Kreativ in der Krise:Gourmet-Essen am Spieß

Luxus-Döner

"Hallobitteschön Dönerthek" haben Moritz Meyn (links) und Wolfgang Hingerl vom Mural-Team ihr To-Go-Konzept getauft. Für zehn Euro ist der Luxus-Döner zu haben.

(Foto: Gino Dambrowski)

Neue Ideen für den neuen Lockdown: Restaurants haben zwar geschlossen, doch die Münchner Gastonomen haben ihren Gästen trotzdem einiges zu bieten.

Von Laura Kaufmann

Lokale zusperren im November, das heißt für Gastronomen: Tatenlos herumsitzen. Für Moritz Meyn und sein Team zum Beispiel war das keine Option. Meyn betreibt unter anderem die Bar Mural in der Theresienstraße, ein Ableger des gleichnamigen Gourmetrestaurants. Das Restaurant bietet Menüboxen an. In der Bar allerdings, da wollten Meyn und sein Team etwas Witziges, Kreatives bieten; etwas, das sich gut Mitnehmen lässt. Und so kamen sie auf den Döner. Natürlich gibt es gute Döner in der Stadt. Aber einen Gourmet-Döner, den gibt es noch nicht. Und schon waren sie gut beschäftigt, "allein den Fleischspieß hinzubekommen, ist gar nicht so leicht", sagt Meyn.

Täglich steckt ihn das Küchenteam von Hand, mit hochwertigem Lamm und Kalb. Das Brot backt ihnen Julius Brantner, der dank eines türkischen Chefs in der Lehrzeit die Geheimnisse eines guten Fladenbrotes kennt. Im Döner landet fermentierter schwarzer Knoblauch aus alten Sorten, Kimchi, Kresse, Paprika Chili und Filderkraut, eine Weißkohlsorte. In der vegetarischen Variante steckt getrüffeltes Sellerie-Schawarma nach einem Rezept aus dem Noma, wo ein Mitglied des Küchenteams früher gearbeitet hat. Der Döner wird schließlich mit dem gleichen Anspruch an Essen produziert wie normalerweise die Speisen der Bar.

"Hallobittseschön Dönerthek" ist das To-Go-Konzept getauft worden, für zehn Euro ist ein Luxus-Döner zu haben. Angelaufen ist das sehr gut, "am ersten Samstag waren wir ausverkauft" sagt Moritz Meyn. Streetfood kommt an in der Krise. Das hat auch schon Sternekoch Tohru Nakamura erkannt und verkauft statt mehrgängigen Menüs während des Lockdowns japanisch inspirierte Goutmetburger.

Natürlich ist nun aber nicht die gesamte Münchner Gesellschaft gezwungen, in der Novemberkälte zitternd Moncler-Jacken und Louis-Vuitton-Täschchen mit Sauce volltropfen, weil die besten Restaurants der Stadt den Dienst verweigern und schnödes Streetfood verkaufen. Auch im November-Lockdown lässt sich ein Sterne- oder sternewürdiges Menü nach Hause bestellen oder zumindest abholen. Bestellt man im Esszimmer in der BMW-Welt, wird die Box mit etwas Glück gar von einem Zwei-Sterne-Koch geliefert, Bobby Bräuer nämlich. Fertig zubereiten und anrichten muss der Bestellende sein Menü trotzdem selbst, das ist aber schnell passiert. Für 90 Euro pro Person gibt es Lachs aus dem Smoker, Kastaniensuppe mit schwarzem Trüffel, geschmorte Kalbsbäckchen und eine Carameltarte mit Tahiti-Vanille.

Beef Tatar und Ochsenbacke zum Mitnehmen

Auch mit geschlossenen Restaurants muss der besondere Abend nicht ohne Gourmetdinner bleiben: Das Hotel Palace setzt auf Themen-Boxen, die dort für je 26 Euro abgeholt werden können, East Side, West Side, Classic mit Beef Tartar und Fleischpflanzerl oder die vegane Variante, Suppen und Desserts sind dazu buchbar. Ganz vegetarisch kommt die Menü-Box des Tian mit drei Gängen für zwei Personen à 99 Euro aus, viel Fisch bietet die im Schlachthof abholbare Box des Atlantik Fisch. Die Menü-Boxen für zwei mit allem von Ceviche über Fischsuppe und Hummer - Austern sind extra dazu bestellbar - kosten zwischen 155 und 195 Euro. Reichlich Fleisch liefert das Restaurant La Bohème mit einem Sharing-Menü für zwei Personen, Beef Tatar, Roastbeef und Ziegencamembert vorweg, ein 450-Gramm-Chateaubriand-Rinderfilet zum Teilen sowie als Dessert ein Schokoladenküchlein und Tarte Tatin für 99 Euro, dazu ein Wein nach Wahl. Menüs nach Baukastenprinzip liefert das Ausbildungsrestaurant Roeckl, von afghanischer Linsensuppe und gebeizter Buttermakrele über geschmorten Seitan mit Kürbisgulasch und Ochsenbacke mit Kartoffelpüree bis Topfenknödel mit Rumzwetschgen und Schokoladen-Orangen-Tarte. Drei Gänge sind pro Person für 24,50 Euro zu haben. Ein Thanksgiving-Dinner in drei Gängen zum Preis von 49 Euro für zwei Personen liefert bald das Conti. lka

Aber natürlich sind auch die kleinen, inhabergeführten Restaurants kreativ in der Krise. "Hauptsache in Bewegung bleiben", sagt Fiston Bentaleb. Er betreibt das Benko Restaurant in der Nordendstraße und unweit davon ein gleichnamiges Café. Bentaleb hat sonst mal dies, mal das auf der Karte. Eine ganze Dorade zum Beispiel oder Trüffelpasta, Gerichte, auf die der Koch gerade Lust hat. Die Atmosphäre ist familiär, locker und unkompliziert, Bentaleb behandelt alle Gäste wie gute Freunde. Die Atmosphäre kann er zwar nicht in Kisten packen. Aber immerhin die Gerichte. Das hat er im ersten Lockdown schon gemacht, diesmal wollten sie darüber hinaus noch mehr Service bieten. "Für die Leute, die auch ein bisschen kochen können", sagt Bentaleb und grinst. Frische Pasta zum Mitnehmen machen sie jetzt täglich im Restaurant. Gnocchi, Ravioli, ein Pesto dazu gibt es bei Bedarf natürlich auch. Zuhause in den Topf geworfen, fertig ist das selbst gekochte Mahl in Restaurantqualität.

Philipp Jüngling bietet etwas Ähnliches, auf japanisch. "Wenn ich liefere, will ich das auch in guter Qualität tun. Udonnudeln bleiben auch nach einiger Zeit in der Suppe noch bissfest, aber Ramennudeln sind schnell ein Kloß." Die Ramensuppe lässt sich im Onlineshop des hippen Izakaya-Lokals Usagi zum selbst Zusammenbauen bestellen: Abgepackte frische Nudeln, wahlweise Tofu oder Schweinebauch, Algen, Ei. Andere Gerichte kommen fertig geliefert. "Mein Restaurantleiter fährt jetzt eben mit dem Fahrrad aus", sagt der Chef. Die Aufgaben sind momentan andere, aber zusperren kam für ihn nicht in Frage. "Es ist bitter genug. Ich muss so oder so Mitarbeiter auf Kurzarbeit setzen. Aber ich will auf keinen Fall das Licht im Laden auslassen. Zur Not würde ich mich alleine reinstellen, Musik laufen lassen und dabei kochen."

Auch Stephan Meier kennt den Horror vor dem verwaisten Lokal. "Ich fand das im Frühjahr schrecklich, durch das leere Caféhaus zu laufen." Als eine Verkaufsleiterin mit dem Vorschlag kam, aus dem Café Luitpold einen Christkindlmarkt zu machen, war er sofort angetan. Nun spielt Weihnachtsmusik in dem prachtvollen Altbau, die Tische sind beiseite geräumt und dienen als Verkaufstheke für Adventskalender, Plätzchen oder Weihnachtsschmuck. Ein Hingucker ist der 3D-Schokoladendrucker, der ein Tafeldesign nach Wunsch ausspuckt. Natürlich gibt es Glühwein zum Mitnehmen, mittags auch Bratwurst in der Briochesemmel und einen Veggiespieß. Mit Weihnachtsstimmung gegen die Novembertristesse, der Plan geht für das Café Luitpold auf. Jetzt hofft Stephan Meier weiter. Darauf, dass er im Dezember vielleicht ein paar Weihnachtsfeiernde zu Gast haben darf.

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