Schwabing:Steigende Pegel

Wasserschäden in einem Wohngebäude in Schwabing, 2020

Seit Jahren überflutet: der Wasserstand in der Garage einer Wohnanlage an der Genter Straße vergangene Woche. Inzwischen ist er höher.

(Foto: Catherina Hess)

Stadt soll Bewohnern der überschwemmten Siedlung am Biederstein helfen.

Von Stefan Mühleisen, Schwabing

Nachdem bekannt wurde, dass inzwischen Dutzende Keller von Anwesen einer Schwabinger Siedlung dauerhaft mit Grundwasser überschwemmt sind, fordert der Bezirksausschuss Schwabing-Freimann die Behörden zum zügigen Handeln auf. Ferner dringt das Gremium nachdrücklich darauf, die betroffenen Hauseigentümer von den Gebühren fürs Abpumpen des Wassers zu befreien. "Es ist aktuell ein Armutszeugnis, wenn sich die städtischen Referate die Schuld an der aktuellen Lage zuschieben und die bisher gemachten Lösungsvorschläge die betroffenen Bürger mit fünfstelligen Summen und laufenden Betriebskosten belasten sollen", schreibt der BA-Vorsitzende Patric Wolf (CSU) in einem Brief an das städtische Direktorium, dem das Gremium am Dienstag seinen Rückhalt versichert hat.

Unterdessen hat sich die Lage in manchen Häusern der Siedlung zwischen Isarring und Englischem Garten seit den Regenfällen am vergangenen Wochenende nochmals verschärft. In einem Brief an Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) schreibt ein Anwohner, dass im Haus an der Genter Straße 15 der Pegel von fünf auf 25 Zentimeter gestiegen sei, obwohl die Pumpen dauerhaft liefen. Von erhöhten Wasserständen berichtet auch Franziska von Gagern, Sprecherin der Eigentümergemeinschaft der Wohnanlage an der Genter Straße 13 a-f. In diese Anlage läuft bereits seit 2015 immer wieder Grundwasser in Keller und Garage, seit drei Jahren wird es Gagern zufolge permanent in den öffentlichen Kanal abgepumpt. Qua städtischer Satzung müssen die Eigentümer dafür Gebühren bezahlen, im Fall der Genter Straße 13 a-f waren dies für den Zeitraum Juni 2017 bis Mai 2019 mehr als 90 000 Euro.

Seit Anfang dieses Jahres tritt das Problem nicht nur dort, sondern auch in anderen Anwesen auf, bei den meisten laufen dem Vernehmen nach seit Anfang Juni die Pumpen permanent, doch die Wasserstände sinken nicht. Insgesamt sollen gut 40 Grundstückseigentümer an Genter Straße, Osterwald-, Schweden-, Imhofstraße, Etsch-, Belt-, Maasweg und Wilhelm-Oswald-Straße betroffen sein in Häusern, "die nach glaubhafter und schlüssiger Versicherung der Betroffenen noch niemals unter Wasser standen", wie BA-Chef Wolf in seinem Brief formuliert.

Die Anwohner erwarten sich Hilfe von der Stadt und sind wütend, dass sie Gebühren fürs Einleiten des Wassers in den Kanal zahlen sollen - während die Behörden weder im Fall der seit Jahren betroffenen Wohnanlage noch bei den neu hinzugekommenen Häusern die Ursache für die Überflutung kennen. Vertreter von RGU, MSE und Wasserwirtschaftsamt räumten bei einer Anhörung des BA vergangene Woche ein, dass es verschiedene Theorien, aber keine genauen Erkenntnisse gebe, wo das Wasser herkommt. Als Quelle werden zum Beispiel Druckleitungen ("Düker") am Regenüberlaufkanal in der Siedlung vermutet; auch eine übermäßige Versiegelung durch Bauprojekte schließt das RGU nicht aus. Nun soll intensiv nachgeforscht werden. RGU und MSE sahen zuletzt jedoch keine juristische Handhabe, den Betroffenen die Gebühren zu erlassen.

Eben dies kritisieren die Schwabinger und Freimanner Politiker jetzt scharf. Sie vermuten die Hauptursache im städtischen Kanal, weshalb die MSE "nach derzeitigem Stand als Hauptverursacher der Situation" zu gelten habe, wie der BA-Vorsitzende Wolf im Namen des Gremiums schreibt - dennoch aber von den Bürgern Gebühren verlange. "Schnell und umfassend" soll die Stadt jenen helfen, die "unverschuldet in diese Lage gekommen sind". Der BA verlangt deshalb, dass die Bürger das Wasser kostenlos abpumpen dürfen und die Stadt "schnellstmöglich" Maßnahmen gegen das gestiegene Grundwasser zu ergreift.

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