Kommentar:Der lange Weg zum kleinen Sieg

25 Jahre hat es gedauert, ehe aus dem Artur-Kutscher-Platz, einem Ort stadtplanerischer Verwahrlosung, ein hübscher Treffpunkt für Nachbarn wurde.

Von Thomas Kronewiter

Über eine "stadtplanerische Verwahrlosung" schrieb die SZ am 12. Dezember 1996, also vor einem Vierteljahrhundert. Gemeint war damals schon der Artur-Kutscher-Platz im östlichen Schwabing. Seitdem begleiten Debatten die Zukunft des Fleckens, den lange eine Wertstoffinsel und parkende Autos dominierten und der nicht gerade dazu einlud, sich dort aufzuhalten. 2005 kamen intensivere Neugestaltungsforderungen aus Anwohner- und Bezirksausschuss-Kreisen, 2008 Klagen über eine - ungeachtet der Hässlichkeit des Ortes - dorthin abgewanderte Drogenszene. 2011 machte ein ortsansässiger Architekt konkrete Gestaltungsvorschläge, damit kam neuer Drive ins Thema. Bis der Platz aber die erhoffte Aufenthaltsqualität bekam, sollte es von da an noch weitere zehn Jahre dauern.

Ein außergewöhnlicher Fall? Nein, eigentlich eher die Regel, obwohl mit dem Artur-Kutscher-Platz eine sehr überschaubare Ecke und - anders als in Freiham - kein ganzes Viertel zum Blühen gebracht werden sollte. Freilich gibt es auch den Fall der Amtsplanung, also dass etwa das Baureferat von sich aus die Initiative ergreift und, nach einem entsprechenden Beschluss des Stadtrats, Straßen oder Plätze in der Stadt innerhalb weniger Jahre aufhübscht. Der Artur-Kutscher-Platz aber wäre in der Prioritätenliste der Verwaltung vermutlich nicht an vorderster Stelle gelandet.

Dass man sich dort aber inzwischen gerne am Brunnen hinsetzt, vielleicht einmal mit dem Nachbarn plaudert oder das Kind im Kinderwagen ein wenig Sonne tanken lässt, ist maßgeblich der Hartnäckigkeit von Anwohnern sowie der Rückendeckung durch engagierte Stadtviertelpolitiker mit Ortskenntnis zu verdanken. Wer sich vor 25 Jahren für eine Neugestaltung des Artur-Kutscher-Platzes stark gemacht hat, darf sich heute über einen kleinen persönlichen Sieg freuen. Und vermutlich konstatieren, dass sich das Engagement gelohnt hat. Siege wie diese gibt es nicht zu oft - es ist denn auch bezeichnend, dass man ein Vierteljahrhundert darauf warten musste.

Wenn der eine oder andere euphorische Münchner im Kampf um solche Siege auf dem langen Marsch dahin erlahmt, ist es einerseits menschlich nur zu gut zu verstehen. Es zeigt andererseits aber auch, dass die Stadtgesellschaft von heute mitunter allzu fahrlässig eine ihrer wertvollsten Ressourcen nicht gut genug ausschöpft: die Mitwirkungsbereitschaft und die Kraft ihrer Bürger. Wer (allzu) oft vergebens angerannt ist, mag irgendwann nicht mehr.

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