Bei "Fräulein Wagner" denkt man, gastronomisch gesehen, vielleicht eher an ein Oma-Café. Aber da liegt man völlig daneben. Denn das Fräulein Wagner ist nicht nur eine große Ahnherrin der Augustiner-Brauerei, sondern auch der Name des Lokals im Jugend- und Familienhotel Augustin oberhalb der Theresienwiese, gleich bei der Bavaria. Und das feierte nun am Donnerstag, mit schlappen drei Jahren Verspätung, große Eröffnung als Restaurant, nicht nur fürs Viertel.
Der Grund dafür ist natürlich Corona. Denn eigentlich ist der Augustin ja schon im Sommer 2019 fertig geworden: Ein wirklich sehr schönes Hotel für Jugendliche und Familien, in dem die Zimmerpreise bei 40 Euro losgehen - wo findet man so etwas noch in München? Es wurde genau genommen nur möglich durch das Fräulein Wagner. Edith Haberland-Wagner nämlich, die letzte Erbin der Brauerdynastie Wagner. Sie war selbst erst 1981 mit 82 Jahren Eigentümerin von Augustiner geworden und hatte niemanden, dem sie die Brauerei hätte vererben können. Und so gründete sie 1996 noch kurz vor ihrem Tod eine Stiftung, die bis heute etwas mehr als 50 Prozent an Augustiner hält und die Erlöse unter anderem investiert in Denkmalschutz, Brauchtumspflege, Umweltschutz und Förderung der Jugend.
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Passt an diesem Ort ganz wunderbar zusammen, sagte die Vorständin der Edith-Haberland-Wagner-Stiftung, Catherine Demeter, am Donnerstagabend bei der Vorstellung des neuen Fräulein Wagner. Denn auf dem Areal hinter der Bavaria befindet sich nicht nur jene Villa, die zur Weltausstellung 1908 erbaut wurde und die heute Sitz der Stiftung ist, sondern auch die alte, denkmalgeschützte Kongresshalle aus den Fünfzigerjahren und das Wirtshaus zum Bavariapark. Alles mittlerweile im Besitz der Stiftung. Der Neubau des Hotels Augustin war da sozusagen nur noch der Schlussstein. Er entstand 2019 auf jenem Areal, das "lange Jahre nur als Behelfsparkplatz genutzt worden war", so Demeter, "auf dem die Ratten fröhliche Feste feierten".
Die Ratten mussten umziehen, denn nun steht da ein moderner, zum Teil mit Kupfer verkleideter und doch schlicht wirkender Neubau, der 46 Zimmer von unterschiedlicher Größe beinhaltet. Außerdem einen schönen, gut gepflegten Garten und natürlich das Restaurant Fräulein Wagner mit 130 Plätzen. Nur ein paar Monate lang war es tagsüber geöffnet, dann kam schon der erste Lockdown. Und kaum hat man eine Pandemie abgewartet, gibt es auch schon einen leichten Konzept- und Pächterwechsel, zum Teil auch eine etwas abgewandelte Inneneinrichtung. "In der Zwischenzeit konnten wir ja auch dazulernen, was funktioniert und was weniger", so der zweite Stiftungsvorstand Martin Liebhäuser, "und weil das Fräulein Wagner jetzt auch abends aufhat, nahmen wir das zum Anlass, alles noch mal vorzustellen."
Das kulinarische Konzept: internationale Gerichte mit regionalen Produkten
Das wollten dann sogar zwei leibhaftige bayerische Minister sehen, Innenminister Joachim Herrmann und Justizminister Georg Eisenreich (beide CSU) sowie die Wiesn-Stadträtin Anja Berger (Grüne). Herrmann ist schon von Amts wegen Dauergast beim jährlichen Empfang vor Beginn der Wiesn in der nahen Stiftungsvilla und ist deshalb da, "denn dienstlich habe ich heute keinen Anlass einzuschreiten". Ähnliches galt für Eisenreich, der war als örtlicher Landtagsabgeordneter geladen. Und eine Wiesn-Stadträtin darf natürlich erst recht nicht fehlen, wenn eine so sehr weiblich dominierte Brauerei wie Augustiner - seit 1844 hatten hier immer wieder Frauen das letzte Wort - zum Feiern einlädt.
Die Küche hat nun Münchens Luxuscaterer Dahlmann übernommen, der sonst schon mal für internationale Großkonzerne oder bei den Salzburger Festspielen aufkocht und der vom Petuelring inzwischen an den Bavariapark gezogen ist. "Wir haben im Kellergeschoss jetzt unsere Produktionsküche", erzählt Chef Ulrich Dahlmann, "und für die Karte des Fräulein Wagner sind wir auch zuständig."
Küchenchef Gideon Huth, der schon auf einige Erfahrung in Sterneküchen zurückblicken kann, beschreibt sie so: "Wir arbeiten mit regionalen Produkten und bereiten damit internationale Gerichte zu." Ein bayerisches Wirtshaus mit Biergarten gibt es schließlich gleich ums Eck, und so findet man auf der Karte zum Beispiel "Carpaccio vom jungen Bio-Kohlrabi" mit Marone und schwarzem Trüffel oder geschmorte Aubergine mit Hummus und Granatapfel. Aber der Chefkoch hat auch noch eine andere Begründung: "Das Fräulein Wagner war ja in echt auch eine große Reisende. Das darf sich dann ruhig auch auf der Karte widerspiegeln."