Süddeutsche Zeitung

Schwabing:Noch eine Poststelle weniger

Seit den 1920er Jahren gibt es an der Agnesstraße eine Poststelle - nun soll der Standort bis Ende des Jahres schließen. Die Kunden reagieren entsetzt - und die Deutsche Post sucht nach einem neuen Partner in der Nähe.

Von Ellen Draxel, Schwabing

Die Poststelle in der Agnesstraße, die sogenannte Agnespost, schließt ihre Pforten. Einen konkreten Termin dafür gibt es laut der Postbank, die Hauptmieterin der Filiale ist, zwar noch nicht. "Bis Ende des Jahres" werde man den Standort Agnesstraße 1-5 aber definitiv aufgeben, bestätigt Postbank-Sprecher Hartmut Schlegel auf SZ-Anfrage.

Damit macht innerhalb kürzester Zeit die zweite Anlaufstelle für Postdienstleistungen im westlichen Schwabing zu. Bereits Ende dieses Monats schließt die Postbank ihre Zweigstelle an der Angererstraße 7c, und mir ihr muss auch die dort integrierte Post gehen. Proteste von Kunden und Politikern, diese Filiale angesichts des enormen Andrangs doch bitte weiterzuführen, hatten keinen Erfolg.

Die Postbank verwies Ende Januar in einer Pressemitteilung sogar noch darauf, Kunden könnten alternativ ja die Post an der Agnesstraße aufsuchen. Nicht geschlossen wird nach Angaben des Sprechers der Deutschen Post in München, Dieter Nawrath, aber zumindest die Großannahmestelle der Post an der Saarstraße 7 - trotz anderslautender Gerüchte. An der Saarstraße gibt es keine Postbank.

Kunden der Post an der Agnesstraße 1-5 reagieren entsetzt auf die Ankündigung der Postbank. "Die Agnespost ist extrem stark frequentiert, da ist immer eine Schlange, egal, wann man hinkommt", erzählt eine Schwabingerin. An Weihnachten seien die Briefkästen regelrecht "übergequollen" und die Leute bis zum gut 150 Meter entfernten Elisabethmarkt angestanden. Viele Menschen fragen sich deshalb nun, wo sie künftig hingehen sollen, um Briefmarken zu kaufen oder Pakete wegzuschicken. Denn das nächste Postamt ist erst an der Münchner Freiheit - und auch das ist bereits gut ausgelastet.

"Wir möchten schon gerne in der Nähe der Agnesstraße bleiben", sagt dazu Post-Sprecher Nawrath. Deshalb strebe man eine Kooperation mit einem anderen Partner als der Postbank an. Solche Partnerfilialen mit Einzelhandelsgeschäften, in denen neben dem Sortiment des Partners auch postalische Dienste angeboten werden, gebe es bereits an vielen Orten. Da die Schließung bislang nicht bekannt war, habe die Post ihre Fühler noch nicht ausgestreckt. Jetzt aber, sagt Nawrath, "würden wir uns über Bewerbungen freuen".

Über dem Eingang finden sich Postheilige

Schon aus historischen Gründen ist die Schließung der Agnespost bedeutsam. Denn das denkmalgeschützte Gebäude wurde bereits im Verzeichnis der Postanstalten für das Jahr 1929 unter der Nummer "Postamt 13 Agnesstraße 3" geführt. 1925/26 nach Plänen der stilbildenden Architekten der Postbauschule Robert Vorhoelzer und Franz Holzhammer errichtet, war der fünfgeschossige Walmdachblock von Anfang an für die Post konzipiert - samt Postamt im Erdgeschoss und Postbeamtenwohnungen in den oberen vier Stockwerken. Sogar Postheilige finden sich über dem Eingangsportal.

Dass die Postbank, die seit Mai 2020 zur Deutschen Bank gehört, zunehmend Filialen schließen will, in denen auch die Deutsche Post mit angesiedelt ist, bekamen Kunden schon an mehreren Standorten zu spüren, etwa an der Bergmannstraße auf der Schwanthalerhöhe. Dort haben sich inzwischen mehr als 1000 Menschen im Protest vereint, unter ihnen Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD). Dabei sind die Argumente, weshalb man die Zweigstellen dichtmacht, stets dieselben.

Eine Filiale müsse wirtschaftlich sein, die Kundenfrequenz sei nicht entscheidend

"Eine Filiale", erklärt Postbank-Sprecher Schlegel als Antwort auf die Anfrage zur Agnespost, "schließen wir grundsätzlich nur dann, wenn sie sich nicht mehr wirtschaftlich betreiben lässt". Der Aufwand müsse "in einem ausgewogenen Verhältnis zum Ertrag" eines Stützpunkts stehen. Diese Relation aber habe sich in den vergangenen Jahren infolge eines geänderten Verhaltens der Postbank-Kunden verschoben. Die Filiale in der Agnesstraße, so das Ergebnis einer Prüfung, lasse sich "nicht mehr kostendeckend betreiben".

Schlegel betont, dass "die Kundenfrequenz dabei nicht der entscheidende Indikator" sei. Es gehe vor allem um Dienstleistungen: Das Verhältnis zwischen reinen Serviceleistungen und "wertschaffendem Neugeschäft" durch Abschlüsse und Nutzung von Bankprodukten müsse stimmen. "Nur durch eine stetige Anpassung unseres Filialnetzes können wir langfristig unsere Rentabilität sicherstellen."

Die Entscheidung, den Standort an der Agnesstraße zu schließen, habe die Bank sich "nicht leicht gemacht". Der Postbank, versichert Schlegel, sei es "wichtig, dass die Bargeldversorgung der Kunden und die Versorgung mit Postdienstleistungen sichergestellt sind". Die Filiale an der Agnesstraße bleibe daher bis auf weiteres geöffnet, "solange, bis die Deutsche Post eine neue Partnerfiliale gefunden hat, die die Versorgung mit Postdienstleistungen übernimmt".

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Quelle:
SZ vom 15.02.2021/infu, van
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