Münchner Sicherheitskonferenz:Die Polizei zeigt sich vorbereitet - im Ernstfall auch auf hybride Attacken

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Noch ist der Platz vor dem Tagungshotel „Bayerischer Hof“ frei zugänglich. Erst vor Konferenzbeginn am Freitagmorgen macht die Polizei den Sperrbereich dicht. (Foto: Stephan Rumpf)

In den Einsatzplänen kommen auch Szenarien wie Sabotage im Auftrag Russlands und anti-israelische Ausschreitungen vor. Doch auch ohne Worst-Case-Situationen ist die Münchner Konferenz eine Herausforderung für die Sicherheitskräfte.

Von Martin Bernstein

Eine Demonstrationsroute, die am israelischen Generalkonsulat vorbeiführt, die Sorge vor Sabotageaktionen, dazu politische Gäste wie der ukrainische Präsident und der US-Vizepräsident, für die ganz besonderer Schutz erforderlich ist: Die Sicherheitsfrage ist zentral, wenn von Freitag an im Münchner Hotel „Bayerischer Hof“ 60 Staats- und Regierungschefs, dazu Hunderte Minister, Militärs und Wirtschaftsvertreter über die fragile Weltlage diskutieren. Und damit über Themen, die auch die Sicherheit der Münchnerinnen und Münchner betreffen.

Eine Zahl illustriert das wie keine andere. Mehr als 5000 Polizistinnen und Polizisten werden die 61. Münchner Sicherheitskonferenz (MSC) schützen und die 40 bislang angemeldeten Versammlungen in ihrem Umfeld begleiten. Im Polizeipräsidium bemüht man sich, die Herausforderungen während der größten MSC aller Zeiten als Routine darzustellen. Er werde wahrscheinlich nicht viel, aber gut schlafen, versichert Münchens Polizeivizepräsident Christian Huber. Er kennt die MSC von früheren Aufgaben Einsatzleiter ist er zum ersten Mal.

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Nach zehn Jahren kommt Christian Huber als Vizepräsident an die Ettstraße zurück. Dort wird er künftig die ganz großen Einsätze verantworten.

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Doch bei einer Pressekonferenz der Polizei am Mittwochmittag wird deutlich, welche Bedrohungen die Sicherheitskräfte zumindest für denkbar halten. „Wir erwägen alle Eventualitäten“, sagt Einsatzleiter Huber. Und dazu gehöre auch die Möglichkeit von „hybriden“ Attacken. Sprich: Russland könnte die Münchner Sicherheitskonferenz im Visier haben.

Vor diesem Hintergrund kommt der Überwachung des Luftraums eine besondere Bedeutung zu. Zuletzt hatten Drohnenflüge über sensiblen militärischen Objekten die deutschen Sicherheitsbehörden alarmiert. Von Donnerstagmorgen an gilt bis zum Sonntagabend eine Flugbeschränkung über der Münchner Innenstadt. In einem Gebiet, das vom Olympiapark im Münchner Norden bis zum Perlacher Forst im Südwesten reicht, sind „alle Flüge einschließlich des Betriebs von Flugmodellen und unbemannten Luftfahrtsystemen untersagt“.

Einen Anschlag auf die Infrastruktur der Münchner Polizei haben Unbekannte vor knapp drei Wochen verübt. Ein Zusammenhang mit der Sicherheitskonferenz ist dabei nicht ausgeschlossen, galt die Attacke doch der Diensthundestaffel. Den vierbeinigen Ordnungshütern kommt eine wichtige Rolle vor der MSC zu. Sie suchen neuralgische Punkte, die Tagungshotels und die Unterkünfte der Gäste sowie Kanalschächte an den Zufahrtswegen nach möglichem Sprengstoff ab. Bunte Markierungen auf Gullys zeigen an, wo die Hunde und ihre Führer schon tätig waren.

Die bislang unbekannten Täter zündeten am 25. Januar insgesamt 23 Spezialfahrzeuge an, die auf dem Gelände der Diensthundestaffel im Münchner Nordwesten abgestellt waren. Durch den Anschlag verlor die Münchner Polizei nahezu alle Fahrzeuge, die für den Einsatz der Sprengstoffhunde ausgelegt sind. Polizeibehörden aus anderen Bundesländern halfen den Münchner Kollegen aus der Bredouille. „Die Polizeifamilie hält zusammen“, sagt Huber.

Eine weitere Herausforderung für die Münchner Polizistinnen und Polizisten, die von Kollegen aus anderen Bundesländern, von der Bundespolizei und Spezialkräften der österreichischen „Cobra“ für den Personenschutz unterstützt werden, ist das Demonstrationsgeschehen rund um die Sicherheitskonferenz. Elf Versammlungen sind allein für den Samstag angemeldet, darunter drei Großkundgebungen mit laut Veranstaltern insgesamt 7000 erwarteten Teilnehmerinnen und Teilnehmern.

Möglicherweise werden es aber deutlich mehr Menschen werden, die je nach Kundgebung gegen die Sicherheitskonferenz oder für mehr Unterstützung der Ukraine demonstrieren. Die Versammlungen bergen Unwägbarkeiten etwa die, welche prominenten Politiker zu den Unterstützern der Ukraine auf dem Odeonsplatz sprechen werden.

Auf dem Königsplatz versammeln sich Gegner der Sicherheitskonferenz aus dem verschwörungsideologischen Spektrum. Zur ersten Kundgebung dieser Art vor zwei Jahren waren mehr als 10 000 Menschen gekommen. Diesmal erwarten die Veranstalter angeblich nur 500. Ein Demonstrationszug der linken Friedensbewegung mit 1500 erwarteten Protestierenden führt vom Karlsplatz über den Karolinenplatz zum Marienplatz.

Gegner der Münchner Sicherheitskonferenz demonstrieren am Mittwoch vor dem Hotel „Bayerischer Hof“. Die linke Friedensbewegung will damit auf ihre Kundgebung am Samstag hinweisen. (Foto: Stephan Rumpf)

Dieser Zug, der in diesem Jahr stark von pro-palästinensischen Gruppierungen dominiert sein dürfte, kommt an den Orten der beiden anderen Kundgebungen vorbei. Aber auch am israelischen Generalkonsulat. Die Sicherheitskräfte, versichert Huber, hätten selbstverständlich solche neuralgischen Punkte auf dem Schirm. Buchstäblich, denn die gesamte Polizeiarbeit am Samstag wird von einem Einsatzstab im Präsidium aus gesteuert.

Mehr als 1000 Halteverbotsschilder, umgeleitete Trambahnen, Zugangskontrollen um den Promenadeplatz sowie Straßensperrungen für mehr als 200 Lotsen- und Konvoifahrten für besonders zu schützende Politiker werden die Münchnerinnen und Münchner von Donnerstagmorgen an immer wieder an die Sicherheitskonferenz erinnern. Drei Tage dauert das Treffen offiziell für die Münchner Polizei hat es jetzt schon begonnen.

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