Schwabing:Was aus dem Karstadt am Nordbad werden könnte

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Geht es nach den Vorstellungen des Investors, dann könnte der Neubau auf dem früheren Karstadt-Areal so aussehen. Simulation: Oliv Architekten, Thomas Sutor/oh (Foto: N/A)

Ende des Monats räumt der Kaufhaus-Konzern das Gebäude. Der Eigentümer plant einen sechsstöckigen Neubau mit Büroflächen, Nahversorgern und Gastro. Von Wohnungen will er nichts wissen.

Von Ellen Draxel, Schwabing

Der Karstadt am Nordbad ist Geschichte. Endgültig. Ende des Monats räumt der Warenhauskonzern Galeria Karstadt Kaufhof das Gelände. Entstehen soll an der Schleißheimer Straße 93 nun ein Neubau - samt großem Nahversorger und Büros für rund 1000 Menschen. "Wir halten einen Gewerbestandort mit Restaurant oder Café, Backshop und Läden an dieser Stelle für absolut sinnvoll", sagt Stefan Pfender. Der Diplom-Kaufmann ist Mitgesellschafter der Ariston Grundbesitz GmbH & Co. 8. Beteiligungs KG, die das Grundstück im August 2019 in Erbpacht von der Highstreet Holding GbR, einem Konsortium unter der Führung von Goldman Sachs, übernommen hat. Der Karstadt-Mietvertrag hatte da noch eine feste Laufzeit von sieben Jahren sowie Mietoptionen für weitere 15 Jahre, das Kaufhaus am Nordbad hätte also noch weitere 22 Jahre betrieben werden können. Doch dann kam Corona. Karstadt, das Unternehmen, das das Gebäude 1967 nach eigenen Plänen selbst errichtet hatte, bezahlte von April an keine Miete mehr.

"Diese Insolvenz hat uns ziemlich überrollt", gibt Pfender zu. Aber Ariston reagierte schnell. Die Firma startete eine umfangreiche Standortanalyse, führte Gespräche mit diversen Nahversorgern. "Das Ergebnis war immer dasselbe", erinnert sich Pfender. "Langfristig hätten den Standort mitten in Schwabing alle gerne gehabt, nur nicht als Zwischennutzung." Errichtet werden soll dort deshalb nun ein Neubau. Sechs Stockwerke hoch, mit rund 30 000 Quadratmetern Bürofläche in den oberen Etagen, einer dreigeschossigen Tiefgarage mit 371 Stellplätzen, die auch für die Nachbarschaft rund um die Uhr geöffnet haben soll, und einem Nahversorger mit mindestens 2500 Quadratmetern Verkaufsfläche im ersten Untergeschoss. Der Entwurf stammt vom Münchner Architekturbüro Oliv GmbH Thomas Sutor. Wohnnutzung sieht der Investor auf diesem in einem Kerngebiet liegenden Grundstück nach eigener Aussage nicht vor.

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"Unser Ziel ist, als Nahversorger jemanden anzusiedeln, der ein hochwertiges Lebensmittelsortiment anbietet", sagt Pfender. Keine Feinkost, aber idealerweise einen Anbieter mit Fischtheke und echtem Metzger. "Der Karstadt hatte ein solches Angebot früher auch, und dieses hohe Niveau wollen wir wieder etablieren." Abgerundet werden soll das Sortiment mit "haushaltsnahen Produkten" wie Kurzwaren, da diese Bereiche schon beim Karstadt schwarze Zahlen schrieben. Nicht mehr zu haben sein wird dagegen Kleidung - "das, wissen wir, lohnt sich nicht".

Die von Ariston nun ins Auge gefasste Architektur bietet im Erdgeschoss und ersten Stock außerdem Platz für Gastronomie und weitere Läden, "eine Post beispielsweise oder eine Amazon-Abholstation". In diesen Etagen soll der Neubau entlang der Schleißheimer Straße sechs und an der Elisabethstraße zwei Meter zurückspringen - um öffentlichen Platz unter Arkaden freizumachen. Restaurant-Gäste, die draußen sitzen wollen, hätten so ein Dach über dem Kopf. Auch eine Kindertagesstätte für Mitarbeiterkinder ist geplant, allerdings ohne Freifläche. Der Investor verweist auf einen Spielplatz in der Nähe hinter dem Stadtarchiv. Der Innenhof soll begrünt werden, "ob er öffentlich zugänglich ist, hängt von den Mietern ab", sagt Pfender. Vermietet Ariston die Räumlichkeiten als Ganzes, ist es Sache des Pächters, den Hof privat zu nutzen. Bei mehreren Mietern bleibt die Zone jedem zugänglich.

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Und die Erschließung? Der Büroeingang ist an der Elisabethstraße vorgesehen, im Gebäude selbst soll es vier Treppenhäuser geben. Den Nahversorger erreicht man von der Schleißheimer Straße aus. Und die Anlieferung erfolgt über die Winzererstraße, "dazu haben wir uns sehr viele Gedanken mit den Architekten gemacht", sagt Pfender. Auch der zeitliche Ablauf ist terminiert: Beginnen will Ariston mit dem Projekt im Herbst 2021, drei Jahre später soll der Bau bezugsfertig sein.

Doch so konkret das Vorhaben aus Sicht des Unternehmens auch zu sein scheint, in trockenen Tüchern ist es noch nicht. Denn der Bezirksausschuss (BA) Schwabing-West hat den Antrag auf Vorbescheid erst einmal abgelehnt. "Wir sind zwar sehr gesprächsbereit und auch froh, wenn da schnell was Schönes hinkommt", sagt Gremiums-Chefin Gesa Tiedemann (Grüne). "Aber wir wollen Wohnen, ein vernünftiges Nahverkehrskonzept, und dass die Bäume rundherum erhalten bleiben."

Der BA rechnet insbesondere der großen Tiefgarage wegen, die rund hundert Stellplätze mehr haben soll als vorgeschrieben, mit einer "erheblichen zusätzlichen Verkehrsbelastung". Deshalb fordert er ein "transparentes Verkehrskonzept, das der neuen Bebauung Rechnung trägt und das Viertel möglichst minimal beeinträchtigt". Der Freiflächenplan soll laut BA-Forderung überarbeitet werden, auch hinsichtlich einer Nutzung der Dachflächen. Vor allem aber favorisiert das Gremium den Bau von bezahlbarem Wohnraum. Laut Ingo Trömer, Sprecher im Planungsreferat, wäre an dieser Ecke "im Hinblick auf die umliegende Nutzungsmischung auch Wohnen planungsrechtlich zulässig".

© SZ vom 09.10.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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