Süddeutsche Zeitung

Kostprobe:Mehr Schein als Sein

Das panasiatische Restaurant JaVi macht vieles richtig, doch oft fehlt die passende Würze.

Von Juniper Rocket

Vor gut zwei Jahren hat das JaVi an der Schleißheimer Straße eröffnet, und laut Bewertungen im Internet ist selbst schuld, wer noch nicht da war. Laut Selbstauskunft des Restaurants auch: "Die Kirschblüten in vollendeter Schönheit sind ein Modell für unsere vollendete Haute-Cuisine", steht auf der Website. Das JaVi, der Name verrät es, serviert japanische und vietnamesische Speisen. Und dekoriert getreu des Kirschblüten-Mottos. Tatsächlich macht das asiatische Restaurant sehr viel richtig. Leider aber nicht alles sehr gut.

Zwei rosa blühende Kunstbäume über den Tischen sind für die Hanami-Atmosphäre zuständig, indirektes Licht und mit Holzstäben verkleidete Wände sorgen für einen modern-eleganten Look. Es empfiehlt sich, rechtzeitig zu buchen. Die Plätze sind begehrt. Vielleicht auch, weil es das JaVi schafft, eine große Bandbreite an Publikum zu ziehen. Da essen Eltern mit ihren Teenagerkindern ebenso wie die Mädelsrunde, ein paar Dates fehlen auch nicht. Aus seinen Alltagsjeans ist kaum ein Gast herausgeschlüpft. Komplexe muss also niemand entwickeln, der es nicht mehr geschafft hat, die Schuhe zu polieren.

Panasiatisch nennt sich die Küche, die Karte ist umfangreich. Wenig auszusetzen ist am Sake Carpaccio (13,50 Euro), leicht flambierter Lachs mit asiatischer Ponzu-Sauce und dem Lachskaviar Tobiko. Das gemischte Tatar (17 Euro) besteht aus Lachs und Thunfisch, aufgeschichtet wie eine Torte mit einer Schicht aus Avocado, Mango und Gurke dazwischen. Der Thunfisch ist leicht scharf mariniert. Das Tatar klang ein wenig edler, als es schmeckte. Vielleicht hätte eine raffiniertere Marinade oder Würze etwas ausrichten können, ein wirklich guter Fisch bräuchte all das aber ehrlicherweise nicht.

Eine positive Überraschung ist der Babyspinat in Miso-Sesam-Dressing (7,50) mit frischen, zarten Blättern. Das Dressing mit herber Note, die fast schon an dunkles Bier erinnert; dazu ein paar Granatapfelkerne für ein Spiel der Konsistenzen. Die kleine Pho Bo (8,50), die vietnamesische Rindfleisch-Reisnudel-Suppe, ist wie alle getesteten vietnamesischen Speisen nicht wirklich besonders. Die Brühe, die klassisch stundenlang mit einer Reihe von Gewürzen von Ingwer bis Sternanis gekocht wird, schmeckt wenig würzig, sondern schlicht nach Rind. Die Sommerrollen mit Garnele (8 Euro) sind im JaVi besonders, weil die Garnele vor dem Einrollen im japanischen Tempura-Teig frittiert wurde und dadurch eine zusätzliche Geschmackskomponente gewinnt. Leider aber scheint sich das JaVi vorgenommen zu haben, Fischsauce nur in homöopathischen Dosen zu verwenden, und auch sonstige Gewürze und Kräuter, die für den europäischen Gaumen eventuell ungewohnt sein könnten, lieber wegzulassen. Als würde man den Gästen die Aromatik Vietnams nicht zutrauen. So schmeckt auch die Sauce zu den Rollen rein nach Erdnuss, es fehlt die Tiefe. Gleiches gilt für die vegetarische Reisbandnudelschale mit Salat, Gemüse und Tofu, die sonst von den gut ausbalancierten Nuancen lebt. Das Tofu ist sehr weich, mehr Biss würde nicht schaden.

Wahrscheinlich bestellen die meisten Gäste vor allem das Sushi, das kunstvoll auf Schiefertafeln drapiert wird. Was den Look von Speisen angeht, ist das JaVi ganz vorne dabei. Die erste Sushiplatte aber bleibt hinter den Erwartungen zurück. Das Wolfsbarsch-Sashimi ist ein Genuss, Scampi, Lachs, Tuna sind in Ordnung, mehr nicht. Das liegt auch am Reis, der fast schon so neutral schmeckt, dass man ihn ebenso gut zum Hühnerfrikassee essen könnte.

Die Spezialrollen dagegen verhalten sich zum klassischen Sushi wie Heavy Metal zu klassischer Musik. Letzterer liegt eine ausgeklügelte Komposition zugrunde, die Erste hingegen: laut, bunt, krachend. So anders, dass man sich fragt: Ist das noch Musik, äh, Sushi? Natürlich ist es das. Nur ist es auch in Tempura-Teig frittiert, ein Fisch außenrum gewickelt, mit krosser Lachshaut gefüllt. Applaus für den, der beim Verspeisen der großen Rollen noch kniggetaugliche Manieren an den Tag legen kann. Da wäre etwa die Ogawa-Rolle (14,50) mit Garnelen in Tempuramantel mit Mango, Avocado und Frischkäse, bedeckt mit Feuerlachs. Oder Matsuda (14,50) mit gebratener Lachshaut, Avocado und Frischkäse, ummantelt mit gekochten Garnelen, Daikonkresse, Tobiko und Reispapier. Mal etwas anderes. Auch wenn hier mal eine Butterkrebsfüllung untergeht zwischen anderen Aromen und da die salzige Lachshaut etwas zu dominant ist.

JaVi

Qualität: ● ● ● ○ ○

Service: ● ● ● ● ○

Ambiente: ● ● ● ● ○

Preis/Leistung: ● ● ● ○ ○

Schleißheimer Straße 182

Telefon: 089 - 30 66 67 70

info@javi-restaurant.de

www.javi-restaurant.de

Öffnungszeiten

täglich 11.30 bis 14.30 und 17.30 bis 23 Uhr

Das JaVi ist nicht das einzige Restaurant, das Rollen dieser Art anbietet. Etwas Besonderes ist es dennoch. Einen Preis haben diese Rollen aber auch. Und ob man nicht doch lieber zweimal weniger im JaVi essen geht, wo sich viel um den Schein statt ums Sein dreht, und sich dafür lieber einmal mehr richtig gutes, klassisches Sushi gönnt, sei jedem selbst überlassen. Einen schönen Abend in lockerer Atmosphäre, umsorgt von aufmerksamem Service, vielleicht mit bunten Cocktails zu bunten Sushirollen, den kann man hier durchaus haben.

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URL:
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Quelle:
SZ vom 20.08.2020/wean
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