Neubau in Schwabing241 Studierende ergattern Platz im Wohnheim, 6700 stehen auf der Warteliste

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Fühlt sich im Neubau wohl: Informatik-Studentin Anne Bezrukova.
Fühlt sich im Neubau wohl: Informatik-Studentin Anne Bezrukova. (Foto: Stephan Rumpf)

In Schwabing eröffnet ein Neubau, aber die Versorgung mit Wohnraum bleibt in der teuersten Stadt Deutschlands prekär. Und in der Freimanner Studentenstadt soll ein weiteres Haus leer gezogen werden.

Von Katharina Haase

Es geschieht eher selten, dass Markus Blume (CSU) in seiner Funktion als Wissenschaftsminister übers Heiraten spricht. An diesem trüben und nassen Montag tut er es aber doch. „In Bayern sagt man, wenn es bei der Hochzeit regnet, bedeutet das ewigen Reichtum. Deshalb sehe ich das Wetter heute als gute Perspektive für den studentischen Wohnungsbau in München.“

Dabei handelte es sich bei der Veranstaltung, bei der der Minister sprach, gar nicht um eine Hochzeit, sondern um die Eröffnungsfeier des neuen Studierendenwohnheims in der Anlage an der Schwere-Reiter-Straße, zu der das Studierendenwerk München-Oberbayern (Stuwerk)  am Montagnachmittag geladen hatte. Das neue Gebäude in Schwabing bietet 241 zusätzliche Wohnplätze, die meisten als Einzelapartments. Der Neubau in Holzbauweise gilt als nachhaltiges Vorzeigeprojekt. Begonnen wurde das Projekt im September 2021, die Kosten beliefen sich auf rund 39 Millionen Euro, zwölf Millionen davon aus staatlicher Förderung.

Aus Holz: Die neue Wohnanlage an der Schwere-Reiter-Straße in Schwabing bietet Platz für 241 Studierende.
Aus Holz: Die neue Wohnanlage an der Schwere-Reiter-Straße in Schwabing bietet Platz für 241 Studierende. (Foto: Stephan Rumpf)

An den 16 Hochschulen in und um München, die in den Zuständigkeitsbereich des Stuwerks fallen, sind derzeit rund 143 000 Studierende eingeschrieben. Für diese stehen über das Stuwerk gerade einmal 9300 Wohnheimplätze in und um München sowie an den Standorten der Technischen Universität München (TUM) in Freising und Rosenheim zur Verfügung.

Ein WG-Zimmer in München, lange schon teuerste Stadt  in Deutschland, kostet derzeit durchschnittlich 800 Euro. Wer einen der Wohnheimplätze des Studierendenwerks ergattert, zahlt meist etwas weniger als die Hälfte. Wie das Stuwerk mitteilt, beträgt die durchschnittliche Bruttowarmmiete in diesem Jahr 380,80 Euro, wobei die Kosten je nach Standort und Wohnform variieren können. Kleine Wohnungen oder Apartments, etwa für Alleinerziehende, kosten teilweise mehr als 700 Euro. Claudia Meijering, Geschäftsführerin des Stuwerks, betonte in ihrer Eröffnungsrede, die Errichtung neuer sozialer Wohnplätze trage aktiv zur Chancengleichheit bei, da sie auch Studierenden mit geringem Budget in München einen optimalen Wohnplatz in Uni-Nähe böten.

Die günstigen Preise machen die Plätze umso begehrter, das zeigt sich auch an der Warteliste. Rund 6700 Studierende hoffen dort derzeit auf einen Platz in einem der Wohnheime. Die Wartezeiten werden, je nach Wohnform und Standort, auf der Website des Stuwerks mit bis zu sieben Semestern angegeben, also der Regelstudienzeit eines gesamten Bachelor-Studiums. Auch wenn nicht alle Wartenden aktiv auf Wohnungssuche sind – die Zahl der Wohnheimplätze reicht nicht annähernd aus, um dem Bedarf in München gerecht zu werden. Zuletzt war im Oktober 2024 eine inklusive Wohnanlage mit 77 neu geschaffenen Plätzen an der Kaulbachstraße eröffnet worden. Auch dort stehen bereits mehr als 400 Studierende auf der Warteliste.

Auf Anfrage teilt das Studierendenwerk mit, dass in diesem Jahr keine weiteren Neubauprojekte abgeschlossen werden können. In Planung befinden sich derzeit lediglich 185 Plätze in einem Neubau an der Agnesstraße. Bis dieser eröffnet werden kann, dürfte es jedoch noch einige Zeit in Anspruch nehmen. Die Abbrucharbeiten des maroden Bestandsgebäudes beginnen frühestens im Herbst dieses Jahres.

Im Fokus der Diskussionen um studentischen Wohnraum in München steht immer wieder die Studentenstadt in Freimann (Stusta). Von den rund 2400 dortigen Wohnheimplätzen stehen weiterhin mehr als 1000 leer. Im Juli 2024 wurde mit der Sanierung der Häuser 9 und 12 durch die staatliche Wohnungsbaugesellschaft Bayernheim begonnen. „Aber im roten Haus (Haus 13) und in Haus 10 hat sich bislang noch gar nichts Erkennbares getan“, erklärt Yannic Lohschelder, bis Sommer vergangenen Jahres zeitweise Vorsitzender des Selbstverwaltungsvereins der Stusta. Ebenso gehe es mit Haus 14, das Lohschelder selbst lange bewohnt hat, und das nun ebenfalls leer gezogen werden soll. „Das sind dann nochmal rund 130 Plätze, die wegfallen.“

Auf der Website des Studierendenwerks wird der Beginn der Sanierungsarbeiten der Häuser 10 und 13 mit 2026 angegeben, 2028 sollen sie abgeschlossen sein. Die Sanierungsmaßnahmen in Haus 14 beginnen laut Website noch in diesem Jahr und sollen bereits 2026 abgeschlossen werden. Das Stuwerk selbst scheint aber von seinen eigenen Plänen noch nichts zu wissen. Auf Anfrage erklärt eine Sprecherin, in München seien in diesem Jahr keine weiteren Sanierungsarbeiten geplant. Lediglich mit der Generalsanierung eines Wohnheims in Freising solle im Herbst begonnen werden. Dafür soll noch im Mai die Wiedereröffnung der Gemeinschaftsräumlichkeiten in der Hans-Scholl-Halle erfolgen. Gemeinsames Ziel von Stuwerk und Freistaat soll sein, bis 2028 wieder alle Plätze in der Studentenstadt bewohnbar zu machen.

Haus 9 der Freimanner Studentenstadt wird seit Juli saniert.
Haus 9 der Freimanner Studentenstadt wird seit Juli saniert. (Foto: Florian Peljak)

Rund 200 Millionen Euro will das Studierendenwerk  in den kommenden fünf Jahren in die Sanierung des Wohnheimbestands investieren. Ein Teil des Geldes kommt, wie auch beim Schwabinger Neubau, über das Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr. Dieses hat nach eigenen Angaben allein im Jahr 2024 rund 161 Millionen Euro an Fördermitteln für Neubau und Erhalt von mehr als 2300 Wohnplätzen bewilligt.

Yannic Lohschelder ist vor einigen Wochen aus der Stusta ausgezogen, da er die maximale Wohnzeit erreicht hatte. Diese beträgt im Regelfall sieben Semester. Statt zuvor 300 Euro im Wohnheim zahlt er nun 680 Euro für sein Zimmer in einer Dreier-WG. Das, sagt Lohschelder, der nun im Master studiert, seien etwa 70 Prozent seines derzeitigen Einkommens. „Die Wohnungssuche als Student war katastrophal. Auch wenn wir mit der Wohnung jetzt sehr glücklich sind – am Ende hätten wir einfach alles genommen.“

Anne Bezrukova hingegen hat noch volle sieben Semester Wohnzeit beim Studierendenwerk offen. Die Informatik-Studentin aus Russland ist bereits im Februar in den Neubau an der Schwere-Reiter-Straße gezogen. Sie fühle sich sehr wohl und sei sehr glücklich über ihr modernes Einzelapartment, sagt sie. Besonders die große Dachterrasse hat es ihr angetan. „Da kann man bei gutem Wetter sogar draußen lernen.“

Auch wenn man es im stressigen Alltag oft nicht merke, so Minister Blume, rückblickend sei das Studium doch ein besonderer Lebensabschnitt. Deshalb, so das Versprechen des Ministers und aller weiteren Beteiligten am Montag, werde man alles dafür tun, auch weiterhin „in München mehr Wohnraum zu schaffen, für die beste Zeit des Lebens“. Der vom Regen versprochene ewige Reichtum dürfte der Sache zuträglich sein.

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