Gehen wir zuerst zu den Toiletten. Ungewöhnlich für eine Kostprobe? In "Siggis vegan & fresh food" nicht. Auf dem Weg dahin passiert man entspannt blickende Lämmer und Kühe in Bilderrahmen, daneben Patenschaftsurkunden für Tiere auf dem Erdlingshof, dem Pensionsquartier für Stalltiere. Das Toilettenpapier drinnen ist Recyclingware, der Verkauf kommt sozialen Projekten zugute. Oben an der Wand wird unter anderem Rilkes "Panther" zitiert: "Sein Blick ist vom Vorübergehen der Stäbe so müde geworden, dass er nichts mehr hält. Ihm ist, als ob es tausend Stäbe gäbe und hinter tausend Stäben keine Welt." Verstanden, ihr nehmt es also mit dem Tierwohl verdammt ernst.
Kein Mensch betreibt ein veganes Restaurant einfach so. Kaum ein Mensch isst dort, weil halt grad ein Platz frei ist. Es geht um Geschmack, aber mindestens genauso um Überzeugungen, und so ist es auch bei Siggis.
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Namensgeberin ist Sigrid Lutz, die nach 20 Jahren im Marketing und Vertrieb inklusive Burnout über das Leben als solches und das von Nutztieren insbesondere nachdachte. Sie wurde Veganerin, holte Mann Werner Högel und Sohn Florian mit an Bord - und eröffnete das Siggis. 2017 erst in der Westenrieder Straße, um dann vor zwei Jahren in die Buttermelcherstraße mit mehr Platz zu wechseln.
München ist nicht arm an veganen Restaurants, jeder und jede findet da etwas für sich. Emmi's Kitchen schräg gegenüber mutet mit veganen Bowls, Pancakes und Porridge kosmopolitisch an, Chay in Neuhausen bietet wie Soy in der Theresienstraße vegane vietnamesische Küche, und dann gibt es die Restaurants, die das Thema deftig und traditionell angehen. Da ist Bodhi im Westend - und eben Siggis. Mit Schnitzeln, Pilzgerichten und Burgern. Eine eigentlich fleischbestimmte Küche - nur ohne Fleisch.
Natürlich gibt es immer die, die sagen, dass vegane Küche eine arme Küche ist, wenn sie Fleisch imitiert. Aber es ist auch so, dass es für Menschen der Geschmack einer geraumen Zeit ihres Lebens war, bevor sie sich entschieden haben, Tiere zu schonen. Oder gesünder zu essen.
Für die sind bei den Vorspeisen die Datteln im Tempehmantel mit Walnusskern (6,90 Euro) eine gute Option, die müssen das Original mit dem Speckmantel nicht scheuen. Die Falafel mit Tahini-Soße (6,90) sind außen sesamknusprig, innen schön saftig, nicht zu trocken, wie das bei den Bällchen oft der Fall ist. Die Süßkartoffelsuppe mit Kürbiskernöl (6,90) hatten wir bei unseren beiden Besuchen, einmal schmeckte sie perfekt gewürzt, mit einer leicht zitronigen Note, das andere Mal war für uns eine Spur zu viel Ingwer drin.
Zur Hauptspeise gab es Pasta Ragout (13,40) Spaghetti Bolognese mit Cashew Parmesan. Tatsächlich ist es so, dass vegane Bolognese wirklich gut schmecken kann und es auch hier vorzüglich tut. Gut gewürzt und schön tomatig und auch mit Biss. Die Schlutzkrapfen mit Spinatfüllung (14,90) waren solide mit sehr viel Knoblauch in der Butter, aber auch das hat ja Fans.
Bei unserem zweiten Besuch wählten wir den doppelten Beyond-Burger (14,90), der mit dem Pattie aus Kalifornien, der in jedem veganen Restaurant auf der Karte steht und auch hier keinen Anlass zum Tadel gibt, er schmeckt einfach saugut, wenn man das hier so sagen darf. Ein bisschen mehr Füllung als den Ersatzkäse, ein Stückchen Gurke, drei Blättchen Salat und Soße hätte wir uns aber schon gewünscht.
Sehr gespannt waren wir auf das Anti-Jägerschnitzel, ein paniertes Soja-Schnitzel mit Pilzsoße (15,90), allein schon des Namens wegen. Das pure Schnitzel war in fein gewürzter Panade gebraten, wurde aber Opfer der zu stark gewürzten Pilzsoße. Soja braucht geschmacklich immer ein wenig Nachhilfe, schon klar, aber das war mit der Panade und seinen Röstaromen eigentlich gut erledigt. Die Kroketten dazu waren knusprig außen, fluffig innen und ein Gedicht.
Wir haben an Tischen aus recyceltem Holz gesessen, in dem großen klaren Raum mit dem warmem Licht, den Wänden aus getünchter Mauer und Eisenelementen an der Decke. Der Service ist aufmerksam und freundlich bis zum Schluss, da wählten wir als Dessert Dunkle Schokomousse mit Pfirsichpüree (7,40) und Weiße Schokomousse mit Beerengrütze (7,90). Die dunkle Version hat uns sehr überzeugt, sie schmeckte intensiv schokoladig, die helle Version lebte vor allem von der Beerengrütze.
Wir haben Tegernseer Hell (0,5/4,30) aus dem Steinkrug und köstliche Gurken-Basilikum-Limo (0,3/4,40) gegen den Durst getrunken und sind dann zu Cocktails übergegangen, das Siggis hat auch einen feinen Barbereich. Wir hätten auch veganen Champagner nehmen können von Legret & Fils aus Talus-Saint-Prix (0,375/41) oder den Zweigelt von Weiss (0,2/8,40) oder den Riesling von Kuntz (0,2/7,40). Alles für den guten Zweck, sozusagen. Einen Teil des Gesamtumsatz gibt Siggis nämlich an die gemeinnützige Organisation "Click A Tree" weiter. Die pflanzt damit Bäume in Kenias Masai Mara, in Thailands Norden und Indiens Osten.
Siggis Vegan & Fresh Food , Adresse: Buttermelcherstraße 17, 80469 München, Telefon: 089/24292033, Öffnungszeiten: Dienstag bis Freitag 17 bis 23 Uhr, Samstag, Sonn- und Feiertag 10 bis 23 Uhr