Süddeutsche Zeitung

Zweite S-Bahn-Stammstrecke:Zwei Viertel rücken zusammen

Die Umplanung der zweiten S-Bahn-Stammstrecke hat die Anwohner besänftigt - doch nun entstehen ein Tunnel und eine Brücke zwischen Haidhausen und Berg am Laim. Aber es gibt neue Problemstellen.

Von Ulrike Steinbacher

Unter Gleis 8 ist Schluss. Bisher. Wer auf die andere Seite des Ostbahnhofs will, muss die Treppe hoch und die 100 Meter nach Norden zur Hauptunterführung laufen. Doch wenn alles fertig ist - im Jahr 2028, prognostiziert die Bahn -, dann wird dieser Sackgassen-Tunnel verlängert sein und direkt vom Orleansplatz zum neuen Bahnhof der zweiten S-Bahn-Stammstrecke an der Friedenstraße führen. Von dort ist es ein Katzensprung die Grafinger Straße entlang zu den Clubs im Werksviertel und zum geplanten Konzertsaal des BR-Symphonieorchesters. Außerdem verbindet künftig eineinhalb Kilometer weiter stadtauswärts eine zusätzliche Brücke die Stadtteile Haidhausen und Berg am Laim über den breiten Schienenstrang hinweg: Mit diesem Fußgänger- und Radfahrer-Steg erschließt die Deutsche Bahn (DB) den neuen S-Bahnhof Leuchtenbergring. Er bekommt drei Bahnsteige mit je zwei Gleisen, die über Brückenabgänge und Aufzüge erreichbar sein sollen.

Darüber informierte die DB Netz AG am Montagabend Anwohner. Die Online-Veranstaltung war Teil der Öffentlichkeitsbeteiligung im Planfeststellungsverfahren für den Streckenabschnitt zwischen Isar und Leuchtenbergring. Denn während in Laim, am Westende der elf Kilometer langen zweiten Stammstrecke, und am Marienhof längst gebaut wird, steht im Osten noch immer eine Genehmigung aus. Das liegt daran, dass die Bahn 2019 dort praktisch von vorn angefangen hat.

In die Planung integriert wurde seinerzeit ein dritter Tunnel, der als Fluchtweg dient, zudem verlegte die Bahn die Röhren von den Altbauten des Franzosenviertels Richtung Rosenheimer Straße. Beides zusammen macht den besonders umstrittenen Rettungsstollen an der Milchstraße überflüssig. Außerdem lässt sich nun die Station Ostbahnhof an der Friedenstraße errichten, wo eine Bautiefe von 15 Metern genügt. Auf der anderen Seite, am Orleansplatz, dem ursprünglich geplanten Standort, hätte man 35 Meter tief graben müssen.

Die Bahn versichert: Die Häuser bleiben unversehrt

Die Umplanung hat die Gemüter in Haidhausen merklich beruhigt, auch die Fragen aus der Runde der gut 70 Teilnehmer am Montag waren vom Wunsch nach Information geprägt, nicht von Aggression oder Ablehnung. Dazu trug bei, dass Jörg Mader von der DB-Anwohnerkommunikation und Projektleiter Jörg-Rainer Müller die Gefahr verneinten, es könnte bei den Bauarbeiten in rund 40 Metern Tiefe zu Schäden an den Häusern kommen. "Man wird durch die tiefe Lage des Tunnels davon nichts spüren", sagte Müller. Ohnehin sei die Tunnelvortriebsmaschine sehr erschütterungsarm.

Dass man am Ostbahnhof auf die "spanische Lösung" wie am Marienplatz verzichtet, also das getrennte Ein- und Aussteigen aus den Zügen mit zwei Außenbahnsteigen, begründete der Projektleiter mit den Fahrgastzahlen und der Lage. Die Trennung sei technisch nicht nötig, daher werde ein Mittelbahnsteig gebaut.

Natürlich gibt es aber auch an der neuen Trasse Problemstellen: die beliebten Maximiliansanlagen etwa, wo südlich des Maximilianeums ein Rettungsschacht geplant ist. Neun markante Bäume müssen dafür fallen. Sie werden ersetzt, ebenso wie die Baumreihe an der Orleansstraße, versicherte Johanna Siess. Nicht beantworten konnte die Bahn-Projektleiterin Umwelt die Frage, was aus den dortigen Sportanlagen wird.

Probleme gibt's auch mit der Tram: Die Linie 21 von Berg am Laim zum Stachus wird wegen der Tunnelbauarbeiten für 23 Wochen gesperrt. Denn wo die S-Bahn-Röhre die Berg-am-Laim-Straße unterquert, wird in offener Deckelbauweise gearbeitet. "Keine optimale Lösung", räumt Müller ein. Vielleicht lasse sich die Sperrzeit mit einer temporären Gleisverschwingung verkürzen, man sei noch am Prüfen. Und auch die S-Bahn wird an so manchem Wochenende nicht fahren, wenn die Bauarbeiten begonnen haben: Bevor die Unterführung zur Friedenstraße bei laufendem Betrieb gegraben wird, müssen Hilfsbrücken über die Gleise eingebaut werden.

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