Süddeutsche Zeitung

Urteil des Amtsgerichts:Die Mietpreisbremse wirkt - ein Münchner kriegt sogar Geld zurück

Statt 1150 Euro pro Monat muss der 33-Jährige für sein Apartment in Schwabing künftig nur noch 800 Euro bezahlen. Der Mieterverein spricht von einem "historischen Urteil".

Von Anna Hoben

Alexander G. hatte es eilig, in München eine Wohnung zu finden - wie viele, die wegen eines neuen Jobs in die Stadt ziehen. Weil er nichts Günstigeres fand, unterschrieb der 33-Jährige am 15. August 2019 einen Mietvertrag für ein 37 Quadratmeter großes Apartment in der Nähe des Luitpoldparks. Teilmöbliert, 1150 Euro Warmmiete. "Dass München sehr teuer ist, wusste ich", sagt G., der aus Berlin hergezogen war. Doch als er sich irgendwann mit einer Nachbarin unterhielt, die für eine doppelt so große Wohnung bei ihrem Vermieter ungefähr gleich viel bezahlte wie er, habe er sich gedacht: "Das ist ja heftig."

Alexander G. begann im Internet zu recherchieren und rechnete aus, dass seine Wohnung deutlich über dem Münchner Mietspiegel liegt. Also wandte er sich an den Mieterverein München. Dort berechneten die Rechtsberater eine angemessene Miete von 733,19 Euro, die Teilmöblierung mit eingerechnet. Die Mietpreisbremse besagt, dass die Miete bei Wiedervermietung maximal zehn Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen darf. So ergibt sich für G.s Wohnung eine maximale Warmmiete von 806,51 Euro. Weil der Vermieter nicht einlenkte, als G. ihn darauf ansprach, zog er über die Rechtsschutzversicherung des Mietervereins mit der Anwältin Lisa Matuschek vor Gericht.

Mit Erfolg. Das Amtsgericht München entschied, dass Alexander G. 1545,70 Euro von seinem Vermieter zurückbekommt, die er zu viel bezahlt hat. Und dass die Warmmiete ab sofort nur noch 806,51 Euro betragen darf - wie es der Mieterverein berechnet hatte. Weil der Vermieter sich zu der Sache nicht äußerte und sich somit auch nicht gegen eine Verurteilung zur Wehr setzte, erließ das Gericht ein sogenanntes Versäumnisurteil. Hierbei prüft das Gericht vor Erlass lediglich, ob die Klage zulässig ist und der Vortrag des Klägers die beantragte Verurteilung trägt. Es muss das Urteil dann nicht begründen.

Das Urteil habe eine Last von ihm genommen, sagt Alexander G. "Ich würde mir auch von anderen Mietern wünschen, dass sie ihre Rechte einfordern, wenn ihr Vermieter sich nicht ans Gesetz hält." Volker Rastätter, Geschäftsführer des Mietervereins, spricht von einem aus seiner Sicht "historischen Urteil". Alexander G. dürfte einer der ersten Mieter in Bayern sein, der eine zu hohe Miete über die Mietpreisbremse erfolgreich vor Gericht gebracht hat. Denn das Instrument war in Bayern lange Zeit gar nicht wirksam. Mittlerweile gilt es für Mietverhältnisse, die vom 7. August 2019 an geschlossen worden sind. Die bayerische Staatsregierung hatte zuvor eine fehlerhafte Verordnung erlassen - und sich lange nicht um eine Korrektur gekümmert. "Bei allen Schwächen, welche die Mietpreisbremse mit ihren zahlreichen Ausnahmen nach wie vor hat, ist diese Gerichtsentscheidung ein positives Signal für Bayerns Mieter", sagt Rastätter.

Bislang hat Alexander G. die zu viel bezahlten Kosten von seinem Vermieter nicht zurückbekommen. Auch einen Teil seiner Kaution fordert er noch zurück, sie war ebenfalls auf Basis der überhöhten Miete berechnet. "Ich werde weiterkämpfen", sagt er. Das Urteil ist rechtskräftig. (AZ: 418C21739/19)

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SZ vom 03.04.2020/sim
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