Wohnungen für Pflegefachkräfte:"Wir müssen erschwinglichen Wohnraum bereitstellen"

Wohnungen für Pflegefachkräfte: Beeindruckende Gänge und großzügige Raumhöhen: Die ehemaligen Bettenhäuser des Schwabinger Klinikums bieten viel Potenzial.

Beeindruckende Gänge und großzügige Raumhöhen: Die ehemaligen Bettenhäuser des Schwabinger Klinikums bieten viel Potenzial.

(Foto: Stephan Rumpf)

In zwei ehemaligen Bettenhäusern des Schwabinger Krankenhauses entstehen 132 Apartments für Pflegefachkräfte - mit hohen Räumen, alten Bögen und mächtigen Oberlichtern.

Von Nicole Graner

Die Gänge sind lang. An die 85 Meter. Und breit. Denn zwei Patientenbetten mussten ohne große Probleme aneinander vorbeigeschoben werden können. Aber das war einmal. Denn das Haus 2 des einst modernsten Klinikums seiner Zeit, des Schwabinger Krankenhauses und der heutigen München Klinik Schwabing, ist schon lange nicht mehr in Betrieb. Doch jetzt werden die alten Bettenhäuser aus den Jahren 1905 bis 1928 zu Wohnungen für Pflegefachkräfte umgebaut. Die Stadt München baut in den denkmalgeschützten Häusern 1 und 2 ganze 132 Apartments - die kleinsten sind 25, die größten Vier-Zimmer-Wohnungen an die 100 Quadratmeter groß. 73,5 Millionen investiert die Stadt in dieses Projekt - finanziert aus Fördermitteln des Freistaates, Bundeszuschüssen für effiziente Gebäude, Eigenmitteln und einem Förderkredit.

Die Dritte Bürgermeisterin Verena Dietl (SPD), Stadtkämmerer Christoph Frey sowie der Geschäftsführer der Münchner Raumentwicklungsgesellschaft (MRG), Boris Seyfarth, recken ihre Köpfe nach oben und staunen. Was für hohe Räume in diesen drei Stockwerken! Was für eine Herrschaftlichkeit! Die man trotzdem sieht, auch wenn die Mauern des verlassenen Gebäudes überall Löcher haben, der Putz abbröckelt und alte, blaue Wandfarbe von den Decken blättert. 4,30 Meter hoch sind die Räume. Und da sind die alten Fenster. Jene, mit mächtigen Oberlichtern, die man nur mit den langen Fensterhebeln aus Messing öffnen kann. Diese Fenster, alte Leibungen, Bögen und Raumstrukturen sollen erhalten bleiben, erklärt die Leiterin der MRG-Projektentwicklung, Helga Engel. Wie vieles in den historischen Gebäuden.

2005 habe die München Klinik noch einmal den Versuch unternommen, die beiden Bettenhäuser für den Klinik-Alltag zu sanieren, erzählt Engel. Aber die Wege seien "einfach viel zu lang" gewesen. Später hat die Stadt versucht, Investoren für den Bau von Wohnungen zu gewinnen. Aber das sei "gescheitert", sagt Stadtkämmerer Frey. Investoren hätten nicht so viel Geld in die Hand nehmen wollen, um dann zu günstigen Mietpreisen zu vermieten. "Dann hat sich die Stadt entschieden, es selbst zu machen", sagt Frey. Aus der Sicht der MRG ein "Glücksfall", wie Boris Seyfarth findet. Auch weil Kommunalreferat, Kämmerei, MRG, die bayerische Staatsregierung, der Denkmalschutz und die Lokalbaukommission an einem Strang zögen. Ein Glücksfall, aber auch eine "Mammut-Aufgabe", wie Engel ergänzt.

Wohnungen für Pflegefachkräfte: Wer hier einmal wohnt, bekommt kein Apartment von der Stange.

Wer hier einmal wohnt, bekommt kein Apartment von der Stange.

(Foto: Stephan Rumpf)

"No risk, no fun" steht in schwarzen Buchstaben auf einer Wand. Andere Wände sind bunt gesprüht. Irgendwie, wohl als die Türen noch offen standen, müssen Graffiti-Sprayer in das Haus gelangt sein. Auf verpackten Treppen, um das alte Holz zu schützen, geht es weiter nach oben. Ganz nach oben. Die Taschenlampen der Handys blitzen auf. Es ist ziemlich dunkel. Die Fenster sind mit Holzbrettern verschalt. "Der historische Dachstuhl ist das Kernstück", sagt Helga Engel. Denn das Dachtragwerk sei in der nur für kurze Zeit angewandten "Stahlbeton-Binder-Konstruktion" gebaut worden. Wuchtige Ausleger, kantige Absetzungen - alles wird erhalten. Nur die Kamine werden zurück- und Gauben eingebaut. Denn auch hier oben sollen Wohnungen entstehen. Helle, lichte, atmosphärische.

"Wir müssen erschwinglichen Wohnraum bereitstellen", sagt die Kommunalreferentin

Die Bilder der PL Architekten versprechen viel. Es scheint, als würde jeder Winkel, jede historische Rundung genutzt. Die langen Gänge werden zu geräumigen "Foyers". Die Nordseite bekommt Fahrstühle und ein Not-Treppenhaus. Und auch die Höhe der Räume wird ins Konzept einbezogen. Mit passenden Einbauten. Frey beschreibt die Planungen mit drei Worten: "würdevoll, wohlig, bezahlbar". Es sei ein wichtiger Baustein, die Pflegenden in München mit diesen Wohnungen zu unterstützen, sagt Bürgermeisterin Dietl. "Wenn wir endlich ausreichend Pflegekräfte gewinnen wollen, müssen wir als Stadt erschwingliche Wohnungen bereitstellen", betont auch Kommunalreferentin Kristina Frank (CSU). Tatsächlich braucht man nicht viel Vorstellungskraft, um zu begreifen, dass in den Bettenhäusern wirklich eine besondere Wohnatmosphäre entstehen könnte. Zwei Jahre Bauzeit plant die Stadt ein. Vermietet werden soll von 2025 an.

Wohnungen für Pflegefachkräfte: Mit Dachterrasse: Bürgermeisterin Verena Dietl (SPD; rechts) und Stadtkämmerer Dieter Frey freuen sich auf ein besonderes Projekt.

Mit Dachterrasse: Bürgermeisterin Verena Dietl (SPD; rechts) und Stadtkämmerer Dieter Frey freuen sich auf ein besonderes Projekt.

(Foto: Stephan Rumpf)

Oben gibt es auch eine Terrasse. Moosbewachsen. Der Blick auf das Areal des Klinikums ist wunderschön. Auf die geschützten alten Bäume, die erhalten werden. Wie auch auf die alten Baumalleen. Mit "ganz großer Rücksicht" wolle man da während der Bauzeit vorgehen, sagt Helga Engel. Und sie sagt es so, dass man spürt, wie wichtig ihr dieses Projekt und alles Erhaltenswerte ist. Der Blick ins Grün - und auf Haus 3. Denn das Projekt, aus Bettenhäusern Wohnungen für Pflegefachkräfte zu machen, könnte weitergehen. Gerade erst hat der Stadtrat in der April-Vollversammlung beschlossen, zu prüfen, ob Wohnungen auch im Haus 3 möglich wären.

Drinnen ist es dunkel, draußen röhren die Bagger. Die Überreste von Haus 17 werden gerade von einer Seite auf die andere gewuchtet. Dort soll die Tiefgarage mit 40 Stellplätzen für die beiden Häuser 2 und 3 entstehen. Aber die alten Mauern bergen Altlasten wie Asbest. Bis alles fein säuberlich getrennt und entsorgt ist, dauert es wohl noch ein bisschen.

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