Westschwabings Lokalpolitiker wollen das Hohenzollernkarree als "stadtbildprägendes Ensemble" unter Denkmalschutz gestellt wissen. Die Architektur der 1935/36 errichteten Blockrandbebauung im Geviert zwischen Fallmerayer-, Herzog-, Erich-Kästner- und Clemensstraße sei "markant" und stehe "ganz in der Tradition der Genossenschaftsbauten der Zwanzigerjahre des 20. Jahrhunderts", heißt es in einem von der Linken-Fraktion initiierten und einstimmig beschlossenen Antrag. Es wäre ein "unwiederbringlicher Verlust, wenn diese prägende Bebauung" - in unmittelbarer Nachbarschaft zum denkmalgeschützten Ensemble Nordschwabing - "einer gesichtslosen Neubebauung weichen müsste".
Der Antrag der Bürgervertreter hat einen konkreten Anlass: Der Eigentümer des Karrees will nachverdichten. Und zwar sowohl im begrünten Innenhof, einer bislang 6200 Quadratmeter großen, preisgekrönten Frischluftoase mitten im dichtbesiedelten Schwabing, als auch durch eine Aufstockung. Zwar hat die Lokalbaukommission den ersten Bauantrag des Investors noch abgelehnt, weil diese Planung das zulässige Baurecht überschritt. Die grundsätzliche Erlaubnis aber, das Baurecht auszuschöpfen, hat die Genehmigungsbehörde bereits 2017 im Rahmen eines rechtlich bindenden Vorbescheids erteilt. Das bedeutet, dass zusätzlich zu den bereits 230 vorhandenen Wohnungen weitere 80 entstehen könnten.
Weil der Lokalbaukommission nicht bekannt ist, ob eine Aufstockung der Bestandsgebäude statisch überhaupt möglich ist, kann sie sich auch einen Abriss oder Teilabriss der alten Häuser vorstellen. Zwar müsste dann eine erhaltungssatzungsrechtliche Genehmigung eingeholt werden, da die Wohnanlage in einem Erhaltungssatzungsgebiet liegt. Es würde jedoch genügen, wenn Ersatzwohnraum im Neubau entstehen würde. Noch sei nichts entschieden, sagt Planungsreferats-Sprecher Ingo Trömer. Eine "baldige Entscheidung" sei aber "absehbar".
Viele der früheren Mieter sind längst schon ausgezogen
Das aus 23 Häusern bestehende Hohenzollernkarree ist schon seit Jahren ein Spielball von Immobilienspekulanten. Alles begann, als die Bayerische Beamtenversicherung Anfang 2014 das Anwesen an den Immobilienkonzern Patrizia verkaufte. Kurz darauf sollten Balkone angebaut werden - als "optische Aufwertung, um mögliche Käufer zum Geldausgeben zu animieren", wie die Lokalpolitiker seinerzeit mutmaßten. Kurz darauf kam jedoch das Umwandlungsverbot, und weil die Patrizia nicht den Klageweg beschreiten wollte, veräußerte sie die Anlage an die kurz zuvor gegründete Max-Emanuel-Immobilien GmbH.
Ende 2016 stellte die neue Eigentümerin erstmals den Antrag auf Nachverdichtung im Innenhof. Zwei Jahre später kündigte sie kurz vor Silvester Modernisierungen an. Der Münchner Mieterverein reichte daraufhin eine Musterfeststellungsklage gegen Mieterhöhungen aufgrund von Modernisierungen beim Bundesgerichtshof ein, unterlag aber.
Das jahrelange Zermürben aufgrund immer neuer Planungen, Modernisierungen und Mieterhöhungen des Eigentümers hat inzwischen dazu geführt, dass zwei Drittel der früheren Mieter nicht mehr im Hohenzollernkarree wohnen.
Korrekturhinweis: In einer früheren Version des Artikels hieß es, der Bayerische Beamtenbund habe das Hohenzollernkarree 2014 an die Patrizia verkauft. Das ist falsch, es handelte sich um die Bayerische Beamtenversicherung. Zudem war in einem Zitat fälschlicherweise vom 19. Jahrhundert die Rede, in dem das Hohenzollernkarree errichtet wurde. Korrekterweise handelt es sich um das 20. Jahrhundert. Wir haben die Stellen korrigiert und bitten, die Fehler zu entschuldigen.