S-Bahn:Hochbetrieb in der Tiefe

S-Bahn: An allen August-Wochenenden wird die Stammstrecke für Sanierungsarbeiten gesperrt.

An allen August-Wochenenden wird die Stammstrecke für Sanierungsarbeiten gesperrt.

(Foto: Sebastian Gabriel)

Für 54 Stunden wurde die Stammstrecke am Wochenende für Bauarbeiten gesperrt: 180 Arbeiter schlagen Fliesen von den Säulen oder beseitigen akribisch gefährliche Stolperfallen. Eine Baustellenbesichtigung.

Von Andreas Schubert

Es ist staubig, es ist laut - und man kann sich kaum vorstellen, dass am nächsten Tag hier wieder Züge halten sollen. Baustellenbesichtigung am Hauptbahnhof: Die S-Bahnstation wird, wie auch die anderen Tunnelstationen auf der Stammstrecke, auf Vordermann gebracht. 180 Bauarbeiter sind während der 54 Stunden dauernden Vollsperrung zwischen Donnersbergerbrücke und Ostbahnhof im Einsatz. Und am Sonntagvormittag sieht es im Tiefgeschoss des Hauptbahnhofs aus wie in einem Rohbau.

Die Fliesen an den Säulen des Mittelbahnsteigs sind verschwunden. Hier soll eine neue rote Emaille-Verkleidung angebracht werden. Doch bis alle Stationen komplett fertig sind, werden noch etwa zwei Jahre vergehen. Denn die Sanierung der 47 Jahre alten Stationen ist aufwendig. Und vieles davon dürfte den Fahrgästen gar nicht erst groß auffallen.

S-Bahn: Kaputte Bodenplatten können zu gefährlichen Stolperfallen werden.

Kaputte Bodenplatten können zu gefährlichen Stolperfallen werden.

(Foto: Sebastian Gabriel)

Zum Beispiel die Bodenplatten, die gerade ausgetauscht werden, sind nicht unbedingt etwas, was Passagiere in der Regel genauer anschauen. Doch eine kaputte Platte kann zur Stolperfalle werden. Deshalb fräsen die Arbeiter einzelne beschädigte Teile heraus und ersetzen sie durch neue. Das Ganze geschieht mit akribischer Sorgfalt, damit nicht die intakten Platten in Mitleidenschaft gezogen werden.

Dieses Stückwerk ist ziemlich zeitaufwendig. Weil danach der Kleber, mit dem die neuen Platten befestigt werden, langsam aushärten muss, wird auch während der kommenden Woche keine S-Bahn am Hauptbahnhof halten, die in Richtung Pasing unterwegs ist. Passagiere müssen eine Station bis Hackerbrücke weiterfahren und dann einen Zug zurück in die Gegenrichtung nehmen. In der Woche darauf sind die Bodenplatten des gegenüberliegenden Bahnsteigs dran. Dann hält keine S-Bahn, die in Richtung Ostbahnhof unterwegs ist.

Laut Projektleiter Thomas Saffer wird irgendwann der komplette Bodenbelag neu gemacht, allerdings frühestens 2028, wenn die zweite Stammstrecke fertig ist und längere komplette Sperrungen an der alten Stammstrecke möglich werden. Bis dahin werden für die Reparaturarbeiten eben einzelne Bahnsteige gesperrt - nicht nur am Hauptbahnhof. In der Woche vom 19. bis 23. August halten auch am Marienplatz keine Züge Richtung Ostbahnhof. In der folgenden Woche, vom 26. bis 30. August, fahren die Züge Richtung Pasing am Marienplatz durch.

S-Bahn: Bevor der Betrieb wieder losgeht, muss der Bauschutt abtransportiert werden.

Bevor der Betrieb wieder losgeht, muss der Bauschutt abtransportiert werden.

(Foto: Sebastian Gabriel)

Die Bahn hält diesen Aufwand für vertretbar, ebenso, dass die Stammstrecke an allen Wochenenden im August gesperrt ist. Man wolle eben so weit wie möglich mit der Renovierung vorankommen, sagt eine Sprecherin. Und diese Renovierung beinhaltet unter anderem auch ein neues taktiles Leitsystem für Sehbehinderte am Boden, neue Sitzgelegenheiten und neue Deckenbeläge. Von Letzteren erhofft sich die Bahn, dass sie mit Metall beschichtete Ballons von der Oberleitung fernhalten. Denn so ein Ballon kann einen Kurzschluss auslösen und so die Stammstrecke für Stunden lahmlegen - alles schon öfter dagewesen.

Dass die Bahn die Stammstrecke dieses Jahr an sechs Wochenenden sperrt - das nächste Mal vom 18. bis 21. Oktober - kommt nicht bei allen gut an. Die Innenstadtkaufleute zum Beispiel haben sich vorab bereits beschwert, weil sie befürchteten, dass ihnen Kunden wegblieben. Und auch mit dem Schienenersatzverkehr mit Bussen, der naturgemäß langsamer vorankommt, sind nicht alle zufrieden. Dabei hat die Bahn auch bei der Münchner Verkehrsgesellschaft zusätzliche Leistungen eingekauft, etwa dichtere Takte auf der Tramlinie 19 und der U-Bahnlinie 5. Dass Zentrum war also auch ohne S-Bahn einigermaßen erreichbar. Dementsprechend herrschte in der Fußgängerzone am Samstag das übliche Gedränge - und auch am Sonntag war trotz geschlossener Läden wie immer einiges los.

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