Schule und Corona:Klassenfahrten mit Risiko

Schule und Corona: Ausflüge, Schullandheimaufenthalte und Klassenfahrten sollen trotz Corona in vielen Schulen wieder stattfinden.

Ausflüge, Schullandheimaufenthalte und Klassenfahrten sollen trotz Corona in vielen Schulen wieder stattfinden.

(Foto: imago)

Die Kinder sollen endlich wieder Gemeinschaft erleben - doch einige Schulen in München zögern, ob sie Ferienheime, Skilager und andere Fahrten trotz Corona anbieten können. Sie fürchten das Infektionsrisiko und hohe Stornogebühren.

Von Kathrin Aldenhoff

Klassenfahrten gehören am Maria-Theresia-Gymnasium nach der Corona-Zwangspause in diesem Herbst endlich wieder dazu. Und so sind die fünften und zwei sechste Klassen dann auch ins Schullandheim gefahren. Die Kinder haben sich drei Mal die Woche getestet, wie in der Schule auch. Dennoch gab es einen größeren Ausbruch: Am Freitag vor der Abfahrt wurden in einem Schullandheim, in dem zwei fünfte Klassen waren, zwei Kinder positiv getestet. In den folgenden Tagen kamen immer mehr Fälle dazu, am Ende waren 43 von 51 Kindern mit dem Coronavirus infiziert.

Als die zehnten Klassen kurz darauf ins Lern- und Sportcamp gefahren sind, haben sie sicherheitshalber jeden Tag getestet. Kein Test war positiv. "Wenn es auf dieser Fahrt auch Fälle gegeben hätte, dann hätte ich wahrscheinlich aufgegeben", sagt die Schulleiterin des Maria-Theresia-Gymnasiums, Birgit Reiter. "Die letzte Entscheidung über die Klassenfahrten liegt bei der Schulleitung. Es ist eine große Last, diese Verantwortung zu tragen."

Seit eineinhalb Jahren müssten Schulleiter schwierige Entscheidungen treffen - mit einer Tragweite, die man im schulischen Bereich vor Corona nicht hatte. Die Eltern der Fünftklässler hätten aber sehr positiv reagiert, erzählt sie. "Die Rückmeldung war, dass sie uns dankbar sind, dass wir ins Schullandheim gefahren sind, weil die Kinder eine tolle Zeit hatten."

Schullandheim, Skilager, Abiturfahrt - es sind diese Ereignisse, an die sich viele später zurückerinnern. Kultusminister Michael Piazolo hatte Anfang September ein normales Schuljahr mit Unterricht in der Schule, Projekten und Klassenfahrten versprochen; die Schüler sollten endlich wieder Gemeinschaft erleben. In einigen Schulen fahren die Klassen nun wieder ins Schullandheim, andere sind noch zurückhaltend, wollen abwarten, wie es weitergeht, wie sich die Infektionszahlen entwickeln.

"Der Wert einer Klassenfahrt ist höher, als das finanzielle Risiko"

"Klassenfahrten dienen der Stärkung der Gemeinschaft. Junge Menschen erleben, welche Freude das Miteinander in der Gruppe macht, und erproben ihre eigene Rolle innerhalb eines Teams", sagt Bürgermeisterin Verena Dietl (SPD). Im Vorfeld seien aber viele Dinge zu klären und zu beachten, etwa die Stornobedingungen, falls eine Fahrt coronabedingt abgesagt werden muss. Oder eben, wie man mit positiven Tests während der Fahrt umgeht. Sie könne vor diesem Hintergrund verstehen, wenn die Schulen behutsam an dieses Thema herangehen, sagte Dietl.

Klassenfahrten seien Gold wert, sagt Michael Hotz, Schulleiter des Wilhelmsgymnasiums. Nach mehreren Lockdowns sei es für die Schülerinnen und Schüler wichtig, als Klasse zusammenzuwachsen und wieder Sozialverhalten zu lernen. "Auf Klassenfahrten lernen Kinder, spielerisch miteinander umzugehen." Falls eine Klassenfahrt abgesagt werden muss, etwa weil mehrere Kinder positiv auf das Coronavirus getestet wurden, müssen die Eltern die Stornierungsgebühren übernehmen, sagt Hotz. Deshalb sei die Teilnahme auch freiwillig. Trotzdem könne jeder mitfahren: Ein sehr aktiver Förderverein unterstütze sozial schwächere Schüler. "Der Wert einer Klassenfahrt ist höher als das finanzielle Risiko", sagt Hotz.

Als wegen der Pandemie kurzfristig Klassenfahrten und Schüleraustausche abgesagt werden mussten, übernahm der Freistaat die Kosten für die Stornierungen - bayernweit waren das nach Auskunft des Kultusministeriums 10,4 Millionen Euro. Inzwischen geschieht dies allerdings nicht mehr. Es sei Aufgabe der Schulen vor Ort, dies bei der Planung von Schülerfahrten zu berücksichtigen und auf eine entsprechende Vertragsgestaltung bei der Buchung zu achten, teilt ein Sprecher des Kultusministeriums mit.

"Wer jetzt eine Klassenfahrt plant, der plant auf eigene Gefahr", sagt der Schulleiter einer Mittelschule, der ungenannt bleiben möchte. An seiner Schule werde es daher erst einmal keine Klassenfahrten geben - er könne den Eltern seiner Schüler die möglicherweise fälligen Stornierungsgebühren nicht aufbürden.

Das Skilager kann auch in diesem Jahr nicht stattfinden

Am Michaeli-Gymnasium in Berg am Laim haben sie nur Fahrten gebucht, die kostenlos zu stornieren sind, erzählt Schulleiter Frank Jung. Das sei Voraussetzung gewesen. Die fünften Klassen sind bereits ins Schullandheim gefahren, einige in der vergangenen Woche, ein paar in dieser Woche. Nur eine Klasse nicht - da habe es einen Corona-Fall gegeben, sagt Jung. Sicherheitshalber blieb dann die ganze Klasse zu Hause.

Das Skilager werde in diesem Schuljahr nicht stattfinden, sagt Jung. Es wäre nicht zu gewährleisten gewesen, dass die Klassen seiner Schule unter sich sind. Das sei aber ein Punkt, auf den sie auch bei der Buchung des Schullandheimes geachtet hätten. Außerdem sei für das Skilager das Zeitfenster sehr eng, und eine kostenlose Stornierung nicht möglich gewesen. Dass das Skilager in den vergangenen Jahren immer im Ausland stattfand, verkompliziert die Sache zusätzlich. Ob am Michaeli-Gymnasium in diesem Schuljahr Schüleraustausche stattfinden werden, ist noch nicht klar.

Der gemeinsame Elternbeirat der Grundschulen in München hat keine eindeutige Meinung zum Thema Klassenfahrten. Das werde kontrovers diskutiert, sagt die Vorsitzende Anke Sponer. Es sei eine Abwägung für jede einzelne Schule, zwischen dem Risiko, Stornierungskosten zahlen zu müssen, dem Gesundheitsrisiko wegen möglicher Infektionen und den positiven Aspekten; denn dass Klassenfahrten wichtig für die Gemeinschaft sind, das sei klar, sagt Sponer. Sie wünscht sich, dass die Schulen darüber nachdenken, wie sie den Schülerinnen und Schülern auf anderen Wegen Gemeinschaftserlebnisse ermöglichen können.

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