Schneider Bräuhaus in München:Nach der Messe zum Bierbaron

Schneider Bräuhaus in München: Zur Feier ihres 150. Gründungstages hat die Familienbrauerei G. Schneider & Sohn in das Schneider Bräuhaus im Tal eingeladen.

Zur Feier ihres 150. Gründungstages hat die Familienbrauerei G. Schneider & Sohn in das Schneider Bräuhaus im Tal eingeladen.

(Foto: Stephan Rumpf)

Am "längsten Stammtisch der Stadt", in ihrem Bräuhaus im Tal, feiert die Weißbierbrauerei "G. Schneider & Sohn" ihr 150-jähriges Bestehen. Zu den Gästen zählten schon Chorherren. Selbst ein Ministerpräsident schaut zur Gratulation vorbei.

Von Franz Kotteder

Kommendes Wochenende wird Georg Schneider seine Lebensgefährtin Jessy heiraten. Die beiden gründen also eine Familie und werden vielleicht Kinder bekommen, darunter womöglich auch einen Sohn. Und an diesem Donnerstagabend beschleicht die 250 geladenen Gäste schon eine leise Ahnung, wie der wohl heißen könnte: Georg VIII. natürlich! Schließlich ist Georg Schneider ja selbst schon eigentlich Georg VII. Schneider, und sein Vater Georg VI. Schneider hat da vorne auf der Bühne eben gerade erzählt, "wie mein Urururgroßvater Georg I. zusammen mit seinem Sohn, meinem Ururgroßvater Georg II., hier 1872 die Brauerei gegründet hat". Man lernt daraus: Nicht nur Päpste, Könige und Fürsten werden nach Vornamen durchnummeriert, sondern auch bayerische Brauereibesitzer. Weshalb man sie früher wohl auch "Bierbarone" nannte.

An diesem Abend hat die Familienbrauerei G. Schneider & Sohn zur Feier ihres 150. Gründungstages in das Schneider Bräuhaus im Tal geladen. Zuvor aber ging es noch in die Heilig-Geist-Kirche gegenüber, zum festlichen Dankgottesdienst in barocker Pracht mit Mozarts "Krönungsmesse" und Händels "Halleluja" aus dem "Messias", dargeboten vom Chor und Orchester der Kelheimer Stadtpfarrkirche Maria Himmelfahrt. Womit schon das zweite Standbein der Brauerei benannt wäre. Denn gegründet wurde die Schneider-Brauerei zwar vor 150 Jahren in München - seit beinahe 75 Jahren aber braut sie nicht mehr hier, sondern in Kelheim. Alles eine Folge des Zweiten Weltkriegs: In einer einzigen Bombennacht 1944 wurde die alte Brauerei, hinter dem Wirtshaus gelegen, nahezu vollständig zerstört, und man verlegte die Braustätte in die ehemalige königliche Weißbierbrauerei nach Kelheim, die schon 1927 ins Portfolio der Brauerei gekommen war.

Die enge Verbindung zu München ist jedoch nie abgebrochen, und die zur katholischen Kirche auch nicht. "Die Weißbierbrauerfamilie Schneider war hier von Anfang an sehr erfolgreich tätig", so Georg VI. in seiner Jubiläumsrede, "sie hatten in der Brauerei und im Wirtshaus so viel zu tun, dass die Chorherren der Heilig-Geist-Kirche nach dem Gottesdienst immer rübergekommen sind und für die Beschäftigten extra noch eine schnelle Messe gelesen haben." Was womöglich - davon darf man ausgehen - für die Chorherren nicht der einzige Grund gewesen sein dürfte, sich auf die andere Straßenseite zu begeben.

Schneider Bräuhaus in München: Gut besucht war die Gaststube auch vor fast 100 Jahren, wie eine Aufnahme aus dem Jahr 1924 zeigt.

Gut besucht war die Gaststube auch vor fast 100 Jahren, wie eine Aufnahme aus dem Jahr 1924 zeigt.

(Foto: Firmenarchiv)

Trotzdem waren die Anfänge nicht so unproblematisch, wie sich das anhört. Denn auch 1872 konnte man nicht so einfach eine Brauerei gründen, schon gar keine, die Weißbier herstellte. Das war jahrhundertelang das Privileg der Wittelsbacher gewesen, die mit dem Erlös ganze Kriege finanzierten. Im 19. Jahrhundert aber kam Weißbier aus der Mode, die Wittelsbacher verpachteten viele ihrer Weißbierbrauereien. Und Georg Schneider, damals Braumeister im Hofbräuhaus und zuständig für Weißbier, gelang es, König Ludwig II. das Braurecht für Weißbier im Hofbräuhaus abzulösen.

Zusätzlich kaufte er den Maderbräu unweit des Rathauses, eine kleine traditionsreiche Brauerei in der Stadtmitte. 1844 war sie Ausgangspunkt einer der größten Bierpreiskrawalle Münchens, bei der nahezu sämtliche Brauereien mit eingeschlagenen Fenstern und zerstörtem Wirtshausmobiliar zurückblieben. 1865 musste der Maderbräu zwangsversteigert werden, er ging an die Bayerische Hypotheken- und Wechselbank, die aber nichts Rechtes damit anzufangen wusste und ihn schließlich für 127 000 Gulden an Georg Schneider und seinen Sohn verkaufte.

Das war dann also die Geburtsstunde der Weißbierbrauerei Schneider und des "Weissen Bräuhauses", wie viele Münchner es heute noch nennen. Die Brauerei hat das Traditionswirtshaus vor einigen Jahren in "Schneider Bräuhaus" umbenannt, durchgesetzt hat sich die neue Bezeichnung allerdings nach wie vor nicht, auch wenn Schneider-Bräu-Geschäftsführer Robert Schraml das Bräuhaus ebenso scherzhaft wie treffend als "Münchens ältesten und schönsten Flagship Store" bezeichnet. Vieles ist auch sonst so geblieben, wie es früher schon war, angefangen beim ersten, ursprünglichen Weißbierrezept von Georg I. Schneider, das später auch als Grundlage für den Weizenbock Aventinus diente, bis hin zu den "vielen lokalen Lieferketten", zu denen sich Schneider in seiner Rede ausdrücklich bekannte.

Oder die Speisekarte, die noch immer auf der traditionellen Münchner Kronfleischküche mit allerlei Innereien basiert. Es gibt sie sonst kaum noch in der Stadt. Und das ist wohl mit ein Grund, warum das Schneider Bräuhaus auch vom aktuellen Gault&Millau Deutschland ausgezeichnet wurde. Aber das Küchenteam unter Chefkoch Josef Nagler hat auch sonst allerhand drauf, was es bei der Jubiläumsfeier schlagend mit vielen kleinen Magentratzerln vorneweg beweist - und sogar mit einem kleinen Ausflug in die Molekularküche als Begleitung zum Rindsfilet.

Schneider Bräuhaus in München: Auf das Jubiläum stoßen Georg Schneider (links) und Wirt Ottmar Mutzenbach an.

Auf das Jubiläum stoßen Georg Schneider (links) und Wirt Ottmar Mutzenbach an.

(Foto: Stephan Rumpf)

Überhaupt gibt man sich sehr vielseitig, hier am "längsten Stammtisch der Stadt" (Georg VI.). Zum 100. Geburtstag, so kann sich der 57-jährige Schneider noch dunkel erinnern, "gab es in Kelheim nur Freibier und Blasmusik, das aber reichlich". Nun ist das aber anders: Die Musik kommt von den Diatonics, der neuen Gruppe von Otto Göttler (ehemals Bairisch-Diatonischer Jodelwahnsinn), nach dem Hauptgang des Festessens huschen Akrobaten durch die Wirtsstube.

Und kurz nach acht schaut dann tatsächlich noch Ministerpräsident Markus Söder vorbei, bislang noch nicht so sehr als Münchner Wirtshaushocker und Stammtischbruder bekannt. Aber er kommt ja auch zum Gratulieren. So etwas macht er neuerdings recht launig und aus dem Stegreif, fast in der Art eines Stand-up-Comedian. "Jeder verbindet Bayern mit Bier", erzählt er, und so sei es ihm ein Leichtes gewesen, beim Gipfel in Elmau die allererste Frage von Boris Johnson nach dem Verlassen des Fliegers zu beantworten. Sie hatte gelautet: "Was gibt es hier zu trinken?"

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