Süddeutsche Zeitung

Stadtentwicklung:Die Suche nach einer Vision für den Nordosten

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Dort sollen Wohnungen für 10 000 bis 30 000 Menschen entstehen. Doch wie soll das neue Quartier aussehen? Neun Planer haben nun ihre Ideen präsentiert - manche sind spielerisch, andere mutlos.

Von Thomas Anlauf

Es ist ein wenig so wie bei einem Besuch in der Alten Pinakothek - und die Kunstinteressierten müssen raten, von wem das Gemälde stammt, weil kein Hinweis auf den Meister zu finden ist. Ganz so kunstvoll wie ein Werk von Dürer, Rubens oder Cranach dem Älteren sind die Entwürfe des Ideenwettbewerbs zur Stadtentwicklung im Münchner Nordosten natürlich nicht. Doch Handschriften lassen sich trotz der Anonymität der Arbeiten natürlich erkennen: Neun Städteplaner wurden in der ersten Phase des Wettbewerbs ausgewählt, ihre Entwürfe reichen von spielerischen Ansätzen bis hin zu fast mutlosen Übungen. Man merke, dass sich manche die Aufgabenstellung "gar nicht richtig angesehen haben", sagte Städteplaner Martin Birgel, der im Auftrag der Stadt am Samstag in die Präsentation der Entwürfe einführte.

Andere schon: Da gibt es zum Beispiel die Idee des "Archipelago Monaco", ein großer Grüngürtel bliebe demnach im Osten des 600 Hektar großen Planungsgebiets bestehen. Die drei Entwürfe, die jeder Wettbewerbsteilnehmer einreichen musste, sehen jeweils eine Bebauung für 10 000, 20 000 und 30 000 Menschen vor. Meist bauen die Planungen aufeinander auf: Bei der Annahme von 10 000 Bewohnern ist die Vision vieler Planer, dass sich die Bebauung von der S-Bahntrasse entlang der Haltestellen Daglfing, Englschalking und Johanneskirchen nach Osten hin entwickelt. Eine der Aufgabenstellungen der Stadt war, möglichst wenig Fläche zu verbrauchen. Da auch der Wunsch nach einem Badesee in diesem riesigen, bis heute oftmals aus Ackerflächen bestehenden Gebiet aufkam, haben die Städteplaner des "Archipelago Monaco" am nordöstlichen Rand des Areals ein Gewässer eingezeichnet.

Ein weiterer Entwurf betont den Hüllgraben als wichtiges landschaftliches Element in dem Entwicklungsgebiet. Nach Ansicht dieser Architekten soll "möglichst viel landwirtschaftliche Fläche erhalten" bleiben. Das Modell "Stadt der Vielen" wiederum zeichnet sich eher dadurch aus, dass es "die konsequente Realisierung von baulicher Dichte" vorsieht, allerdings in der Maximalversion von 30 000 Einwohnern, verteilt fast auf die gesamte Fläche. Weitere Entwürfe nennen sich "Grüne Zentralität für urbane Dichte am Stadtrand" oder "München bleibt cool" - was auch immer das bedeuten mag.

Am Abend vor der öffentlich zugänglichen Ausstellung konnten sich Grundstückseigentümer ein Bild von den Ideen der Stadtplaner machen und dazu Kommentare abgeben. Und die fielen bisweilen ziemlich kritisch aus: "Ich suche eine großartige Vision. Gibt es keine Stadtbaukünstler mehr?", fragte ein Besucher. Andere forderten eine Trambahnlinie "durch das neue Viertel und nicht am Rand entlang" und "erst Erschließung, dann Bebauung" in Anspielung darauf, dass noch nicht abschließend geklärt ist, an welche öffentlichen Verkehrsmittel das riesige Neubaugebiet angeschlossen werden soll.

Die Jury hatte in der vergangenen Woche zwei Tage lang Zeit, über die eingereichten Entwürfe zu beraten. Die Ausstellung der ersten Ideen war lediglich am Samstagvormittag für vier Stunden im Isarforum des Deutschen Museums zu sehen. Nun sollen die Entwürfe weiter überarbeitet werden, mit dem Ergebnis des Wettbewerbs ist erst Mitte kommenden Jahres zu rechnen.

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Quelle:
SZ vom 22.07.2019
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