München:Schutz vor der Gewalt

Das Frauenhaus des Landkreises München hat sich schnell etabliert

Sie werden geschlagen, gedemütigt, vergewaltigt und eingesperrt: 3225 Fälle von Gewalttaten durch den Partner hat die Polizei in der Stadt und dem Landkreis München 2015 verzeichnet. Die Opfer sind in den meisten Fällen Frauen. Anlässlich des Internationalen Tages zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen am Donnerstag kamen im Landratsamt München unter anderen Vertreter der Interventionsstelle, der Seniorenhilfe und der Frauenhäuser zusammen: Die Erfahrungsberichte aus dem Frauenhaus und der Männerberatung machten deutlich, dass das Unterstützungsangebot des Landkreises so stark nachgefragt wird, dass es an der Kapazitätsgrenze ist.

"Im Kampf gegen Gewalt müssen beide Seiten, sowohl Opfer als auch Täter, Raum zur Verarbeitung bekommen", erklärt die Gleichstellungsbeauftragte Teresa Howorka. Opfern Schutz zu bieten, sie bei der Aufarbeitung zu unterstützen, das ist seit der Eröffnung des ersten Frauenhauses des Landkreises im April dieses Jahres möglich. "Es liegt uns am Herzen, die Frauen dort abzuholen, wo sie stehen, ihnen einen Ort zu schaffen, wo sie sich mit ihren Kindern sicher fühlen", sagt die Leiterin der Einrichtung, Maria Colell.

Im Haus finden Frauen, die von häuslicher Gewalt betroffen oder bedroht sind, für eine Übergangszeit Schutz. "Die Betreuungsmöglichkeiten sind begrenzt. Wir hoffen, dass sich das in Zukunft ändert", sagt Colell. Vorrang haben Betroffene aus dem Landkreis, bei ausreichender Kapazität dürfen auch Frauen aus München in das Frauenhaus ziehen. Zurzeit wohnen dort sieben Frauen und 13 Kinder.

Die meisten hätten lange die Situation in den eigenen vier Wänden ertragen, sagt Colell, zu groß seien die Existenzängste. Wo soll ich mit meinen Kindern leben? Wie soll ich eine Wohnung finanzieren? Das sind zentrale Fragen, die sie beschäftigen. Mit Kooperationspartnern wie dem Jobcenter und dem Wohnungsamt versuchen die Mitarbeiterinnen des Frauenhauses, dessen Träger der Sozialdienst katholischer Frauen ist, ihnen zu helfen. Große Aufmerksamkeit wird auch den Kindern im Haus geschenkt, denn diese kriegen mehr von den Auseinandersetzungen der Eltern mit, als anzunehmen ist. Das Verhältnis von Vater und Kind unterscheidet sich meist von der Beziehung zur Partnerin. Deshalb schildert Colell Fälle, in denen der Kontakt zwischen Vater und Kind weiter bestehen blieb oder daran gearbeitet wurde. Auch die meisten Frauen kehren laut Colell wieder zurück zu ihren Partnern - in der Hoffnung, dass er sich geändert hat.

Männer, die sich bessern wollen, finden in Gewaltberater Thomas Bahr einen Ansprechpartner. Er nähert sich im Pilotprojekt "Männerberatung im Landkreis München" seinen Klienten an, auch durch direkte Konfrontation. Im nächsten Jahr wird aufgrund der starken Nachfrage die kostenlose Beratung zwei- statt einmal in der Woche angeboten. "Täterarbeit ist auch Opferschutz. Gewaltverhalten ist veränderbar, wenn ich mich für etwas entscheide, kann ich mich auch dagegen entscheiden", ist Bahr überzeugt.

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