Salon Rouge im Werksviertel:Münchens derzeit spektakulärste Gastro-Adresse

Salon Rouge im Werksviertel: Bis es auf den Tellern was zu sehen gibt, kann man im Salon Rouge sehr gut den Ausblick genießen.

Bis es auf den Tellern was zu sehen gibt, kann man im Salon Rouge sehr gut den Ausblick genießen.

(Foto: Stephan Rumpf)

Sternekoch Tohru Nakamura bezieht mit seinem Salon Rouge vorübergehend Quartier im Werksviertel. Was man dort bekommt? Optische und geschmackliche Perfektion.

Von Franz Kotteder

Das Werksviertel ist anders als andere Ecken der Stadt. Aber dass der Aufzug im Werk 12 den Salon Rouge laut Anzeige nicht anfährt, kommt einem doch merkwürdig vor. Und während man bei 31 Grad im Schatten das Treppenhaus im schmucklosen Parkhausstil hinaufschnauft, denkt man sich schon, dass das eigentlich nicht sein kann, wenn das Menü stolze 225 Euro kostet. Oben stellt sich dann heraus: Ist auch nicht so. Mit etwas mehr Geduld hätte man dann doch mit dem Aufzug fahren können. Also: Immer mit der Ruhe, falls man selbst eines der begehrten Tickets für Münchens momentan spektakulärste Gastro-Adresse ergattert hat. Der Aufzug geht!

Tohru Nakamura, Zwei-Sterne-Koch vom einstigen Werneckhof, hat mit seinem Team wieder ein Ausweichquartier gefunden, das er jetzt als Salon Rouge bespielt. Im Herbst war das einen Monat lang die Burgstraße 5, bis die zweite Pandemiewelle hochschwappte. Nakamura machte dann Burger und Streetfood.

Schließlich kam der Barbetreiber John Angulo und bot ihm sein Penthouse, in dem Events aller Art stattfinden sollen, als Ausweichquartier für den Sommer an. Dort ist er nun, der Salon Rouge, bis die Räume in der Burgstraße renoviert sind. Nakamura scheint ein Händchen zu haben, was Immobilien angeht. Falls man mal eine neue Wohnung sucht - vielleicht weiß er da was?

Richtig ist man bei ihm auf alle Fälle, wenn es ums Speisen in der obersten Liga geht. Gleich beim Eintreten in die rundum vollverglasten Penthouseräume sieht man die offene Küche, wo Tohru Nakamura mit fünf Kolleginnen und Kollegen wirkt, vorbei an einer kleinen Terrasse kommt man in den Gastraum mit einem schönen Ausblick auf die Innenstadt sowie eine der vielen Baustellen im Werksviertel. Die wird den Ausblick bald verbauen, aber sei's drum. Man ist ja nicht zum Schauen da.

Obwohl: das schon auch. Denn Nakamuras Teller sind ja auch Gemälde, fein ziselierte Arrangements der beteiligten Produkte, die einen schon beim ersten Anblick perplex machen. Alle acht Gänge (und drei Amuse-Bouches) sind allein schon optisch mit großer Liebe zum Detail zubereitet. Da tritt der Schweinebauch als winzige Roulade auf oder die Karotte, nur ganz kurz angegrillt, in einer Zwergenausgabe.

Salon Rouge im Werksviertel: Die Penthouseräume sind rundum verglast.

Die Penthouseräume sind rundum verglast.

(Foto: Stephan Rumpf)

Zur optischen Perfektion kommt die des Geschmacks. Nakamura ist ein Meister des fein austarierten Spiels mit Aromen und Geschmacksnuancen. Wo etwa geräuchert wurde, wie bei der Pilzmousseline, scheint das Aroma nur als nobler Anklang durch. Irgendwelche Übertreibungen gibt es bei ihm nicht, dafür immer wieder hübsche, ironische Anspielungen, wenn etwa die Kräuterbutter an einen Weißwurstzipfel erinnert oder das erste Dessert Kindheitserinnerungen an Milchreis und Kamillentee mit Honig weckt: Man fühlt sich sofort, als habe man schulfrei bekommen.

Nakamura hat, wenn nicht alles täuscht, seine Küche trotz dieser Spielfreude weiter konzentriert aufs einzelne Produkt, das auch bei ihm der Star ist, um ein berühmtes Wort von Eckart Witzigmann zu zitieren. Das gilt auch für die vegetarische Variante des Menüs, die dem "normalen" in keiner Weise nachsteht (nur das Lauchherz war ein bisschen fade - der einzige Ausreißer).

Zugleich sind die japanischen Einflüsse noch deutlicher geworden. In keinem Gericht fehlt zumindest eine kleine Komponente davon, selbst im Gang mit dem schönen Titel "Münchner Umland" mit Gemüse aus Johanneskirchen und vom städtischen Gut Obergrashof findet sich Yuzu-Miso. Überhaupt lernt man an so einem Abend ordentlich dazu, denn der wirklich grandiose Service erklärt auf Wunsch jede Kleinigkeit.

Danach weiß man, was Chawanmushi und gebeizter Koji sind: Eierstich auf japanische Art und fermentierte Schimmelpilze. Unschlagbar aber wieder die Vielfalt der Ausdrucksformen in den Saucen, die zu den Gerichten gereicht werden - da merkt man, dass Nakamura diese Königsdisziplin im Königshof bei Martin Fauster gelernt hat.

Keine Frage, dafür hatscht man gerne vier Stockwerke hoch.

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