Süddeutsche Zeitung

Bauarbeiten:U-Bahn-Station Sendlinger Tor: In einem Jahr soll sie fertig sein

Zwar leuchtet dort schon alles in satten Farben. Doch bis der Umbau fertig ist, müssen sich Fahrgäste noch gedulden - und immer wieder an neue Gegebenheiten anpassen.

Von Andreas Schubert

Man kann nicht gerade behaupten, dass die Lage unter dem Sendlinger-Tor-Platz übersichtlich wäre. Seit mehr als fünf Jahren wird hier schon der U-Bahnhof komplett umgebaut und um 3000 Quadratmeter erweitert, um dem Fahrgastaufkommen gerecht zu werden. Dieses hat sich seit Eröffnung der Station 1972 verdreifacht. Und weil die einzelnen Baufelder immer wieder wechseln, müssen sich die Fahrgäste der Linien U1 und U2 sowie der U3 und U6 regelmäßig an neue Laufwege gewöhnen. Mit der Ausschilderung klappt das aber ganz gut, trotz aller Bauzäune.

Nur die Suche nach einem Fahrscheinautomaten ist offenbar nicht für alle einfach. Als Andreas Schmid über die Baustelle führt, wird er wegen seiner orangefarbenen Warnweste, die ihn als Mann von den Stadtwerken kennzeichnet, zweimal angesprochen, wo denn der nächste Automat sei. Da muss auch Schmid, der als Projektleiter des Umbaus einen Überblick über die gesamte Baustelle hat, erst einmal ums Eck schauen, ob da nicht einer steht. Das ist der Fall, doch die Dame kommt gleich wieder mit ihrem fragenden Blick. "Defekt", sagt sie. Und der nächste? Irgendwo da hinten könnte einer sein, in der anderen Richtung. Bei manchen Detailfragen kommt offensichtlich auch ein Projektleiter ins Schleudern.

Fast nichts bleibt in der Station wie es war, seien es Stromleitungen oder die Treppenaufgänge. Lediglich die U-Bahn-Gleise werden vom Umbau verschont. Dass die Linien trotzdem immer wieder nachts und an Wochenenden unterbrochen werden und nur ein Notbetrieb läuft, liegt an der Umgestaltung der Bahnsteige. Die haben inzwischen weitgehend ihr neues Erscheinungsbild bekommen: strahlendes Gelb, sattes Blau. Die neuen Verkleidungen bestehen aus emailliertem Stahl und sollen möglichst lange halten. An einigen Stellen fehlt die Verkleidung noch, hier muss noch an der Elektronik gearbeitet werden. Während der Bauzeit haben die Fahrgäste zu sehen bekommen: So ein U-Bahnhof besteht aus mehr als nur ein paar Bahnsteigen, Gleisen und Anzeigetafeln.

Auch das vom inzwischen verstorbenen Designer Ingo Maurer entworfene Lichtkonzept ist schon teilweise zu erkennen. Die Bahnsteige haben bereits einen neuen Belag aus natürlichem Granit und sind erhöht worden, um auf der gesamten Bahnsteiglänge Barrierefreiheit zu garantieren. Im Zwischengeschoss ist die künftige Ladenzeile schon im Werden. An der Südseite entstehen elf Geschäftsräume, gegenüber wird ein großer Laden einziehen. Wo heute noch eine Logistikfläche ist, wäre dann Platz für einen Supermarkt oder einen Drogeriemarkt samt Lager.

Während der neue Zugang zur Sonnenstraße schon seit zwei Jahren und der Zugang zur Sendlinger Straße seit knapp einem Jahr fertig sind, wird der Erweiterungsbau zur Blumenstraße erst ganz am Ende der Bauarbeiten eröffnet. Hier wird demnächst eine Rolltreppe installiert, bevor es an den Ausbau geht. Danach ist das Gärtnerplatzviertel besser an den U-Bahnhof angeschlossen, der Zugang führt allerdings nur direkt zur Ebene der U1 und U2. Einem Anschluss an die nächsthöhere Bahnsteigebene stand das Gebäude der Kreissparkasse im Weg. Auch am erweiterten Zugang zur Müllerstraße vor der Stadtsparkasse wird noch gearbeitet. Dessen Eröffnung - dann mit einer zusätzlichen Rolltreppe - ist für Mitte Oktober vorgesehen.

Wer von der U1 und U2 an die Oberfläche will, muss seit vergangener Woche den neuen Ausgang an der Nordseite benutzen. Der alte, der zwischen den Bahnsteigen der untersten Ebene liegt, ist bis Ende der Bauarbeiten gesperrt. Auch hier werden neue Rolltreppen eingebaut, den alten Boden haben die Arbeiter bereits herausgerissen.

Im dritten Quartal 2023 soll alles fertig sein, später als zunächst vorgesehen. Eigentlich sollte der Bahnhof schon Ende dieses Jahres komplett umgebaut sein. Doch bald zeigte sich, dass im Untergrund Überraschungen lauerten, die in keinen Plänen verzeichnet waren: So mussten zum Beispiel Stahlträger aufwendig beseitigt und ein unbekannter Hohlraum unter der Blumenstraße verfüllt werden. Dann drang auch noch Wasser in die Baustelle ein - all dies verzögert die Fertigstellung.

Dazu kam noch, dass wegen der Großkonzerte von Andreas Gabalier und Helene Fischer dieses Jahr sowie wegen der European Championships, der Ed-Sheeran-Konzerte im Olympiapark und des Superbloom-Festivals die für diese Wochenenden von langer Hand geplanten Sperrpausen ausgesetzt werden mussten, was den Bau zusätzlich verzögerte. Und schließlich gab es auch noch Lieferverzögerungen, etwa beim Naturstein.

Die Festival- und Konzerttermine waren bei der Planung laut Projektleiter Schmid noch nicht abzusehen. Auch für nächstes Jahr sind Überraschungen nicht ausgeschlossen. Geplante Sperrpausen einfach so ein Wochenende zu verschieben, geht laut Schmid nicht, weil die von den Stadtwerken beauftragten Baufirmen nicht einfach so ihren Terminkalender über den Haufen werfen können.

Einer der wichtigen Abschnitte der Arbeiten ist seit Mitte September mit der Fertigstellung des neu gestalteten Umsteigebereichs zwischen U1/U2 und U3/U6 bereits geschafft. Der direkte Umstieg zwischen den Bahnsteig-Ebenen erfolgt jetzt über eine neue Rolltreppenanlage. Für den schnelleren Wechsel zwischen den U-Bahnlinien gibt es über vier Rolltreppen mehr Platz und neue Laufwege. Dafür wurde jeweils eine Treppe gedreht und eine zusätzliche ergänzt: Staus und Querungen sollen dadurch künftig vermieden werden. Außerdem wurde eine weitere Festtreppe eingebaut. "Bis sich die Leute daran gewöhnt haben, dauert es aber noch ein paar Wochen", vermutet Schmid.

Anfang nächsten Jahres legen die Stadtwerke auch mit der Umgestaltung der Oberfläche los. Anders als zunächst vorgesehen, wird nicht der Zustand vor den Bauarbeiten hergestellt. Auf Beschluss des Stadtrats sollen die Flächen in Abstimmung mit dem Baureferat und dem Mobilitätsreferat fußgänger- und radfahrerfreundlicher gestaltet werden. Diese Arbeiten werden wohl noch bis 2024 dauern.

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