Süddeutsche Zeitung

Sexualstraftaten:Siegfried Mauser drückt sich vor Haftstrafe

  • Das Urteil gegen den wegen sexueller Nötigung verurteilten Ex-Musikhochschulpräsident Siegfried Mauser erging im Oktober vergangenen Jahres.
  • Das Strafmaß beläuft sich auf eine Haftstrafe von zwei Jahren und neun Monaten.
  • Seine Haftstrafe hätte Mauser bis 13. Januar antreten müssen, stattdessen hält er sich in Salzburg auf.

Von Susi Wimmer

Die Frist ist abgelaufen: Bis zum 13. Januar, so sagt Rechtsanwalt Alexander Stevens, hätte der ehemalige Präsident der Münchner Musikhochschule Siegfried Mauser seine Haftstrafe in der Justizvollzugsanstalt Landsberg antreten müssen. Mauser war wegen sexueller Nötigung zu einer Haftstrafe von zwei Jahren und neun Monaten verurteilt worden, im Oktober 2019 bestätigte der Bundesgerichtshof in Karlsruhe die Entscheidung.

Doch nach SZ-Informationen hat Mauser seinen Wohnsitz in München verlassen und hält sich in Salzburg auf. "Er wurde nicht ordnungsgemäß geladen", meint Stevens. Mauser habe in Österreich seinen Hauptwohnsitz und einen österreichischen Pass - was dazu beitragen könnte, dass er seinen Haftantritt noch länger hinauszögern kann.

Fast fünf Jahre sind vergangen, in denen der heute 65-Jährige die Gerichte in München beschäftigt. Vier Frauen hatten dem Musikprofessor sexuelle Nötigung, in einem Fall auch Vergewaltigung vorgeworfen. Mauser klagte sich durch alle Instanzen, rief bislang fünf Gerichte an - und wurde stets für schuldig befunden. 2015 hatten zwei Musikerinnen Mauser beschuldigt, sie massiv begrapscht zu haben. Über das Amts- und das Landgericht bis zum Oberlandesgericht klagte sich Mauser.

Am Ende blieb eine Verurteilung wegen sexueller Nötigung bestehen und eine Haftstrafe auf Bewährung von neun Monaten. 2018 klagte ihn die Staatsanwaltschaft wegen Nötigung und Vergewaltigung zweier Frauen an. Das Urteil lautete: zwei Jahre und neun Monate Haft wegen sexueller Nötigung. Das Gericht zweifelte zwar nicht an der Vergewaltigung des Opfers, nach damaligem Sexualstrafrecht allerdings hätte sich die Frau zur Wehr setzen müssen.

Am 27. Dezember, so bestätigt es Oberstaatsanwältin Anne Leiding, ging die Ladung zum Haftantritt an die Münchner Adresse von Siegfried Mauser. Darin sei kein konkreter Tag des Strafantrittes mit Uhrzeit genannt, sondern eine einzuhaltende Frist von mehreren Wochen. "Üblicherweise meldet sich der Verurteilte binnen der gesetzten Frist bei der bezeichneten Justizvollzugsanstalt", sagt Leiding.

Doch Mauser kam nicht. Stattdessen wurde eine Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht eingereicht, weil Mauser lediglich aufgrund "einer Aussage-gegen-Aussage-Konstellation" verurteilt worden sei, so sein Anwalt Stevens. In einem Schreiben bat man die Staatsanwaltschaft um Haftaufschub, bis das Verfassungsgericht entschieden habe. Komme die Staatsanwaltschaft der Bitte nicht nach, werde man einen Haftaufschub förmlich beantragen. Werde dies abgelehnt, werde man deshalb das Bundesverfassungsgericht anrufen. Ist auch das dagegen, werde man ein Gnadengesuch beim Justizministerium und eine Petition zum Landtag einreichen.

Abgesehen davon verfüge Mauser über die deutsche und österreichische Staatsbürgerschaft. Also müsste die Staatsanwaltschaft einen europäischen Haftbefehl beantragen und ein Auslieferungsverfahren anstreben. "Außer natürlich, Mauser entscheidet sich dafür, in Österreich die Strafe abzusitzen", so der Anwalt.

"Die Anrufung des Bundesverfassungsgerichts wird kaum Erfolg haben", meint Anwältin Antje Brandes, die die vier Frauen gegen Mauser vertreten hatte. "Es kostet ihn viel Geld, und natürlich verunsichert es meine Mandantinnen, wenn sie sehen, wie lange ein Täter den Haftantritt hinauszögern kann." Wie lange Mauser letztlich in Haft muss, ist noch unklar. Denn aus der ersten und zweiten Verurteilung wird erst noch eine Gesamtstrafe gebildet. Leiding rechnet mit "über drei Jahren". Die juristischen Schritte der Verteidigung will sie nicht kommentieren. Nur so viel: "Es bleibt abzuwarten, welche Maßnahmen tatsächlich einen Haftantritt hinauszögern können."

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SZ vom 29.01.2020
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