Ausgesetzter Säugling:Polizei ermittelt gegen Vater von Findelkind

Findelkind an Neujahr in München entdeckt

Hinter dieser, nur von der Rückseite zugänglichen Glastür wurde das Mädchen am Neujahrstag in einer Baby-Transportschale gefunden.

(Foto: dpa)
  • Am Neujahrstag wurde ein zwei Monate altes Mädchen ganz allein in einem Hausdurchgang gefunden - abgestellt in einer Babyschale.
  • Laut Polizei ist das Baby in einem guten körperlichen Zustand und wird derzeit vom Münchner Jugendamt betreut.
  • Der Vater tauchte selbst noch am Auffindeort auf. Gegen ihn wird nun wegen des Verdachts der Aussetzung seines Kindes ermittelt.

Von Martin Bernstein

Das zwei Monate alte Mädchen lag in einer Babyschale in einem eiskalten Hausdurchgang und schrie erbärmlich. Damit machte es seinen Nothelfer auf sich aufmerksam. Peter Kneffel hatte am frühen Neujahrsnachmittag gerade mit einer Wohnungsauflösung im Haus an der Schwabinger Petra-Kelly-Straße zu tun, als die Schreie ihn aufhorchen ließen. Der 50-Jährige, der beruflich als Fotograf für die Nachrichtenagentur dpa unterwegs ist, schaute nach und fand das Kind, daneben ein Fläschchen und - wohl zum Schutz vor Kälte - untergelegte Kleidungsstücke. Handschuhe hatte der Säugling nicht an und, was noch schlimmer war, auch keine Mütze auf dem Kopf. Nur ein Tuch lag über dem Kopf. Für ein Kleinstkind kann das bei Lufttemperaturen knapp über dem Gefrierpunkt schnell gefährlich werden.

Kneffel und seine Lebensgefährtin holten das Baby erst einmal ins Warme, in ihren Kleinbus, schalteten die Standheizung ein und alarmierten die Polizei. Eine italienische Familie, die das Ganze mitbekommen hatte, brachte Babymilch für die Kleine. Ein Findelkind, irgendwo ausgesetzt - diesen Verdacht hatten zunächst nicht nur die Polizisten, die zusammen mit dem Kindernotarzt der Feuerwehr und dem Notdienst des Jugendamts am Auffindeort eintrafen. "Mich hat das ganz schön mitgenommen", sagt noch am Tag darauf Peter Kneffel, der von Berufs wegen schlimme oder gefährliche Situationen eigentlich gewohnt ist. Das Mädchen wurde in ein Krankenhaus gebracht, wo es über Nacht blieb. Laut Polizei ist das Baby aber in einem guten körperlichen Zustand. Es hatte zwar eiskalte Händchen, doch keine Verletzungen.

Die Suche nach den Eltern dauerte indes nicht lange - sie wohnen in unmittelbarer Nähe. Tatsächlich tauchte der Vater selbst am Auffindeort auf, noch während die Einsatzkräfte dort mit der ersten Befragung von Anwohnern begannen, machte sich aber zunächst nicht bemerkbar. Offenbar wiesen erst Nachbarn die Polizei auf ihn hin. Bei dem 28-Jährigen wurde eine Blutentnahme durchgeführt, ein Ergebnis lag am Donnerstagnachmittag noch nicht vor. Auch die Vernehmung des Mannes durch die Kriminalpolizei stand noch aus. Bislang ist also völlig unklar, warum er sein Kind in dem nur durch eine Glastür vor Wind geschützten Durchgang abgestellt hatte. Offen blieb auch, ob und wann er das Baby wieder abgeholt hätte und was die 31 Jahre alte Mutter, seine Ehefrau, von dem Geschehen mitbekommen hatte.

Gegen den Mann wird jetzt vom Vermisstenkommissariat 14 wegen des Verdachts der Aussetzung seines Kindes ermittelt - das Strafgesetzbuch sieht dafür Freiheitsstrafen von bis zu zehn Jahren vor. Der 28 Jahre alte Angestellte ist bereits wegen verschiedener anderer Delikte polizeibekannt - darunter Körperverletzung, Diebstahl und Betrug.

Um das Baby kümmert sich derweil das Münchner Jugendamt. Wie es für das Mädchen weitergeht, ist noch offen, eine Erklärung des Sozialreferats steht aus. Zu seinen Eltern wurde das Kind zunächst nicht zurück gebracht.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: