Obwohl nicht als "Künstlerviertel" vermarktet, etablieren sich Sendling und das Schlachthofviertel mit Volkstheater, Interims-Gasteig HP 8, Bahnwärter Thiel und Kulturzentrum Luise auf der kulturellen Stadtkarte. Nun sind auch die ortsansässigen Kreativen in einer kleinen Ausstellung zu sehen: Mehr als 50 Sendlinger Künstler und Künstlerinnen zeigen, wie sie das Thema "Was blüht uns da?" verstehen und wahrnehmen. - Ein doppelbödiger Titel für eine lokale Kunstschau in Form eines Bilderfrieses, das bis Samstag, 29. Juli in der Sendlinger Kulturschmiede zu sehen ist, also dort, wo gestandene Sendlinger seit 45 Jahren das eigentliche kulturelle Herz ihres Viertels schlagen hören.
Im ehrenamtlich betriebenen Kulturzentrum an der Daiserstraße haben 63 Künstler mit je einem eigens für die Ausstellung geschaffenen Werk zusammengefunden - viel mehr, als die Leiterin und Initiatorin des Projekts Marta Reichenberger zu hoffen wagte, auch wenn der Einzugsbereich Thalkirchen und die Isar- beziehungsweise Ludwigsvorstadt miteinschließt. Die Idee, Kunst aus dem Stadtviertel in ein Bilder-Band zu reihen, hat Reichenberger bereits 1992 in der Seidlvilla realisiert. Freilich bot das frisch eröffnete Schwabinger Bürgerhaus den damaligen 125 Werken reichlich Platz. Um die unerwartete Fülle nun in die 60 Quadratmeter kleinen Sendlinger Räume zu bringen, kombinierten Reichenberger und ihr Team das strenge Ursprungskonzept des Frieses mit der Dichte einer Salonhängung. Profi-Fotograf Martin Liebl, der auch mit ausstellt, hatte die Werke zuvor digitalisiert und die Tüftelei virtuell vorbereitet.
Den Entschluss zur Neuauflage fasste Reichenberger im Herbst 2022 im Rahmen der "Ideenschmiede", einer turnusmäßigen Kreativrunde. Einen stadtweiten Rahmen und die Inspiration zum blumigen Titel lieferte das diesjährige "Flower-Power-Festival". Die Lust an der ungebrochenen Schönheit wollte Reichenberger den Künstlern nicht austreiben. Gemalte Blütenpracht und Idyll wechseln sich also ab mit dem genauen Gegenteil - das manchmal seinerseits floral daherkommt: In der Ikonografie der Friedensbewegung lässt Designerin Ilka Hufnagl aus einer Handgranate Gerbera sprießen, die, erst bei ganz genauem Hinsehen erkennbar, selbst aus Panzern und Raketen bestehen.
Was uns global mit Krieg, Umweltzerstörung und sozialer Spaltung blüht, beschäftigt sichtbar auch die Sendlinger Künstler, ohne die Schau komplett ins Düstere oder allzu Plakative kippen zu lassen. Natürlich debütiert auf der anderen, lokalen Seite auch das "Sendlinger Loch" als Kunst-Sujet, jene Geisterbaustelle an der Ecke Alram-/Aberlestraße, auf der seit Jahren nichts vorangeht. Lisa Böll setzt sie als "Drahtseilakt über Haifischbecken" ins Bild. Nachbarschaftlichen Wiedererkennungswert bietet die Ausstellung auch mit einer großen Fotocollage, die alle 63 Ausstellenden zeigt und damit für ortsansässige Besucher wohl auch das eine oder andere bekannte Gesicht.
Zu sehen ist die Ausstellung bis Samstag, den 29. Juli täglich von 16 bis 19 Uhr in der Kulturschmiede, Daiserstraße 22. Am Montag, den 17. Juli, ab 19 Uhr zeigt Dokumentarfilmer Reinhold Rühl außerdem zwei Filme zum Thema Kunst in Sendling. Am Samstag, den 22. und Donnerstag, den 27. Juli, jeweils ab 19 Uhr führen Künstler und Künstlerinnen durch die Ausstellung. Die Finissage am 29. Juli ab 18 Uhr begleitet mit Michaela Dietl eine in Sendling geerdete Musikerin mit internationalem Profil. Die ausgestellten Werke können erworben werden, Kontaktdaten der Künstler finden sich vor Ort.