Gastronomie:Das Mittelalter ist beendet

Gastronomie: Nach 38 Jahren geschlossen: In der Welser Kuche ging es rustikal zu, Gäste speisten dort mit den Fingern.

Nach 38 Jahren geschlossen: In der Welser Kuche ging es rustikal zu, Gäste speisten dort mit den Fingern.

(Foto: Moses Omeogo)

Am Odeonsplatz schließt die Welser Kuche - nicht als einzige

Von Franz Kotteder

Gastronomisch gesehen tut sich rund um den Odeonsplatz einiges. Die Pfälzer Weinstube in der Residenz ist nach beinahe zweieinhalb Jahren Umbau- und Renovierungszeit wieder in ihre angestammten Räumlichkeiten eingezogen. Ein anderes Traditionslokal aber hat still und leise Anfang Oktober den Betrieb eingestellt: die Welser Kuche im Keller unter der Feldherrnhalle. Und mit dem Café Arzmiller im Theatinerhof neben der Theatinerkirche schließt an Silvester eines der letzten traditionellen Kaffeehäuser in der Altstadt - wegen der Sanierung des Gebäudes, die voraussichtlich zwei bis drei Jahre dauern wird. Danach kann es dort wieder einziehen.

Schlimm hat es vor allem die 13 angestellten und viele weitere freie Mitarbeiter der Welser Kuche getroffen. Das Lokal in den Kellergewölben des Preysing-Palais war seit 1981 als Mittelaltergaststätte bekannt. Dabei handelt es sich um eine frühe Form der Eventgastronomie; man speiste dort angeblich wie im Mittelalter mit den Fingern, vorneweg gab es Met aus einem Kuhhorn zu trinken, sonst Bier und Wein, und bei den Hauptgerichten wechselte man saisonal zwischen Hirsch, Spanferkel, Kalbshaxe, Gans und Hochrippe. Für Vegetarier gab's Getreidebrei und Gemüse, schließlich war das die Hauptnahrung im Mittelalter. Dazu traten Spielleute und Sängerinnen auf, bedient wurde man von Mägden und Knechten, und wer sich ungebührlich aufführte, kam in die Schandgeige. Den Abend beschloss dann ein Nachtwächter, der die Gäste mit wohl gesetzten Worten nach Hause ins Bett schickte.

So etwas funktionierte 38 Jahre lang sehr gut und war besonders für Firmenfeiern und bei kleineren Gruppen sehr beliebt. Insofern war es eigentlich erstaunlich, dass die Welser Kuche ausgerechnet jetzt schließen musste: Schließlich entscheidet in der Gastronomie das Weihnachtsgeschäft oft über den Erfolg des ganzen Geschäftsjahrs. Der Hintergrund ist aber: Die Welser Kuche gehörte zur Firma Creativ-Catering Stransky und Treutler aus Königsbrunn bei Augsburg. Der Caterer mit 65 Mitarbeitern musste jedoch im August Insolvenz beantragen, nachdem er wichtige Aufträge für die VIP-Etage im Augsburger Fußballstadion und der Stadthalle Gersthofen bei Neuausschreibungen verloren hatte. "Wir waren auf der Suche nach Investoren, die Creativ Catering übernommen hätten", sagt Rechtsanwalt Michael Bauer vom zuständigen Insolvenzverwalter Dr. Beck & Partner, "im Fall der Welser Kuche hätte das beinahe geklappt."

Letztlich scheiterte die Übernahme dann aber an der Bayerischen Schlösser- und Seenverwaltung, der mögliche Investor, der die Welser Kuche nahtlos weitergeführt hätte, konnte sich mit der staatlichen Verwaltung nicht über einen neuen Pachtvertrag einigen. Die Schlösserverwaltung habe argumentiert, man wolle wegen einer anstehenden Sanierung der Feldherrnhalle keinen langfristigen Pachtvertrag abschließen. Die Schlösserverwaltung bestätigt das auf Anfrage, die Vorarbeiten zur Sanierung seien bereits angelaufen.

Da sieht es für das Café Arzmiller im Theatinerhof jedenfalls besser aus. Der Gebäudetrakt, in dem es seit mehr als 70 Jahren untergebracht ist, muss saniert werden; das wird voraussichtlich mehrere Jahre dauern. Der Eigentümer, die staatliche Gesellschaft Immobilien Freistaat Bayern, hat aber Bereitschaft gezeigt, den Mietvertrag mit dem Café danach weiterzuführen. Betreiber Oskar Arzmiller sagt: "Die Konditionen, die uns angeboten wurden, sind in Ordnung, damit können wir weitermachen, wenn das Haus saniert ist." Und von Neujahr an müssen die Stammkunden halt die nächsten Jahre in die Harlachinger Filiale ausweichen.

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