SZenario:Jede Arbeit ein Neuanfang

SZenario: Vor leuchtenden Linien: Künstlerin Doris Hahlweg und Künstler Roland Helmer (rechts) mit Tobias Krug, dem Vorsitzenden des Seerosenkreises.

Vor leuchtenden Linien: Künstlerin Doris Hahlweg und Künstler Roland Helmer (rechts) mit Tobias Krug, dem Vorsitzenden des Seerosenkreises.

(Foto: Stephan Rumpf)

Der Seerosenpreis geht heuer an Doris Hahlweg und Roland Helmer. Letzterer sollte schon einmal mit dem traditionsreichen Kunstpreis der Stadt München ausgezeichnet werden - vor 58 Jahren.

Von Katharina Federl, München

"Lassen Sie uns über KI sprechen", sagt Oliver Herwig zu Beginn seiner Rede vor dem Kunstpavillon im Alten Botanischen Garten. Skeptische Blicke im Publikum, Getuschel, dann wieder Stille. Herwig ist vieles, Moderator, Journalist, Dozent - doch Informatiker ist er nicht. Vor ihm haben sich an diesem Donnerstagabend etwa 200 Menschen versammelt, darunter auch Grünen-Stadtrat Beppo Brem, der einmal mehr betont: "München ist mehr als FC Bayern und Oktoberfest." Gekommen ist er aber nicht, um etwas über intelligente Maschinen oder Computer zu erfahren. Bei Getränken, Häppchen und anregenden Gesprächen über die Kunst und die Welt soll die Arbeit zweier Menschen gewürdigt werden: die von Doris Hahlweg und Roland Helmer.

Hahlweg und Helmer sind dieses Jahr die Träger des Seerosenpreises, einer Auszeichnung für Künstlerinnen und Künstler, die ihren Lebens- und Schaffensmittelpunkt in München haben und schon lange Jahre tätig sind. Der Preis, dotiert mit je 2000 Euro, wird von der Stadt gestiftet, er wurde 1962 vom damaligen Oberbürgermeister Hans-Jochen Vogel und dem Maler Hermann Geiseler initiiert. Bereits zwei Jahre später wurde Roland Helmer, damals 24-jähriger Student an der Akademie der Bildenden Künste, als Preisträger vorgeschlagen. "Damals hielt man dich aber wohl doch für zu jung", scherzt Reinhard Fritz, der seinem langjährigen Freund eine emotionale Laudatio widmet.

Roland Helmer bezeichnet sich als Künstler, der experimentiert, stets neu erfindet. Was seit der Entstehung seiner ersten Werke vor mehr als 60 Jahren hingegen konstant geblieben ist, ist seine Auffassung von Farbe und Form, Fläche und Raum, die er als "Wert an sich" anerkennt. Bewusst verzichtet er auf die Darstellung der sichtbaren Wirklichkeit, beschränkt sich auf wenige Farben sowie schmale und breite Linien. Seine Werke tragen Namen wie "Schwarz dominant", "Schwarz überwiegend" oder "Weiße Figur", deren leuchtendes Blau, Rot und Gelb an den strahlend weißen Wänden des Kunstpavillons besonders ins Auge stechen.

SZenario: Die Werke von Doris Hahlweg und Roland Helmer sind bis 28. August im Kunstpavillon im Alten Botanischen Garten zu sehen.

Die Werke von Doris Hahlweg und Roland Helmer sind bis 28. August im Kunstpavillon im Alten Botanischen Garten zu sehen.

(Foto: Stephan Rumpf)

Um Doris Hahlwegs abstrakte Malereien betrachten zu können, muss man hingegen etwas weiter nach oben schauen. "Die brauchen ja Luft zum Atmen", meint die Künstlerin, die 1957 in Brasilien geboren wurde und seit ihrem 15. Lebensjahr in Bayern wohnt und arbeitet. München gefalle ihr mit den Jahren immer besser, sagt sie, während sie ein Küsschen links, ein Küsschen rechts mit alten und neuen Bekannten austauscht und einem beim Sprechen so tief und träumerisch in die Augen schaut, dass man sich - wie in ihren Bildern - tatsächlich ein bisschen verlieren kann. Hahlweg gehe nie mit konkreten Vorstellungen an eine Arbeit, sondern entwickele, sagt sie, stets aus dem Malprozess selbst. Das Ergebnis sind Formen, die nie vollständig greifbar oder begreifbar werden. Arbeiten, die zu etwas Neuem führen, die Schritte nach vorne machen. Das ist es, was Oliver Herwig unter KI versteht: Künstlerische Intelligenz.

Die mit dem Seerosenpreis verbundene Ausstellung im Kunstpavillon an der Sophienstraße 7a ist bis zum 28. August zu sehen, Dienstag bis Samstag von 13 bis 19 Uhr und Sonntag von 11 bis 17 Uhr. Weitere Infos unter www.kunstpavillon.org.

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