Süddeutsche Zeitung

Sendling:Schrein der Bewegung

Das Landesamt für Denkmalpflege soll prüfen, ob es sich beim Freiluft-Kletterfelsen des Alpenvereins in Thalkirchen um ein Baudenkmal handelt.

Von Birgit Lotze, Sendling

"Der Schrein", der Freiluft-Kletterfelsen auf dem Gelände der Kletteranlage des Deutschen Alpenvereins (DAV) in Thalkirchen, soll zum Prüfungsfall für das Landesamt für Denkmalpflege werden. Der Bezirksausschuss Sendling hat in seiner Sitzung am Montag einstimmig die Behörde dazu aufgefordert.

Eigentlich hat der DAV geplant, und so ist es auch vom Stadtrat beschlossen worden, die Stahlbeton-Freianlage abzureißen und stattdessen eine Boulderhalle zu bauen, die auch an den Außenwänden beklettert werden kann. Im Viertel stoßen die Baupläne auf Ablehnung. Dort befürchtet man entgegen der Meinung der Lokalbaukommission Einschnitte in die Frischluftschneise, Eingriffe ins Grün und noch mehr Verkehr in der Wohngegend um die Kletteranlage Thalkirchen, welche als die größte Europas gilt.

Anlass für die Überprüfung des Status als Baudenkmal bot den Lokalpolitikern ein Schreiben eines DAV-Mitglieds, der inzwischen nicht mehr in München wohnt, doch früher dort oft geklettert ist. Dieser weist darin darauf hin, dass die Ursprünge der Kletteranlage Thalkirchen eben auf diesen Stahlbeton-Felsen zurückgehen. Er sei im Jahr 1989 errichtet worden, zu einer Zeit, in der sich die Freikletter-Bewegung auf ihrem Höhepunkt befunden habe.

Diese Bewegung habe wegen ihrer hohen ethischen und ökologischen Ansprüche historisch Maßstäbe gesetzt. Die Stahlbeton-Freianlage sei ein Monument dieser Bewegung und in ihrer Art einzigartig. In der Petition "Rettet das Boulderparadies der Schrein", heißt es, die Beton-Außenanlage von 1989 sei die erste gewesen, sie habe als erste das Klettern in der Stadt möglich gemacht. Damit sei das Kletter-Training revolutioniert und überhaupt erst der Start für das Hallenklettern und dessen Erfolg gelegt worden.

Michael Düchs, Sprecher im Vorstand des Vereins DAV-Kletter- und Boulderzentrum München, sagte, dass der DAV mit der Modernisierung verhindern wolle, dass das Kletter- und Boulderzentrum München Thalkirchen "zum Museum wird, sondern ein lebendiger Ort bleibt". Dank der neuen Halle fänden auch Familien und Menschen mit Beeinträchtigungen zeitgemäße Möglichkeiten vor, dem Klettern und Bouldern nachzugehen. "Wir sind zuversichtlich, bald damit beginnen zu können, diese Vision umzusetzen."

Rückenwind für seine Pläne hat der DAV am Mittwoch vom Landtag bekommen. Dort wurde eine neue Petition von aktiven DAV- Kletternsportlern behandelt, die Formfehler beim Verfahren monierten. Diese konnte der Ausschuss nicht überprüfen, da der Bauantrag zwar eingereicht ist, aber noch keine Genehmigung vorliegt. Daher wurde zunächst gefordert, dass die Petenten nach der Genehmigung nochmals die Möglichkeit bekommen sollen, ihre Anliegen vorzutragen. Davon wurde dann abgesehen, da dem Ausschuss bekannt war, dass die Referate der Stadt sich in den vergangenen Jahren eingehend mit dem DAV-Begehren beschäftigt haben, bereits mehrere Anträge wegen starker Eingriffe in Flächennutzungsplan und Natur zurückgewiesen haben. Der aktuelle Bauantrag sei eigens mit dem DAV abgestimmt, hieß es in der Sitzung. Die Petition wurde daher für "erledigt" erklärt.

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SZ vom 04.03.2021/kafe/vewo
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