Kampf gegen Luxussanierung:München sendet ein Signal für die ganze Republik

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Das Haus in der Agnesstraße 48 könnte ein Beispiel dafür werden, wie die Politik der Verdrängung entgegensteuern kann. (Foto: Alessandra Schellnegger)

Das Haus an der Agnesstraße 48 ist ein Beispiel dafür, wie die Politik deutschlandweit dem Wohnungswucher entgegensteuern kann. Doch die einstigen Bewohner haben davon nichts.

Kommentar von Anna Hoben

Das Haus mit der Adresse Agnesstraße 48 hat es bereits in die Bundespolitik geschafft. Die damalige SPD-Fraktionschefin Andrea Nahles nannte den Fall im Jahr 2018 ein Extrembeispiel dafür, wie Heimat in den Ballungszentren zunehmend unter Druck gerät. "Bürger werden mit Luxussanierungen und explodierenden Mieten aus ihrem angestammten Quartier gedrängt", sagte sie.

Die Bundespolitik müsse "extreme Mieterhöhungen nach Modernisierungen oder Sanierungen stoppen" und zugleich bezahlbaren Wohnraum schaffen. Drei Jahre später könnte die Agnesstraße 48 ein Beispiel dafür werden, wie die Politik der Verdrängung entgegensteuern kann. Die einstigen Bewohner, das ist die bittere Kehrseite, haben davon allerdings nichts - sie sind ja längst aus ihrem Zuhause vertrieben worden.

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Damals war es eine beliebte Methode mancher Investoren: ein Haus kaufen, Luxussanierung ankündigen mit der Aussicht auf zwei- oder dreifache Mietsteigerung. Die Bewohner zogen dann meist aus, zermürbt. Solche immensen Steigerungen sind seit einer Änderung im Mietrecht im Jahr 2019 zum Glück nicht mehr möglich - die zulässige Modernisierungsumlage ist mittlerweile begrenzt.

Zwei Jahre hat das Haus in der Agnesstraße leer gestanden. Nun wollte der Eigentümer es verkaufen, für 35 Millionen Euro. Das sind, bei 15 Wohnungen, im Durchschnitt 2,3 Millionen Euro pro Wohnung. Man sieht an dem Beispiel exzellent, wie es den Kaufpreis in die Höhe treiben kann, wenn eine Immobilie schon leer geräumt ist. Auch der gedämpfte Preis, den die Stadt nun zahlen will, ist horrend. Dass der Stadtrat sich dafür entschieden hat, ist trotzdem richtig. Denn der Fall könnte zum Präzedenzfall werden und Investoren in gewisse Schranken weisen.

Auch wenn er rechtliche Risiken birgt: Die Grundvoraussetzungen schafft ein neues Gesetz, das in der vergangenen Legislaturperiode maßgeblich die SPD durchgesetzt hat. Im Stadtrat zeigte sich am Mittwoch aber auch, welche Schwierigkeiten in Berlin bei Ampelverhandlungen auf die möglichen Partner zukommen: Die FDP steht beim Mieterschutz SPD und Grünen diametral entgegen.

© SZ vom 30.09.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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