So muss es sein: dicht, wagemutig und mit der Verheißung, sich oft zu begegnen. Und so ist es auch, das Programm des Doppelfestivals der freien Szene "Freischwimmen meets Rodeo". Das 2021 mit dem Theaterpreis des Bundes ausgezeichnete Theater Hoch X hat für neun Tage eine Bühnenfeier entwickelt, die sich selbstbewusst an den Spielzeitbeginn pflanzt. 15 Produktionen hat das Haus vom 7. bis zum 15. Oktober eingeladen und über verschiedene Veranstaltungsstätten verteilt. Es ist ein Bündel an verschiedenen Positionen und Ideen zur Bühne. Und es ist eine Chance, die freie Szene wieder sichtbarer zu machen nach den vergangenen zwei harten Jahren.
"Die Pandemie hat noch einmal deutlich gemacht, wie prekär die Situation für all diejenigen ist, die in den Freien Darstellenden Künsten arbeiten", schreiben die Festivalleiterinnen Ute Gröbel und Antonia Beermann im wunderbar gelungenen Programmheft. "Wenn sich daran nichts ändert, können wir auch den Traum einer inklusiveren, diverseren Szene vergessen." Das klingt einigermaßen pessimistisch. Trotzdem haben die beiden Leiterinnen des Hoch X beim Festival groß gedacht. Das beginnt schon damit, dass sie im Kreativquartier an der Dachauer Straße ein Festivalzentrum einrichten als Begegnungsort der Künstler und des Publikums. Dazu soll die Lagerinitiative "treibgut" die Halle 6 gestalten, nebenan soll das Studio 1 ein stiller Rückzugsort werden. Die benachbarten Schwere Reiter, Mucca, Pathos Theater und Import Export sind Spielorte. Hinzu kommen noch das Hoch X in der Entenbachstraße, das Einstein Kulturzentrum in der Einsteinstraße und öffentliche Orte.
Verknüpft sind nun die beiden Formate "Freischwimmen" und "Rodeo". Beide finden im Zwei-Jahres-Rhythmus statt. Während "Rodeo" ein Festival der freien Szene München ist, haben sich für "Freischwimmen" acht deutschsprachige freie Bühnen zusammengeschlossen. Sie fördern dezidiert Arbeiten von Nachwuchskünstlern. Was in München nun also zu sehen sein wird, ist eine Innen- und Außenschau.
In die erste Kategorie, zu der die sieben Produktionen für "Rodeo" zählen, gehört beispielsweise der Münchner Kolja Huneck und seine Performance CM_30. Huneck, Jahrgang 1994, hat zwei Jahre lang an seinem 50-minütigen Solo gearbeitet, begann damit schon während des Zirkus-Studiums in Rotterdam. Entstanden ist eine Verbindung aus Licht, Farbe und Jonglage (Mucca, 7. und 8.10.). Eingeladen aus der Münchner Szene ist etwa auch das Tanz- und Performance-Duo Rosalie Wanka und Kassandra Wedel mit "Visual Vibrations". Sie treten damit an verschiedenen öffentlichen Orten auf (7., 9., 10.10.). Ausgangspunkt ihrer Arbeit ist, sich mit Wörtern auseinanderzusetzen, die in der Pandemie medial an Bedeutung gewonnen haben und dabei polarisieren.
Neun "Freischwimmen"-Produktionen sind beim Festival dabei. Unter anderen kommen S. Rudat und das (i)dentityteam ins Hoch X (7. und 8.10.). "Shame you what!?" heißt ihre Performance, die Konzert und Misslingen zusammenspannen zu einem Auftritt unter dem Motto: mutig, aber nicht unbedingt vorteilhaft.
Eingeladen ist auch das querfeministische Performancekollektiv Chicks* mit "Deep Dancing" im Schwere Reiter (7.-9.10.). Ein interaktiver, enger Abend. Da kommt auch das Publikum nicht aus, das zum Paartanz aufgerufen ist, um tänzerisch die alten, patriarchalischen Machtverhältnisse ins Wanken zu bringen. Chicks* setzen also definitiv auf Begegnungen - wie passend bei diesem so ambitionierten Doppel-Treffen der freien Szene.
Freischwimmen meets Rodeo, Fr., 7., bis Sa., 15. Okt., verschiedene Orte, Infos: www.festival.theater-hochx.de