Gärtnerplatzviertel:Stadt kauft Rischart-Gelände zu reduziertem Preis

Gärtnerplatzviertel: Auf dem Rischart-Grundstück an der Buttermelcherstraße 16 sollen bezahlbare Wohnungen entstehen.

Auf dem Rischart-Grundstück an der Buttermelcherstraße 16 sollen bezahlbare Wohnungen entstehen.

(Foto: Robert Haas)

Die Inhaber der Bäckerei akzeptieren das Angebot, das der Stadtrat auf 87 Millionen Euro gesenkt hatte. Nun sollen 100 bezahlbare Wohnungen in Top-Lage entstehen. Die FDP spricht von "Quersubventionierung mit Steuergeld".

Von Sebastian Krass

München bekommt 100 neue städtische und somit bezahlbare Wohnungen in Premiumlage, je 300 Meter von der Isar und dem Gärtnerplatz entfernt: Nach etwa dreimonatigen Verhandlungen hat sich das Kommunalreferat mit dem Unternehmen Rischart darauf geeinigt, das bisherige Bäckerei-Grundstück an der Buttermelcherstraße 16 zu kaufen. Das machte die Stadt am Mittwochnachmittag per Pressemitteilung bekannt. "Im Sinne Münchens", heißt es darin, habe man vereinbart, "den Verkehrswert für das rund 3800 Quadratmeter große Grundstück (...) anzusetzen." Der Kaufpreis beträgt somit 87 Millionen Euro.

Er liegt damit deutlich unter den 100 Millionen Euro, die die Stadt im August zunächst geboten hatte, weil es nach Angaben der Verkäuferseite andere Offerten in diesem Bereich, also 15 Prozent über Marktwert (offizieller Begriff: Verkehrswert), gegeben haben soll. Das Angebot der Stadt stand unter dem Vorbehalt, dass der Stadtrat zustimmt. Vor zwei Wochen dann hatte die Vollversammlung die Summe auf 87 Millionen Euro reduziert. Die grün-rote Koalition wollte Rischart keinen Spekulationsaufschlag zahlen.

Darauf ließ sich das Unternehmen letztlich ein. Die Rischart-Inhaber Gerhard Müller und Magnus Müller-Rischart standen aber auch unter politischem Druck. Denn das Unternehmen errichtet seine neue Zentrale auf der Theresienhöhe auf einem Grundstück, das ihm die Stadt zu günstigen Konditionen verkauft hatte.

"Münchens Mieter*innen verdienen städtische Wohnungen nicht nur in Randlagen und Neubaugebieten, sondern auch im Herzen der Stadt", sagt die Dritte Bürgermeisterin Verena Dietl (SPD) zu dem Ankauf, mit dem man "auch eine lebende Innenstadt mit einer bunten Mischung" erhalten wolle. Das Gärtnerplatzviertel hat sich seit Jahren auf dem privaten Markt zu einer der teuersten Lagen der Stadt entwickelt. Kommunalreferentin Kristina Frank erklärt: "Es freut mich sehr, dass es uns gemeinsam mit viel Verhandlungsgeschick und Fingerspitzengefühl gelungen ist, dass die Stadt das Anwesen zu einem guten und fairen Preis erwerben kann." Die Firma Rischart habe gezeigt, "dass ihre Stadt ihr mehr am Herzen liegt als Gewinnmaximierung".

Hat Rischart ein besseres Angebot ausgeschlagen? Das ist noch unklar

Ob Rischart tatsächlich bessere Angebote sausen ließ, bleibt offen. Auf eine Anfrage dazu kam am Mittwochnachmittag keine Antwort mehr. Gerhard Müller und Magnus Müller-Rischart betonen aber, die Stadt sei ihr "Favorit" unter den Interessenten gewesen. Das Grundstück mit seiner Lage sei wichtig, "um die dort gewachsenen Bevölkerungsstrukturen zu bewahren und Verdrängungsprozesse zu vermeiden".

Das Areal soll nun von 2025 an durch die städtische Wohnungsbaugesellschaft Gewofag neu bebaut werden, sodass - eine normale Bauzeit vorausgesetzt - in etwa fünf Jahren die ersten Mieterinnen und Mieter einziehen können. Die Stadt wird sich auch deshalb um Eile bemühen, weil sie noch Mittel aus dem staatlichen "Kommunalen Wohnungsbauförderungsprogramm" beantragen will, dessen Zukunft ungewiss ist. Im besten Fall könnte ein mittlerer zweistelliger Millionenbetrag an Fördermitteln zusammenkommen, hatte die Verwaltung im September vorhergesagt - was für den städtischen Haushalt von enormer Bedeutung wäre, da die Gesamtbaukosten nach ersten groben Schätzungen knapp 80 Millionen Euro betragen könnten. Auf jeden Fall aber wird die Stadt durchschnittlich deutlich mehr als eine Million Euro für jede Wohnung ausgeben.

In den Stadtratsfraktionen stößt der Kauf am Mittwoch auf geteilte Reaktionen. Sibylle Stöhr von den Grünen freut sich: "Damit wird Grund und Boden in einem attraktiven Innenstadtviertel der Spekulation entzogen." Nun könne die Stadt den Milieuschutz für das ganze Quartier "dauerhaft sichern". Denn die Koalition hatte die Befürchtung, dass durch eine weitere Luxus-Wohnanlage, die bei einem Verkauf an Private entstanden wäre, die Grundlage für die Erhaltungssatzung "Gärtnerplatzviertel" entfallen wäre. Auch Stefan Jagel (Linke) begrüßt den Ankauf und verbindet ihn mit der Forderung, "dass dort Wohnraum für Pflegekräfte, insbesondere mit Familien, entsteht".

Die größte Oppositionsfraktion CSU/Freie Wähler äußert sich zurückhaltend: Es bleibe "bei diesem immer noch sehr hohen Preis eine große Herausforderung, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen und gleichzeitig das Gebot der Wirtschaftlichkeit einzuhalten", sagt Stadträtin Heike Kainz. Das wiederum hält Jörg Hoffmann (FDP) für unmöglich. Er lehnt den Ankauf rundweg ab: "Ob 100 oder 87 Millionen Euro, das macht das Kraut nicht fett", kritisiert er. "Wenn man so teuer kauft und baut und dann für 11,50 Euro pro Quadratmeter vermietet, ist das eine Quersubventionierung mit Steuergeld, mit der man auch in 40 Jahren keine Sanierung bezahlen kann. Das wird ein Dauerzuschussbetrieb."

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