Münchner Momente:Hin und her - und weg damit

2020 wird als Pop-up-Jahr im Gedächtnis bleiben.  Vieles kam über Nacht und verschwand ebenso schnell wieder: Radwege, Piazzas, Volksfeste - nur das Virus nicht

Glosse von Julian Hans

Wie wird dieses außergewöhnliche Jahr wohl im kollektiven Gedächtnis der Stadt zurückbleiben? Natürlich als Pop-up-Jahr. Sehr viele Dinge sind 2020 in München unverhofft aufgetaucht, nur um dann genauso überraschend wieder zu verschwinden. Nicht nur Radwege, über die erst Jahre lang kontrovers gestritten wurde, dann waren sie über Nacht plötzlich da, nur um bald darauf wieder zu verschwinden - mit dem Versprechen, im Frühjahr wieder zu kommen.

Oder die Schanigärten: Plötzlich entstanden in der Stadt überall Pop-up-Piazzas, die dann sogar beheizt werden durften, allerdings nur wenige Tage bis zu ihrer Schließung. Manchmal lief es auch umgekehrt: Das Oktoberfest, der größte Pop-up-Zirkus der Welt, verschwand erst, breitete sich dann aber als "Sommer in der Stadt" und "Wirtshaus Wiesn" überall in München aus. Derweil wurden in den heimischen vier Wänden Pop-up-Büros und Pop-up-Klassenzimmer eingerichtet.

Das waren aber nur die sichtbarsten Beispiele. Viel effektvoller waren die immateriellen Pop-up-Phänomene: Da wurde an einem Tag der Alkoholkonsum auf allen öffentlichen Straßen und Plätzen verboten. Und schon am nächsten Tag konnte wieder nach Lust und Laune gezecht werden, weil ein Gericht die Verfügung einkassiert hatte. Pop-up-Regeln zwangen die Gastronomen erst, Restaurants zu schließen, dann durften sie ein bisschen öffnen, reservierten alle Tische, mussten sie dann aber wieder absagen, weil nur halb so viele Gäste daran Platz nehmen durften. Und wer erinnert sich noch an den ersten Lockdown, als keiner eine Maske trug?

Zu verdanken hatten wir das ganze Hin und Her der einzigen Konstanten in diesem Jahr mit Namen Sars-CoV-2. Und auch wenn Abwechslung manchmal gut tut, wünscht man sich doch sehr, dass dieses Pop-up-Jahr ebenfalls genauso schnell wieder verschwinden möge, wie es gekommen ist. Am besten zusammen mit seinem Virus.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: