Prozess wegen Corona-Schulschwänzerei:"Ich habe ja Bescheid gesagt, dass sie nicht kommen"

Prozess wegen Corona-Schulschwänzerei: Bei einem Vater hatten sich Bußgeldbescheide in Höhe von 18 000 Euro angesammelt.

Bei einem Vater hatten sich Bußgeldbescheide in Höhe von 18 000 Euro angesammelt.

(Foto: Sebastian Gollnow/dpa)

Vor dem Amtsgericht wird gegen Eltern verhandelt, die ihre Kinder wegen der Masken- und Testpflicht monatelang nicht in die Schule geschickt haben. Ihre Rechtfertigungen fallen unterschiedlich aus - die Höhe der Bußgelder auch.

Von Susi Wimmer

Es sind erstaunliche Erkenntnisse, die am Montag durch Gerichtssaal A 224 hallen. Das Tragen einer Schutzmaske verursacht Sprachstörungen, behauptet die eine. Ein anderer ist überzeugt, dass bei Schnelltests unzumutbare gesundheitsgefährdende Stoffe ausdampfen. Sie alle sind Eltern, sie alle stehen vor Gericht, weil sich, wie sie sagen, ihre Kinder seit Einführung der Masken- und Testpflicht an Schulen geweigert hatten, den Unterricht zu besuchen.

Bei einem Vater hatten sich sogar Bußgeldbescheide wegen Verletzung der Schulpflicht in Höhe von 18 000 Euro angesammelt. Einen ganzen Tag lag verhandelt Amtsrichterin Ines Tauscher über die Schulverweigerer-Eltern, die Einspruch gegen die Bescheide eingelegt hatten. Und einen Satz gibt sie fast allen mit auf den Weg: "Überlegen Sie bitte, ob Sie Ihre Rechtsauffassung auf dem Rücken Ihrer Kinder austragen wollen."

Zum Beispiel Sonja W. Die 44-Jährige ist schon mal überzeugt, dass ihre beiden Kindern nicht unentschuldigt der Schule fern blieben. "Ich habe ja Bescheid gesagt, dass sie nicht kommen." Mit Händen und Füßen würden sich ihr Sohn und ihre Tochter gegen die Testerei wehren, "ich habe mein Möglichstes getan", versichert sie. Ihr Anwalt erscheint nicht zum Gerichtstermin, "er betritt das Gebäude nicht, wenn Maskenpflicht ist". Und auch sie selbst legt ein Attest vor und erscheint mit einem Plastikschild vor dem Gesicht, weil sie keine Maske trägt. "Man lebt halt bestimmte Werte vor", sagt Richterin Tauscher dazu.

Ein Jugendlicher fehlt mehr als ein halbes Jahr und muss wiederholen

Die Tochter von Sonja W. sei wegen ihrer Haltung in der Schule gemobbt worden. "Haltet Abstand zu ihr", sagten die Mitschüler. Der Sohn, der von Oktober 2021 bis Mai 2022 nicht in der Schule war, muss die Klasse zum zweiten Mal wiederholen, weil er das Klassenziel nicht erreicht. "Ist es das wert?", fragt Tauscher. Am Ende muss Sonja W. 500 Euro Bußgeld bezahlen, und der Vertreter der Landeshauptstadt München sagt: "Corona ist nicht vorbei und es wird auch im Herbst nicht vorbei sein." Der heute 16-jährige Sohn laufe dann Gefahr, bei erneutem Schulschwänzen eigene Bußgeldbescheide zu erhalten.

Ein 67-jähriger Rentner aus Pullach doziert, dass die Maske schädlich für das Immunsystem sei, er müsse seine neun- und zwölfjährigen Kinder schützen. Selbstverständlich hätten diese ihren eigenen Willen und würden nicht von den Eltern beeinflusst. Die Schnelltests seien ebenso gesundheitsschädlich, der Spucktest ginge noch. "Aber was macht man, wenn der positiv ist? Dann kommt der PCR-Test!" Welche bedrohlichen Auswirkungen ein Abstrich im Hals oder in der Nase haben kann, diese Ausführungen erspart er dem Gericht.

Bei einem IT-Spezialisten haben sich 18 000 Euro angesammelt an Bußgeldbescheiden. Offenbar werde das in den Schulen auch unterschiedlich gehandhabt, meint die Richterin. Die einen melden Absenzen alle zwei Tage, andere sammeln sie über einen Monat an. Entsprechend unterschiedlich fällt dann der Geldbetrag aus. Die Kinder hätten sich gegen Maske und Tests geweigert, behauptet auch er. Am Ende verhängt das Gericht 2000 Euro Bußgeld und den Satz: "Kinder spiegeln die Probleme der Eltern wider."

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