdächtigen hatten es nach Polizeiangaben auf den Inhalt des Automaten abgesehen. Sie bekommen nun eine Anzeige wegen eines besonders schweren Fall des Diebstahls aus Automaten.

Arbeitsreich war der Jahreswechsel für 500 Männer und Frauen der Münchner Berufsfeuerwehren und der Freiwilligen Feuerwehren im Stadtgebiet. Sie mussten zu 116 Klein- und Großbränden und zu 432 Notfalleinsätzen ausrücken. Der gravierendste Brand, wohl ausgelöst von Feuerwerkskörpern, ereignete sich um Mitternacht in der Schellingstraße. Dort loderten im sechsten Obergeschoss Flammen auf einem Balkon. Eine Person wurde dabei leicht verletzt, mehrere Wohnungen wurden in Mitleidenschaft gezogen. Den Sachschaden beziffert die Polizei auf bis zu 100 000 Euro. Ein weiterer Brand wurde nur Minuten später aus der Aschenbrennerstraße am Hasenbergl gemeldet. Im vierten Obergeschoss brannten zwei Wohnungen. Verletzt wurde niemand. Beide Wohneinheiten sind laut Feuerwehr bis auf weiteres nicht bewohnbar. Ein Feuer am nahen Frauenmantelanger beschäftigte die Einsatzkräfte bis in die frühen Morgenstunden. Weil dort ein Dachstuhl in Flammen stand, musste großflächig das Flachdach geöffnet werden. Aus Sicherheitsgründen mussten alle Bewohner das Gebäude verlassen.

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