Was wohl Ludwina Saffer sagen würde, könnte sie vom Himmel herunterblicken auf das bunt illuminierte Teatro-Zelt draußen in Riem? Drinnen zelebrieren ihre Nachfahrinnen und Nachfahren mit fach- und feierkundigen Gästen bei einem Gala-Abend mit reichlich Jubiläumswein (Rot, Kalterer See Auslese 2023 vom Weingut Peter Soelva) und leicht geräuchertem Alpensalm das, was sie einst geschaffen hat. Vor hundert Jahren gründete Ludwina Saffer die Münchner Weinhandlung Saffer, einst stadtweit bekannt durch ihren dreistöckigen Weinkeller in Giesing. Sie ist die Urgroßmutter des jetzigen Firmeninhabers Andreas Saffer, der bei der Geburtstagsfeier an sie erinnerte: „Wir sind froh, dass sie diesen beschwerlichen Weg auf sich genommen hat.“
Denn vor etwa 110 Jahren begann die Zukunft seines Unternehmens jenseits der Alpen, in Italien. Am Gardasee verliebten sich damals der aus der Hallertau stammende Johannes Saffer und Ludwina Bertoldi, Tochter eines Weinbauers vom Kalterer See, und übernahmen ein Hotel in Arco. Als ihr Ehemann sehr früh starb, 1923, übersiedelte sie alleinstehend mit drei Kindern nach München und eröffnete 1924 eine Wirtschaft in Giesing, wo sie eigenen Wein abfüllte und verkaufte. „Es wird zurzeit viel über Migration gesprochen. Meine Urgroßmutter war Migrantin, sie wurde keineswegs herzlich in München willkommen geheißen“, so Andreas Saffer.
Umso herzlicher ging es nun an den festlich mit Kandelabern geschmückten Tischen zu. Im Teatro-Eventzelt mit Artisten, Musikshow und Vier-Gänge-Menü hat inzwischen Gastronom Michael Käfer die kulinarische Regie übernommen - nach Insolvenz und folgendem Gefängnisaufenthalt des Gründers Alfons Schuhbeck. Sämtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Weinhandlung Saffer, die längst aus dem Giesinger Weinkeller in eine stattliche Firmenzentrale am Münchner Moosfeld umgezogen sind, gratulierten sich und ihren Gästen: Winzerinnen und Winzern aus Italien, Frankreich, Portugal sowie Freunden von Ibiza bis Planegg, Politikern, Münchner Gastronomen und natürlich den Statthaltern des gehobenen Einzelhandels, in deren Filialen sich die Saffer-Weinregale befinden.
Auch die Familie versammelte sich um den Firmenchef beim Gala-Diner. Etwa Ehefrau Claudia Saffer, die in München die Salonkultur pflegt – sie ist Mitstreiterin beim bundesweiten Salonfestival; in kleinen Kreisen werden hier gesellschaftspolitische und kulturelle Themen diskutiert. Auch die drei Töchter stießen mit an, die älteste, Greta Saffer, hat sich samt Studium und Winzer-Fachwissen bereits für die Firmennachfolge aufgestellt. Nach Ludwina Saffer ist also die fünfte Generation in der Weinhandlung gesichert.