Süddeutsche Zeitung

Schwanthalerhöhe:"Dönerhaus" wird zu Boardinghaus umgebaut

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Anstelle des verfallenen "Dönerhauses" an der Schwanthalerstraße entstehen 30 möblierte Apartments. Die Nachbarn hatten sich unter dem Projekt etwas anderes vorgestellt.

Von Ulrike Steinbacher

Das alte Haus war ein Schandfleck - außen so baufällig, dass die Stadt den Gehsteig sperren ließ, damit kein Passant von herabstürzendem Mauerwerk verletzt wurde, innen morsch und verrottet, voller Tauben und Ratten. Der Riedwirt an der Ecke Schwanthaler- und Schießstättstraße, gebaut um 1860 und eigentlich denkmalgeschützt, hatte seine guten Tage schon lange hinter sich, als dort in den Nullerjahren ein Dönerbrater sein Glück versuchte. Er wurde zum Namenspatron dieser Schrottimmobilie in bester Lage, die auf der Schwanthalerhöhe fortan als "Dönerhaus" bekannt war. 15 Jahre lang stand sie leer, ein Symbol der Platzverschwendung, bis im Frühjahr 2020 der Abrissbagger kam. Doch der sehnliche Wunsch aus dem Viertel, wenigstens jetzt Wohnungen zu bauen, fand kein Gehör. Die Biermeier Bauwerte GmbH errichtet auf dem nahezu quadratischen Eckgrundstück ein sechsstöckiges Boardinghaus.

Vorgesehen sind 30 voll ausgestattete Apartments, ein automatisches Parksystem mit sieben Plätzen im zweiten Untergeschoss und Abstellmöglichkeiten für mindestens zehn Fahrräder. "Nach langwierigen Verhandlungen mit den diversen Behörden" habe die Stadt Ende 2021 die Baugenehmigung erteilt, erklärt Geschäftsführer Josef Biermeier. Der Baubeginn sei für dieses Frühjahr geplant. Einen langfristigen Pachtvertrag "mit einem zuverlässigen Betreiber" hat Biermeier schon vergangenes Jahr abgeschlossen, Namen nennt er nicht. Der Neubau soll nicht im Portfolio des Unternehmens bleiben, sondern an einen Investor verkauft werden.

Denn Biermeier Bauwerte ist eigentlich auf Wohnungen spezialisiert und hätte auch westlich vom ehemaligen Saturn-Markt gerne Wohnungen gebaut. Doch da machten dem Investor Platzverhältnisse und Stellplatzschlüssel einen Strich durch die Rechnung: Bis zu 16 Parkplätze wären nötig gewesen und damit ein drittes Untergeschoss auf dem nur gut 200 Quadratmeter großen Grundstück. "Da wären wir ins Wasser gekommen, und dann wäre es noch teurer geworden", sagt der Geschäftsführer. Stattdessen, so prophezeit er, werde nun im Boardinghaus "eine Vielzahl von Gästen die Lage und das Flair des Viertels genießen".

Das ist für die Kommunalpolitiker von der Schwanthalerhöhe aber nur die zweitbeste Lösung. Sie hatten sich jahrelang vehement für neue Wohnungen eingesetzt, hatten die Stadt zum Mitbieten aufgefordert, als die Immobilie 2016 zwangsversteigert werden sollte, und sie sind noch heute enttäuscht, dass im Neubau keine Mieter einziehen werden, sondern Gäste. "Wir brauchen nichts dringender als bezahlbaren Wohnraum", sagt Stadträtin Sibylle Stöhr (Grüne), die auch Vorsitzende des Bezirksausschusses ist.

Seinerzeit war die Versteigerung wieder abgeblasen worden, weil der damalige Eigentümer zunächst genug Geld auftrieb, um seine Gläubiger ruhigzustellen. Außerdem wollte die CSU im Stadtrat nicht mitbieten, und 2016 regierte noch Rot-Schwarz. Für eine Enteignung wiederum, wie die Bürgerversammlung sie gefordert hatte, fehlte die Rechtsgrundlage.

So dauerte es bis 2019, bis Josef Biermeier beim dritten Zwangsversteigerungstermin schließlich für 4,85 Millionen Euro den Zuschlag bekam. Nun soll das Boardinghaus im Herbst oder Winter 2023 bezugsfertig sein. "Das muss man jetzt zur Kenntnis nehmen", sagt Sibylle Stöhr.

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