Münchner Westen:Polizei will Sicherheitswacht auf Streife schicken

Münchner Westen: Gut erkennbar: Die Angehörigen der Sicherheitswacht tragen ein weitgehend einheitliches Outfit.

Gut erkennbar: Die Angehörigen der Sicherheitswacht tragen ein weitgehend einheitliches Outfit.

(Foto: Christian Endt)

An einem der ungefährlichsten Flecken in München sollen künftig Freiwillige patrouillieren. Die Polizei verspricht sich davon einen "Abschreckungseffekt". Aubings Lokalpolitiker sind von dem Plan der Polizei wenig überzeugt: "Was, wenn schwierige Situationen auftreten?"

Von Ellen Draxel

Bislang ist es lediglich ein Vorstoß. Die Polizeiinspektion 45, in den Stadtbezirken Pasing-Obermenzing und Aubing-Lochhausen-Langwied aktiv, erwägt den Aufbau einer Sicherheitswacht in ihrem Zuständigkeitsbezirk. Nicht, weil es dort besonders gefährlich wäre. Im Gegenteil - in Aubing-Lochhausen-Langwied liegt die Kriminalitätsrate laut dem stellvertretenden Dienststellenleiter Jakob Siebentritt 40 Prozent unter dem Münchner Durchschnitt. Und in Pasing sind es immer noch 20 Prozent weniger. "Aber", erklärt der für die Verbrechensbekämpfung zuständige Vize-Chef, "es gibt ja auch noch das subjektive Sicherheitsgefühl". Im Westen verändere sich gerade viel, vor allem durch die Besiedelung Freihams. "Und wir als Polizei können die Forderung, überall am Gartenzaun vor Ort zu sein, einfach nicht leisten." Eine Wacht hingegen sei in der Lage, diese Aufgabe zu übernehmen.

Seit die Sicherheitswacht 1994 in Bayern eingeführt wurde, gibt es immer wieder Bestrebungen, die Sicherheit durch den Ausbau dieses von Polizeibeamten geschulten Freiwilligen-Netzwerks zu verbessern. Auch in München: In der Landeshauptstadt verfügen bereits die Inspektionen Schwabing, Sendling, Perlach, Neuhausen, Milbertshofen und Olympiapark über solch ehrenamtliche Unterstützer. In der Schwanthalerhöhe wird Mitte Februar über die Einführung der "wandelnden Notrufsäulen" gesprochen, für Patrouillen etwa auf der Achse Bavariapark, Georg-Freundorfer- und Gollierplatz. Die Gremiumsvorsitzende Sibylle Stöhr (Grüne) rechnet mit Debatten entlang der bekannten Standpunkte der Parteien, ist selbst aber kritisch eingestellt: "Wir lösen unsere Konflikte im Viertel anders."

Bei der Einführung der Sicherheitswacht in Münchner Stadtbezirken gab es meistens kontroverse Debatten um die als "Blockwarte" oder "Hilfssheriffs" geschmähten Freiwilligen-Streifen, mitunter auch Streit. Die Erfahrungen seien gleichwohl "positiv", sagt Marc Aigner von der Pressestelle der Polizei: Dadurch, dass die Sicherheitswacht zu Fuß unterwegs sei, könne sie leicht angesprochen werden. Subjektiv steigere sie das Sicherheitsgefühl der Menschen. Die Kollegen könnten aber auch bei kleinen Sicherheitsstörungen präventiv einwirken.

Die Polizei verspricht sich von den Ehrenamtlichen einen Abschreckungseffekt

Wer bei der Sicherheitswacht ist, trägt Uniform und ist mit einem Funkgerät, einer Taschenlampe, einem Erste-Hilfe-Set und einem Pfefferspray ausgestattet. Die Teams halten Kontakt zur Polizei und sorgen so dafür, dass in Notlagen oder Gefahrensituationen schnell und gezielt professionelle Hilfe geleistet werden kann. Mehr aber auch nicht, betont die Polizei: Die Sicherheitswacht ergänze die Polizeiarbeit, indem sie die Präsenz im öffentlichen Raum erhöhe. Ein Ersatz für die Polizei sei sie jedoch nicht und solle es auch gar nicht sein. Siebentritt könnte sich daher vorstellen, dass Angehörige einer möglichen Sicherheitswacht im Bereich der PI 45 in Wohnvierteln wie Langwied, Lochhausen oder Obermenzing etwa Einbrüchen vorzubeugen versuchen. "Wir versprechen uns davon einen Abschreckungseffekt." Oder dass sie beim Aubinger Herbstfest, bei Veranstaltungen in der Blutenburg oder bei Jugendtreffpunkten wie am Neuaubinger Gleisdreieck Präsenz zeigten. Ehrenamtliche auf Streife dürfen auch die Identität von Personen feststellen und Platzverweise erteilen.

Aubings Grünen- und SPD-Politiker sind von dem Plan dennoch nicht überzeugt. Sie sehen die Ordnungshoheit bei der Polizei, halten eine Aufwandsentschädigung für die Ehrenamtlichen von acht Euro pro Stunde für deutlich zu gering und sorgen sich auch um die Sicherheit der Freiwilligen. "Was, wenn schwierige Situationen auftreten?", fragte Robert Brenner (SPD) in der jüngsten Sitzung des Bezirksausschusses, bei der Siebentritt das Konzept vorstellte. "Wenn dann Leute betroffen sind, die nicht so eine profunde Ausbildung wie die Polizeibeamten haben?" Er halte das "für problematisch". Grünen-Politiker Siegfried Liedl befürchtet außerdem, dass sich auch Privatleute mit charakterlichen Defiziten bewerben könnten.

Boris Schwartz (Grüne), stellvertretender Gremiumsvorsitzender, verwies zudem auf den kommunalen Außendienst, der die Polizei ja bereits erfolgreich unterstütze. "Das sind Leute, die sehr gut ausgebildet sind und hervorragend bezahlt werden." Wichtig sei vor allem, betonte Barbara Götz-Schubach (CSU), dass bei diesem Ansatz nicht der Überwachungsaspekt im Vordergrund stehe, sondern der Gedanke des Zusammenhalts. Laut einem Flyer des bayerischen Innenministerium werden die Kandidatinnen und Kandidaten erst nach persönlichen Auswahlgesprächen für den Dienst in der Sicherheitswacht bestellt, um keine Möchtegern-Sheriffs und Freizeit-Rambos auszubilden.

Aubings Lokalpolitiker sind in der Frage einer Einführung gespalten

Im Übrigen könne die Polizei beim geringsten Zweifel, dass jemand geeignet und zuverlässig sei, die Tätigkeit beenden. Im Bereich des Polizeipräsidiums München, bestätigt Sprecher Marc Aigner, seien "bis dato keine Fälle bekannt worden, bei welchen die Beschäftigten der Sicherheitswacht ihre Funktion hätten ausnutzen wollen". Bei der Abstimmung im Aubinger Stadtteilgremium votierten elf Bürgervertreter gegen die Etablierung einer Sicherheitswacht, zehn - die CSU und zwei von drei Mitgliedern der Fraktion Freie Wähler/ÖDP - waren dafür. In Pasing steht die Debatte noch aus.

Letztlich trifft die Entscheidung, ob eine Sicherheitswacht eingeführt wird, aber ohnehin die Polizei - "auch wenn uns das Einvernehmen mit den Bezirksausschüssen natürlich wichtig ist", sagt Siebentritt. Im Falle eines "Ja" für die Sicherheitswacht würde die Umsetzung auf jeden Fall einige Zeit in Anspruch nehmen. Denn Bewerber müssten zunächst einen 40-stündigen Kurs durchlaufen. Und der findet nur einmal jährlich statt.

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