Schwanthaler:Die Bavaria wäre stolz auf diese Wirtschaft

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Wirtin Katharina Janas hat sich mit ihrem Wirtshaus Schwanthaler einen Traum erfüllt. Gut für sie und für ihre Gäste. (Foto: Stephan Rumpf)

Das neue "Schwanthaler" im Westend ist mit seiner mehr als soliden Küche das Parade-Exemplar einer bayerischen Gaststätte.

Von Marcelinus Sturm

Ganz schön gewagt, im Westend gerade jetzt ein bayerisches Wirtshaus aufzumachen! Die Gastronomie blüht dort zwar gerade, aber der Trend geht doch mehr in Richtung Berlin-Mitte-Bars oder Cafés in ehemaligen Kurzwarenläden, in denen man dann im Schaufenster hockt und seine Latte macchiato trinkt. Insofern hat sich Katharina Janas ganz schön was getraut, als sie vor gut einem Jahr im alten Arbeiterviertel das Schwanthaler Wirtshaus eröffnete, eine längst fällige Reminiszenz an den Schöpfer der Bavaria, dem Monumentalstandbild am südwestlichen Ende des Viertels. Ein hübsches Gemälde an der Stirnwand des Wirtshauses zeigt sie zu einer Zeit, als die Theresienwiese tatsächlich noch eine Wiese war. Gemalt hat es die Wirtin selbst, nach einer alten Fotografie.

Überhaupt ist das Wirtshaus mit beinahe überbordender Liebe zum Detail eingerichtet, viel rustikales Holz wurde verarbeitet, die Wand mit einer tannengrünen, halbhohen Verkleidung eingefasst. Im Gläserregal hinterm Tresen steht ein Foto von Mama Bavaria, also der Kabarettistin Luise Kinseher, die ja auch im Viertel wohnt. Auf den Tischen finden sich Besteck in Zinnbechern, eine Kerze im Glas, ein kleines Blumengesteck sowie Salz- und Pfeffermühle - womit sie fast schon etwas übermöbliert sind. Auf den Bänken entlang der Wände gibt es Leinen-Kissen mit Lederhosenträgern. Und um das große Lüftungsrohr schlängelt sich eine Girlande aus getrocknetem Hopfen.

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Den frischen Hopfen, logisch, gibt es dann im Glas. Dass es sich hier um Tegernseer Helles (3,60 Euro die Halbe) handelt, das zwar im Trend liegt, aber nicht direkt den Gipfel der Braukunst darstellt, lässt sich verschmerzen. Schließlich hat das Schwanthaler auch noch Weißbier von Hopf (3,70) im Angebot. Und die Weinkarte ist zwar klein, aber einigermaßen oho für ein bayerisches Wirtshaus: der Grüne Veltliner vom Weingut Gerhart Markowitzsch (5,90 für 0,2 Liter) mundete ebenso wie der rote Magdalener aus Südtirol (7,90 für 0,2 Liter).

Den Anfang macht man hierzulande gerne mit einer Suppe. Im Schwanthaler hat man es da mit wahren Klassikern zu tun, wie etwa der hervorragenden, aufgschmalzenen Breznsuppe (5,90), einer echten Wiederentdeckung, die man sonst in Wirtshäusern kaum noch bekommt. Auch sonst herrscht die sehr kräftige Rindsbrühe vor, ob in der Pfannkuchen- (4,90) oder der Speckknödelsuppe (6,90). Der Knödel ist hier - wie bei den anderen Gerichten auch - lobend hervorzuheben. Leicht und locker war er und nicht kanonenkugelhart wie in manch anderen Traditionsgaststätten, wo sich weder Kartoffel- noch Semmelknödel mit dem Löffel zerteilen lassen, ohne dass man Angst haben muss, Suppe und Soße auf dem Tisch oder der Kleidung zu verteilen. Nicht so im Schwanthaler! Auch daran merkt man die Klasse der Küche.

Und der Chefkoch hat natürlich noch mehr zu bieten. Der Schweinsbraten (11,90) mit einer göttlichen Soße, die deshalb wohl kaum auf Tegernseer Hellem basieren dürfte, ist tadellos. Die resche Kruste gehört noch zum Fleisch, kommt also erkennbar nicht aus der Krustenfabrik wie heutzutage leider üblich. Der Krautsalat wird in einer kleinen Emaillereine serviert, ein paar Speckwürfel hätten ihm sicher nicht geschadet, aber das ist eine Petitesse. Das Böfflamott (16,90) war angenehm mürb und zart, die zweierlei Knödel wie bereits beschrieben, das Blaukraut schön sämig. Ähnliches gibt es vom Zwiebelrostbraten (18,90) zu berichten; die Rinderlende war schön kräftig angebraten und innen zartrosa, wie sich das gehört. Wiener Schnitzel vom Kalb (18,90) und Münchner Schnitzel vom Schwein (12,90) hatten beide eine feine Panade, bei letzterem übertrieb es der Koch erfreulicherweise nicht mit der Senf-Meerrettich-Schicht. Bei den Bratkartoffeln hängt er jener Schule an, die es weniger knusprig als weich mag, was bei Gerichten mit Soße seinen Sinn hat, beim klassischen Schnitzel aber nicht notwendig ist.

Schnitzel gibt es übrigens auch für Vegetarier, in Gestalt eines Sellerieschnitzels. Überhaupt ist diese Abteilung der Karte mit wenigen, aber abwechslungsreichen Gerichten bestückt. So gibt es mal Rahmschwammerl, mal Krautfleckerl oder Spinatknödel, alles so im Zehn-Euro-Bereich, und selbst der kleine Beilagensalat (3,70) ist keine Verlegenheitslösung, sondern eine schöne Mischung aus Blattsalaten und Gemüsen mit einer würzigen Soße. Auch die süße Abteilung mit dem nicht zu lockeren Kaiserschmarrn im Eisenpfanderl mit wahlweise Apfelmus oder Zwetschgenröster (9,80), überzeugt. Zur Not geht er durchaus auch als Hauptgericht durch, wohingegen das Weißbiertiramisu (5,50) und die Apfelkücherl (4,50) perfekt als Dessert durchgehen.

So ist der Schwanthaler eigentlich ein Wirtshaus im besten Sinne. Aber eine kritische Anmerkung können wir ihm dann doch nicht ersparen. Sucht man die Toilette auf, so prangen einem auf den handbemalten Klotüren statt "Damen" und "Herren" nicht nur die zumindest orthografisch korrekten "Ratschkathln" entgegen, sondern auch noch "Zipfeglatscher". Die aber schreibt man, ohne auf Bedeutung und Etymologie näher eingehen zu wollen, niemals mit "g", sondern ausschließlich mit "k". Aber wenn das der einzige Fehler bleibt, wollen wir noch einmal ein Auge zudrücken.

Hinweis: In einer früheren Fassung haben wir Michael Stullich als Chefkoch genannt; Stullich hatte diesen Posten bis zum Frühjahr 2019 inne. Seit Sommer 2019 kocht Dieter Lahner dort als Chef.

Adresse: Schwanthalerstraße 135, 80339 München, 089/46133463, Öffnungszeiten: Montag bis Freitag 17 bis 0 Uhr, Samstag 17 bis 1 Uhr, Sonntag 11.30 bis 22 Uhr, wirtshaus.schwanthaler@gmail.com

© SZ vom 12.12.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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